Wirtschaftskriminalität: Aktuelle Branchenauswertung bestätigt weitere Zunahme

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Korruption und Wirtschaftskriminalität gehen häufig Hand in Hand. Die kriminellen Praktiken haben dabei weltweit ein besorgniserregendes Ausmaß erreicht: Allein in Deutschland verursacht die Korruption volkswirtschaftliche Schäden in der Höhe von 250 Milliarden Euro im Jahr. Würde die Korruption hierzulande auf das Niveau von 2004 zurückgefahren werden, würde der Schaden für die deutsche Volkswirtschaft um 30 Milliarden Euro sinken. In anderen Teilen der Welt geht es dabei ungleich krimineller zu, schließlich liegt Deutschland in dem Korruptionsranking 2011 der NGO Transparency International noch im Mittelfeld der großen Staaten auf Platz 14 – zwar deutlich abgeschlagen hinter den Musterländern aus Skandinavien, aber immerhin noch deutlich vor den USA (Platz 24), dem Mutterland der sich selbst regulierenden freien Marktwirtschaft.

Der Kampf gegen Korruption gewinnt dabei international sukzessive an Bedeutung. 1997 hatten die Mitgliedstaaten der OECD sich gemeinsam auf die Bestrafung der Bestechung ausländischer Amtsträger im internationalen Geschäftsverkehr verständigt – die Umsetzung ist jedoch ungleich schwieriger: Nach Schätzungen der Weltbank belaufen sich die jährlichen Schäden allein der Korruption weltweit auf weit über eine Billionen US Dollar.

Das Beratungsunternehmen Pricewaterhouse Coopers (PwC) hingegen richtet seinen Fokus regelmäßig auf die Wirtschaftskriminalität in Unternehmen und analysiert in regelmäßigen Abständen zusammen mit der Universität Halle-Wittenberg das Ausmaß der Wirtschaftskriminalität in den verschiedenen Branchen der deutschen Wirtschaft:

Branchenauswertung „Wirtschaftskriminalität – Transport- und Logistikbranche“:

Betrug, Unterschlagung, Korruption und andere Delikte schädigen gut die Hälfte (53 Prozent) der Unternehmen aus der Transport- und Logistikbranche. Damit ist die Branche in etwa genauso stark von Wirtschaftskriminalität betroffen wie die deutschen Unternehmen insgesamt. Dabei verursachen wettbewerbswidrige Absprachen die mit Abstand höchsten Schäden: Im Durchschnitt veranschlagten die betroffenen Unternehmen fast vier Millionen Euro, während sich der durchschnittliche Schaden durch alle Delikte in der Transport- und Logistikbranche auf rund eine Million Euro belief. (Zur vollständigen Studie „Wirtschaftskriminalität – Transport und Logistik“)

Branchenauswertung „Wirtschaftskriminalität – Handel und Konsumgüterindustrie“:

Fast drei Viertel der deutschen Händler und Konsumgüterhersteller werden durch Wirtschaftsstraftaten geschädigt. Bei gut jedem zweiten Unternehmen der Branche (56 Prozent) gab es Unterschlagungen durch das eigene Personal, während 26 Prozent von Kunden bestohlen wurden. Allerdings verursachte der Warendiebstahl durch Kunden mit durchschnittlich 850.000 Euro je Unternehmen die höchsten Schäden. Der durchschnittliche Schaden durch alle Delikte beläuft sich in der Branche auf 1,25 Millionen Euro. (Zur Branchenauswertung „Wirtschaftskriminalität – Handel und Konsumgüterindustrie„)

Branchenauswertung „Wirtschaftskriminalität – Banken und andere Finanzdienstleister“:

Der Finanzsektor ist deutschlandweit die am stärksten von Wirtschaftskriminalität betroffene Branche. Dabei verzeichnet die Branchenauswertung von PwC einen deutlichen Anstieg der Wirtschaftskriminalität seit 2009, vor allem Geldwäsche wird häufiger entdeckt. Fast drei Viertel der deutschen Finanzdienstleister sind in den Jahren 2009 bis 2011 von Wirtschaftskriminellen geschädigt worden. Damit ist der Anteil der betroffenen Unternehmen im Vergleich zum Zeitraum 2007/2008 um annähernd zehn Prozentpunkte gestiegen. Wenn neben den eindeutigen Straftaten auch das so genannte Dunkelfeld der konkreten Verdachtsfälle berücksichtigt wird, steigt der Anteil der Geschädigten in der Finanzdienstleistungsbranche sogar auf 86 Prozent.

Die für den Banken- und Finanzdienstleistungssektor typischen Wirtschaftsstraftaten sind dabei in erster Linie Vermögensdelikte (beispielsweise Betrug und Unterschlagung), Geldwäsche und Falschbilanzierung. Von Vermögensdelikten insgesamt waren 53 Prozent der Befragten betroffen gegenüber 58 Prozent in den Jahren 2006/2007. Allerdings wurde ein signifikanter Anstieg bei der Geldwäsche (von 37 Prozent auf 43 Prozent) und bei der Falschbilanzierung (von 10 Prozent auf 18 Prozent) verzeichnet.

Parallel zu der gestiegenen Zahl der Wirtschaftsdelikte in der Finanzbranche ist auch ein Anstieg der finanziellen Schäden festzustellen: Bezifferten die Banken und Finanzdienstleister ihre Schadensbelastung im Jahr 2007 auf durchschnittlich knapp 2,4 Millionen Euro, waren es 2011 über 5,5 Millionen Euro. Besonders hohe direkte Kosten sind mit Vermögensdelikten verbunden. Banken, die von Unterschlagung, Betrug oder ähnlichen Straftaten betroffen waren, berichten über eine Schadenshöhe je Vermögensdelikt von mehr als 6,8 Millionen Euro. Hinzu kommen allerdings noch die nur schwer messbaren indirekten Folgekosten: Die Managementkosten für Geldwäschedelikte beziffern die betroffenen Institute auf durchschnittlich 100.000 Euro, für Vermögensdelikte auf rund 160.000 Euro und für Fälle von Falschbilanzierung auf fast 490.000 Euro. Weiterhin müssen dann auch noch die immateriellen Folgeschäden der Wirtschaftskriminalität addiert werden: Fast 40 Prozent der Unternehmen berichten über einen signifikanten Imageverlust, gut jedes dritte Institut sieht die Beziehungen zu Geschäftspartnern aufgrund der bekannt gewordenen Delikte beeinträchtigt und fast 30 Prozent zudem auch das Verhältnis zu den Behörden. (Zur Branchenauswertung „Wirtschaftskriminalität – Banken und andere Finanzdienstleister“)

Mitarbeiterkriminalität in Unternehmen:

Laut dem Wirtschaftsprüfer KPMG haben in den zurückliegenden Jahren bei rund einem Drittel der mittelständischen Unternehmen Mitarbeiter wertvolle Produkte oder Daten gestohlen. Die gute Nachricht: Mittelständler können sich gegen Mitarbeiterkriminalität wie Betrug, Korruption und Unterschlagung versichern. Rund 10% der Mittelständler machen bereits davon Gebrauch.

Die Risikogruppe der untreuen Mitarbeiter hat KPMG Schweiz gleich mit analysiert: Der typische Wirtschaftskriminelle ist in 87% der Fälle männlich, arbeitet zu 82% in einer führenden Position (meistens im Finanzbereich oder Vertrieb) und ist zu 76% zwischen 36 und 55 Jahre alt. Knapp zwei Drittel sind langjährige Mitarbeiter, mit mindestens fünf Jahren Unternehmenszugehörigkeit. Der typische Wirtschaftskriminelle sei demnach stark karriere- und erfolgsorientiert, entscheidungsfreudig und sozial hervorragend in das Unternehmen integriert. Er – und in selteneren Fällen sie – sei extrovertiert, unbescholten und überdurchschnittlich gebildet. 53% der Täter stammen aus den höheren Hierarchieebenen, also der Geschäftsführung und dem Aufsichtsrat. Sie würden sich zumeist einen zu teuren, luxeriösen und extrovertierten Lebensstil gönnen, der ihre Finanzen überfordert.

Ursache der Zunahme sei eine höhere Transparenz, nicht die Verrohung der Sitten:

Der Chef der österreichischen Ersten Bank, Andreas Treichl, hatte im September 2011 allerdings relativiert, diese Missstände hätten sich nicht erst in den letzten Jahren entwickelt: „Ich glaube nicht, dass wir heute größere Schweine sind als die Kollegen in den Großbetrieben vor 20 oder 30 Jahren.“ Es kämen einfach nur immer mehr Fälle ans Licht, weil Aufsicht und Transparenz zugenommen hätten.

(mb)

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