Aluminium oder Composites – wer wird Leichtbauwerkstoff Nummer eins?

Leichtbau boomt. Vor allem hochleistungsfähige Verbundwerkstoffe finden zunehmend den Weg in die Serie und sorgen so für enorme Zuwächse der Branche. In einer aktuellen Studie prognostizieren die Marktforscher von Freedonia für die kommenden Jahre zweistellige Wachstumsraten am US-Markt für Composites. Demnach soll das Volumen bis 2016 bei 10,2 Milliarden US-Dollar liegen und damit der Wert aus dem Jahr 2011 verdoppelt werden. Wachstumstreiber in den kommenden Jahren sollen den Experten zufolge vor allem Anwendungen in der zivilen Luftfahrt sein. Die Branche ist der größte Abnehmer für Verbundwerkstoffe in den Vereinigten Staaten.

Mit einem geschätzten Anteil von 84 Prozent im Jahr 2016 nehmen CFK in den USA weiterhin den größten Anteil unter den Composites ein. Für die kommenden Jahre rechnet Freedonia hier mit Wachstumsraten von 16,2 Prozent. Dabei werde die Nachfrage nach CFK vor allem durch den steigenden Bedarf in der Luftfahrt begünstigt. Für GFK prognostizierten die Marktforscher ebenfalls zweistellige Wachstumsraten von 10,7 Prozent. Auch diese Entwicklung wird durch neue Einsatzmöglichkeiten unter anderem in der Luftfahrt begünstigt. Composites auf Basis von Aramid und anderen Verstärkungsmaterialien wird mit durchschnittlichen Wachstumsraten von 7,4 bzw. 4,8% Prozent hingegen nur moderates Wachstum vorhergesagt.

Beste Aussichten also für Anbieter von Composites-Lösungen für die Aerospace-Industrie. Denn was für die USA gilt, gilt auch annähernd für den ebenfalls hochentwickelten Markt in Europa. Hier geht vom 9. bis 11. Oktober in Düsseldorf mit der COMPOSITES EUROPE 2012 die Leistungsschau der Verbundwerkstoff-Branche an den Start, bei der Innovationen für die Luft- und Raumfahrt traditionell einen hohen Stellenwert einnehmen. Flankiert von der parallel stattfindenden Weltmesse ALUMINIUM 2012 entsteht für das Thema Leichtbau eine Technologie-Plattform, die weltweit ihres Gleichen sucht.

Flugzeug-Hersteller fliegen wieder auf Aluminium
Denn bei aller Euphorie um leichte und hochfeste Fasermaterialien – an eine vollständige Substitution des großen Leichtbau-Konkurrenten Aluminium ist nicht zu denken. Die Flugzeug-Hersteller fliegen wieder auf das Leichtmetall. Möglich machen diese Renaissance vor allem günstigere Legierungen. Das zeigt das Geschäft über 1,4 Milliarden US-Dollar, das Airbus und Alcoa kürzlich auf der Luftfahrtmesse in Farnborough abgeschlossen haben. Die mehrjährige Vereinbarung umfasst die Lieferung von Aluminiumplatten und -blechen für eine Vielzahl von Anwendungen, darunter Stäbe, Rohre und Profile für Tragflächen-Verstrebungen und -Außenhaut, Strukturbauteile im Fußboden oder Paneele für den Flugzeugrumpf. Sie sollen bei den Modellen A320, A350 und A380 zum Einsatz kommen.

Zudem liefert der US-Aluminiumproduzent Komponenten aus neu entwickelten Aluminium-Lithium-Legierungen, die leichter und kostengünstiger sind als andere Verbundwerkstoffe. Nach Angaben von Alcoa lässt sich damit der Treibstoffverbrauch um 22 bis 27 Prozent verringern und das Gewicht um fünf bis zehn Prozent reduzieren. Außerdem seien die Materialien weniger wartungsintensiv. Einen Überblick über das Know-how und die Kompetenzen von Alcoa erhalten die Besucher auf der ALUMINIUM 2012, dort präsentiert sich das Unternehmen als Aussteller.

Auch der französische Aluminium-Hersteller Constellium, ebenfalls Aussteller auf der ALUMINIUM 2012, hat von Airbus bzw. der Mutter-Gesellschaft EADS einen Auftrag erhalten. Die Vereinbarung hat einen Wert von 2 Milliarden US-Dollar. Das Unternehmen wird künftig Aluminiumteile für alle Flugzeugtypen des europäischen Herstellers liefern. Das Geschäft umfasst eine Vielzahl von Komponenten, darunter Holme, Verstrebungen und Strukturbauteile für Rumpf und Tragflächen.

Seit dem Jahr 2010 besteht bereits eine Partnerschaft für die Einführung neuer Technologien beim Bau des neuen Großraumflugzeuges Airbus A350 XWB (XWB = Extra Wide Body). Grundlage ist die von Constellium entwickelte Airware-Technologie, die Flugzeugherstellern dabei helfen soll, Gewicht zu reduzieren und die Ökobilanz aufzubessern. „Die drei Produkte I-Gauge, I-Form und I-Core kombinieren High-Preformance-Materialien mit effizienten Fertigungsprozessen zu einer innovativen Technologie“, so Christophe Villemin, President der Global Aerospace Division bei Constellium.

CFK wird fit für die Serienreife
Doch auch die Unternehmen der Composites-Industrie machen ihre Hausaufgaben und sind dabei, Leichtbauanwendungen den Weg in die Großserie zu ebnen. 72 Unternehmen, Bildungs- und Forschungseinrichtungen sowie unterstützende Organisationen aus der Region um München, Augsburg und Ingolstadt haben sich in der Spitzenclusterinitiative MAI Carbon zusammengetan, um die CFKs fit zu machen für die Serienreife. Das Cluster zählt zu den Gewinnern im Spitzencluster-Wettbewerb des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. Es wird mit 40 Millionen Euro vom BMBF gefördert, weitere 40 Millionen Euro stammen von der Industrie.

Ein maßgeblicher Partner im Cluster ist die Fraunhofer-Projektgruppe „Funktionsintegrierter Leichtbau“, die 2009 als Außenstelle des Fraunhofer-Instituts für Chemische Technologie ICT in Augsburg gegründet wurde. Die Wissenschaftler präsentieren ihr Know-how auf der COMPOSITES EUROPE 2012. Für die Luftfahrindustrie hat die Fraunhofer Projektgruppe gemeinsam mit Premium Aerotec und Eurocopter ein vollautomatisches Fertigungsverfahren für große CFK-Bauteile entwickelt. Kern der Technologie ist ein Roboter mit einem Legekopf: Er greift die mit Harz ummantelten Carbonfasern und legt sie auf in einer Form ab, wo sie dann aushärten. Bisher wurde dieser Schritt aufwändig per Hand erledigt – dabei entstand viel Verschnitt.

Das automatisierte Verfahren eignet sich dagegen für Großserien und liefert nach Angaben der Experten gute und gleichbleibende Qualität. Zudem entsteht kein Verschnitt, jeder Millimeter der Fasern wird genutzt. Derzeit arbeitet der Roboter Tag und Nacht im Augsburger Labor. Die hergestellten Bauteile werden bei Airbus geprüft. „Das Verfahren hat gute Chancen, in die Serienfertigung des Verkehrsflugzeugbaus aufgenommen zu werden, die in etwa zwei Jahren startet“, so Prof. Dr.-Ing. Klaus Drechsler, Leiter der Fraunhofer Projektgruppe und Inhaber des Lehrstuhls für Carbon Composites an der TU München. Das Projekt wird vom BMWi im Rahmen von Luftfahrtforschungsprogrammen gefördert, das Volumen umfasst weit über eine Million Euro.

Mit der SGL Group – The Carbon Company – stellt sich auf der COMPOSITES EUROPE 2012 zudem ein Unternehmen vor, dessen Tochter Hitco in Los Angeles mit dem „Manufacturing Technology Achievement Award 2011“ des „The Composites Consortium“ (TCC) ausgezeichnet wurde. Hitco erhielt als Mitglied des Projektteams für automatisierte Carbonfaser-Verarbeitung von autoklav-freien Materialien die Auszeichnung für die Herstellung von Verbundwerkstoff-Bauteilen für die Luft- und Raumfahrt unter Einsatz der neuesten Carbonfaser- und Polymersysteme. Dabei wurden High-Tech-Materialien und Bearbeitungsverfahren genutzt, um Hochleistungsverbundwerkstoffe zu reduzierten Werkzeugkosten herzustellen.

Hitco konnte überdies kürzlich einen Auftrag für Leitwerkskomponenten aus Verbundwerkstoffen für das 777-Programm von Boeing an Land ziehen. Nachdem die Qualifikation der Strukturbauteile nun abgeschlossen wurde, könne nun mit der Serienproduktion begonnen werden, hieß es. Eigenen Angaben zufolge ist das Unternehmen bereits Lieferant von verschiedenen Strukturbauteilen aus Composites für eine Reihe weiterer ziviler und militärischer Flugzeugprogramme des amerikanischen Herstellers.

Über die ALUMINIUM und die COMPOSITES EUROPE 2012
Die ALUMINIUM und die COMPOSITES EUROPE bilden vom 9. – 11. Otober den wichtigsten Leichtbau-Gipfel des Jahres: Auf dem Düsseldorfer Messegelände zeigen beide Messen Schlüsseltechnologien und Anwendungen für die Märkte von Leichtbau-Werkstoffen. Zusammen erwarten beide Veranstaltungen mehr als 1.300 Aussteller aus über 50 Nationen. Die zeitliche Anbindung der COMPOSITES EUROPE an die ALUMINIUM bringt eine Reihe Synergieeffekte, von denen speziell Besucher aus den Bereichen Konstruktion, Design und Entwicklung in den Segmenten Automobilbau, Luft- und Raumfahrt, Bau und Konstruktion, Schiffs- und Bootsbau und Windkraftanlagenbau profitieren.

Quelle: Aluminium-Messe 2012

 

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