In jeder Zelle ist das genetische Material sicher im Kern verpackt, der durch eine Doppelmembran geschützt ist. Die Biochemie, die hinter der Veränderung dieser Membran steht, wenn sich Zellen teilen, haben jetzt Wissenschaftler des Cancer Research UK’s London Research Institute entschlüsselt. Damit könnten neue Möglichkeiten zur Behandlung von Krebs und seltener genetisch bedingter Erkrankungen gefunden werden, berichtet der New Scientist.
Mechanismen bisher unbekannt
Während der Zellteilung wird die Membran, die den Kern umgibt, abgebaut und formt sich in zwei neue Zellen um. Die Wissenschaft war sich über die genauen Mechanismen, die hinter diesem Vorgang stehen, bislang nicht einig. Ein Ansatz geht davon aus, dass Proteine allein die Veränderungen der Membran steuern. Eine andere Theorie nimmt an, dass es zu einer entscheidenden Veränderung bei den Lipiden kommt. Bisher ist es selbst mit Experimenten nicht gelungen herauszufinden, welche dieser beiden Vorstellungen die richtige ist. Eine Veränderung der Lipidwerte in bestimmten Bereichen der Zelle war nicht möglich, ohne andere Vorgänge zu beeinflussen.
Das Team um Banafshe Larijani hat es nun geschafft, diese Hürde zu überwinden. Die Wissenschaftler haben ein Verfahren entwickelt, das eine Art von Lipiden, das Diacylglycerol (DAG), in ein anderes Lipid innerhalb der Zellmembran verwandeln kann. Teil des Verfahrens ist es, zwei DNA-Fragmente in den Kern einer Zelle einzubringen. Die Zelle bildet in der Folge zwei Proteine: Das erste bindet sich an die Membran an, das zweite bewegt sich frei in der Zelle. Durch das Hinzufügen des Medikaments Rapalogue verband sich das zweite Protein mit dem ersten. Dadurch wurde in einem nächsten Schritt eine chemische Kaskade ausgelöst, die das DAG in eine andere Art von Lipid verwandelte.
Entscheidend dabei ist, dass die Forscher auf eine Art von DAG abzielten, die sich nicht an Proteine anbindet. Daher hat die Verwandlung in ein anderes Lipid auch keine Auswirkungen auf Vorgänge in der Zelle, an denen Proteine beteiligt sind. Das Team testete die Auswirkungen dieser Lipid-Manipulation auf die Zellteilung an Affen und menschlichen Krebszellen. Je geringer der DAG-Wert in der Kernmembran ist, desto deutlicher ist auch die Wahrscheinlichkeit einer Fehlbildung der Membran und damit eines Zelltodes. Damit ist nachgewiesen, dass Lipide eine Rolle bei der Umformung der Membran des Zellkerns spielen, die nicht von Proteinen abhängig ist.
Neue Krebs-Therapie in Aussicht
Larijani geht davon aus, dass damit eine neue Möglichkeit entstanden ist, Krebszellen durch die Konzentration auf Lipide abzutöten, die für die Entwicklung der Membran des Zellkerns von entscheidender Bedeutung sind. Teilt sich der Kern, bewegen sich Fragmente der Membran, die in ihrer Form an Würste erinnern, frei in der Zelle. Diese Fragmente verfügen über gebogene Enden. Die Wissenschaftlerin betont, dass diese Kurven durch die Veränderung in der Lipid-Zusammensetzung entstehen. Ohne diese Kurven können die Fragmente sich nicht wieder richtig zu neuen Membranen zusammenfügen.
Mehr als einem Dutzend seltener genetisch bedingter Erkrankungen wie das Hutchinson-Gilford-Progerie-Syndrom wurden mit Unregelmäßgkeiten in der Zellteilung in Zusammenhang gebracht. Neues Wissen über die Art und Weise, wie sich die Kernmembrane bei der Zellteilung bilden, könnte auch neue Behandlungsmöglichkeiten für diese Krankheiten bieten. Zusätzlich liefern diese Forschungsergebnisse ein neues Ziel für das Verhindern der unregelmäßigen Zellteilung, die vielen Arten von Krebs zugrunde liegt. Details der Studie wurden im Fachmagazin PLoS ONE veröffentlicht.
Quelle: Michaela Monschein | pressetext.redaktion