Die Energiewende ist ein finanzieller Gewinn und die hohen Strompreise ein Versagen der Politik

Der Strommarkt in Deutschland wurde 1998 liberalisiert. Damit war die Hoffnung auf einen größeren Wettbewerb und damit günstigen Preisen verbunden. Dennoch hat Deutschland mit die höchsten Strompreise in Europa. Aus der Perspektive der „alten Energiewirtschaft“, die ihr Geschäftsmodell verteidigen wollen, ist die Energiewende Schuld an der Teuerung. Unabhängige Meinungen führen dagegen die hohe Konzentration des Strommarkts an, die hohen Abgaben und Steuern auf den Strompreis sowie eine weitgehende Befreiung der stromintensiven Industrie von den Kosten der Energiewende, die somit hauptsächlich von den Privathaushalten und kleinen und mittleren Betrieben alleine gestemmt werden muss.

Oligopol auf dem Strommarkt

Die vier größten Energiekonzerne in Deutschland, Eon, RWE, Vattenfall und EnBW, teilen sich immer noch rund 80 Prozent des deutschen Strommarkts, weshalb oft von einem Oligopol gesprochen wird. Die restlichen 20 Prozent teilen sich regionale Versorger, mittlere und kleinere Stadt- und Gemeinde-Werke, private Lokal-Versorger und Ökostromanbieter. Dabei halten die großen Vier an einer Vielzahl dieser Stadtwerke große Beteiligungen und verfügen auch über eine Reihe von Stromanbietern als Tochterunternehmen. Holger Krawinkel, Energieexperte des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, kam daher in der Frankfurter Rundschau zwölf Jahre nach der Liberalisierung des Strommarkts zu dem Schluss: „Der Wettbewerb auf dem deutschen Stromerzeugungsmarkt ist eine Farce.“ Die Energieriesen würden aufgrund des Politikversagens sogar über mehr Marktmacht verfügen als vor der Liberalisierung.

Beispiel für das Politikversagen: Der größte deutsche Energiekonzern E.ON war im Jahr 2000 aus einer Fusion von VEBA und VIAG entstanden. Im Jahr 2001 erhielt E.ON dann die umstrittene Genehmigung von seinem ehemaligen Top-Manager und zwischenzeitlichen parteilosen Wirtschaftsminister Müller, mit Europas größtem Gasversorger, der Ruhrgas, zu fusionieren. Das Kartellamt hatte sich zwar strikt gegen die Fusion ausgesprochen, da dies wettberbsfeindliche und monopolistische Strukturen schaffen würde, der Wirtschaftsminister setzte sich jedoch im Sinne seines ehemaligen und dann auch wieder nachfolgend erneuten Arbeitsgeber E.ON über das Kartellamt hinweg und genehmigte den Zusammenschluss.

In einem Interview mit AGITANO, dem Wirtschaftsforum für den Mittelstand, hatte Franz Alt 2011 die größten Schwierigkeiten und Herausforderungen für die Energiewende benannt: „Das ist die Macht der alten Energiekonzerne. Geld regiert die Welt. Das muss jeder wissen, der uns zuhört. Das ist das Problem heute. Da wo die Milliarden sitzen und die Milliardengewinne, dort wird auch die Politik am meisten beeinflusst.“

Auf Strom und EEG-Umlage sind 19 Prozent Mehrwertsteuer fällig

Während Katzen- und Hundefutter oder antike Vasen laut den gesetzlichen Vorgaben zu den „Gütern des lebensnotwendigen Bedarfs“ zählen, auf die ein ermäßigter Steuersatz von 7 Prozent anfällt, gelten Strom genauso wie Babywindeln nicht als Güter des lebensnotwendigen Bedarfs, so dass hierauf 19 Prozent MwSt bezahlt werden muss. Trotz der häufigen Kritik seitens der Gegener der Energiewende an den hohen Stromkosten (v.a. aus den Kreisen der regierenden CDU/CSU und FDP) wurde an dieser Einstufung noch nichts geändert. Allein mit der MwSt auf die EEG-Umlage hat der Bund 2011 fast eine Milliarde Euro hinzuverdient, die nicht zweckgebunden sind.

Weitgehende Befreiung großer Industriebetriebe von den Kosten der Energiewende

Energieintensiver Unternehmen sind hingegen von der EEG-Umlage weitgehend befreit, wodurch die Privathaushalte und die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) überproportional viel zur Finanzierung der Energiewende beitragen müssen. Obwohl die energieintensiven Unternehmen rund 18 Prozent des gesamten Stroms verbrauchen, kommen sie nur für einen Anteil von 0,3 Prozent am Umlagebetrag auf. Diese stetig steigende Anzahl an Unternehmen werden somit von den KMU und den privaten Haushalten mit rund 9 Milliarden Euro pro Jahr subventioniert.

Auf der Website des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) ist eine Exel-Tabelle eingestellt, in der alle durch die „besondere Ausgleichsregelung“ von der EEG-Umlage befreiten Abnahmestellen (1.691 Unternehmen und Unternehmensteile) aufgelistet sind. Die Liste lässt sich dabei nach Branchen, Bundesländern, Postleitzahl oder alphabetisch ordnen.

Positiver Nutzen der Energiewende für die Volkswirtschaft

Insgesamt ergibt sich ein positiver volkswirtschaftlicher Nutzen der Energiewende, der auch jüngst von einer vom Bundesumweltministerium geförderten Studie des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung (ISI), dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), der Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung (GWS) und dem Institut für Zukunfts-EnergieSysteme (IZES) bestätigt wurde: Der gesellschaftliche Nutzen Erneuerbarer Energien beläuft sich demnach allein im Strombereich auf mindestens 21 Milliarden Euro pro Jahr. Dem standen im Jahr 2011 nominelle Aufwendungen von knapp 14 Milliarden Euro für die Förderung umweltfreundlicher Elektrizität gegenüber. Das größte Problem der Energiewende ist somit vor allem die gerechte Verteilung der Kosten.

Der ForschungsVerbund Erneuerbare Energien (FVEE) hat in einer Stellungnahme aller zwölf Mitgliedsinstitute zur Energiewende die Notwendigkeit betont, langfristig zu denken und auch den Kosten-Nutzen-Effekt langfristig zu rechnen. Demnach führe die regenerative Energiewende in Deutschland zu Einsparungen in Höhe von 570 Milliarden Euro bis 2050 gegenüber der Fortführung der fossilen Energieerzeugung und der Importe von Erdöl und Erdgas in einer Größenordnung von rund 80 Milliarden Euro pro Jahr. Das Problem sind somit nicht die Kosten der Energiewende, sondern die gerechte Verteilung der Kosten.

Tarifvergleich für den niedrigsten Ökostromtarif

Laut der Unternehmensberatung A.T. Kearney erweisen sich reine Ökostromanbieter zunehmend als Gewinner der Strommarktliberalisierung. Die unabhängigen Anbieter drängen in den vielversprechenden Markt und machen den etablierten Energieversorgern zunehmend Konkurrenz. So sind allein im Jahr 2011 insgesamt 470 neue Strom- und 405 neue Gastarife in Deutschland hinzugekommen. 36 Prozent der angebotenen Tarife im Strombereich entfallen dabei auf das Ökosegment, so dass A.T. Kearney hier bereits von einem etablierten Massenmarkt spricht.

Als Reaktion auf diese Entwicklung hat das Umweltbundesamt (UBA) Anfang 2013 ein Register mit Herkunftsnachweisen für Ökostrom (HKNR) gestartet. Die Herkunftsnachweise bestätigen den Verbrauchern, dass der Strom auch tatsächlich aus erneuerbaren Energien stammt und verhindert damit zudem auch eine mögliche Doppelvermarktung. Weitere Informationen zum neuen Herkunftsnachweis für Ökostrom finden Sie unter www.hknr.de. Ein mögliches Vergleichsportal für Strom- und Ökostromtarife finden Sie beispielsweise unter Strompreis.org

(mb)

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