Im Rahmen der „Personality-Interviews“ kommen eine Vielzahl interessanter, außergewöhnlicher und herausragender Experten – von Speakern, Coaches und Trainern über Gutachter, Sachverständigen und Beratern bis hin zu Wissenschaftlern – zu Wort.
Das 74. Interview wurde mit Dr. Wolfgang Saaman geführt. Der promovierte Betriebswirtschaftler, Psychologe und Psychotherapeut ist Gründer und Vorstand der SAAMAN AG.
Guten Tag Herr Dr. Saaman, bitte stellen Sie sich zunächst kurz vor.
Mein Name ist Wolfgang Saaman. Nach einer Kfm. Lehre habe ich Betriebswirtschaft und Psychologie studiert. Nach erfolgreicher Promotion folgte dann eine psychotherapeutische Ausbildung und die Gründung der SAAMAN AG, deren Vorsitzender ich bis heute bin. Zudem bin ich auch Autor diverser Fachbücher.
Was ist das Hauptthema in Ihrer Tätigkeit?
Die Beratung von Unternehmen, Behörden und Institutionen auf dem Gebiet der Leistungskultur. Dies bedeutet, harte und weiche Faktoren als interdependente Größen zu sehen, die das Leistungsverhalten von Menschen beeinflussen – positiv in einer weitestgehend störungsfreien Unternehmenskultur, negativ in einer Unternehmenskultur, in denen sich die Menschen nicht zuhause fühlen.
Des Weiteren Entwicklung und Anwendung von Verfahren zur Diagnostik und Prognostik bei Führungs- und Spezialkräften (Potenzialanalysen, Management-Audits, Assessments).
Was zeichnet Sie besonders aus und was ist Ihr Alleinstellungsmerkmal?
Messung und Optimierung der Leistungskultur in Unternehmen, Behörden und Institutionen einschließlich der Neuausrichtung der Organisation hin zu einer fluiden Organisation; Identifikation und Beseitigung von Leistungsstörungen in Organisationen. Dies und noch mehr ist auch Thema meines neuen Buches „Leistung aus Kultur“, das Ende Juni 2012 beim SpringerGabler Verlag erschienen ist.
Worin liegt Ihrer Meinung nach – aus der Perspektive Ihrer Tätigkeit heraus – in der Regel der größte Handlungsbedarf bei Ihren Kunden?
Zukunftsweisende Ansätze zu finden, die dafür sorgen, dass Führungskräfte und Mitarbeiter durchweg zu Bestleistern, angeführt von einigen Spitzenleistern werden. Sich auf die Schnelllebigkeit und Unkalkulierbarkeit der heutigen Zeit einzustellen, in der wir immer mehr mit Planungsunsicherheit leben müssen. Sowie sich von zwar vertrauten, aber doch in die Jahre gekommenen Modellen wie Zielvereinbarung und Matrixorganisation (um nur zwei Beispiele zu nennen) zu verabschieden und diese durch in die Zeit passende bzw. zukunftweisende Modelle zu ersetzen.
Woran denken Sie bei den Worten „kurzfristiger Erfolg“ versus „Nachhaltigkeit“?
Der kurzfristige Erfolg ist eine Eintagsfliege, deren Nachkommen uns unbekannt sind. Folglich müssen wir diesen Erfolg immer neu und in immer kurzfristigeren Zyklen denken und erkämpfen. Der Begriff Nachhaltigkeit unterliegt einer semantischen Inflation und Sinnverzerrung. Er wird immer häufiger auch für kurzlebige Aktionen verwendet. Nachhaltigkeit bedeutet: für die nächste Generation bestimmt/gesichert. Wir müssen heute lernen, unsere kurzfristig erforderlichen Aktionen auf Nachhaltigkeit hin abzuklopfen. Ein Beispiel: Wenn ein Betrieb an den falschen Stellen spart, um kurzfristige Erfolge einzufahren, kann es ihn langfristig die Existenz kosten. Das zeigt das Beispiel Schlecker. Anton Schlecker hat sich in stets kurzfristig gedachter Giganterie verloren. Man muss sich sogar wundern, dass das so lange gut gegangen ist. Dort stand nicht nachhaltige Unternehmensentwicklung im Vordergrund des Denkens, sondern kurzfristige Bereicherung des Unternehmers. Rossmann und die dm-Märkte entwickelten sich in derselben Zeit nahezu gegenteilig. Die Entwicklung dieser Unternehmen basierte von Anfang an auf Kulturdenken, einem wertschätzenden Menschenbild und seriöser Management-Entscheidungen. Wir müssen uns verabschieden vom Zieldenken und uns stattdessen dem Verantwortungsdenken zuwenden.
Haben Sie ein Lebensmotto? Wenn ja, welches?
Ich kann überzeugend von anderen Menschen nur das verlangen, was ich selbst vorzuleben bereit und in der Lage bin. Das bezieht sich auf Werte und Normen, nicht auf Wissen und Können.
Wie sehen Ihre persönlichen Ziele für die nächsten drei Jahr aus?
Ich will meine Überzeugungen weiter verbreiten, dass sich Lebenserfahrung und frisches Denken keineswegs ausschließen, dass eine Gruppe durch die Heterogenität ihrer Mitglieder am meisten bereichert wird, dass Werte wichtiger sind als Methoden, dass Führung per Verantwortung das Modell der Zukunft sein wird, dass wir nicht die ideale Unternehmenskultur suchen und anstreben sollten, sondern die vorhandene von den ihr innewohnenden Störungen befreien müssen, um Mitarbeiter zu inspirieren, sich am Arbeitsplatz ähnlich zu engagieren und Freude dabei zu haben wie in ihren Hobbys.
Herr Dr. Saaman, vielen Dank für das interessante Gespräch und die Einblicke in Ihre Tätigkeit.
Das Interview führte Oliver Foitzik (Herausgeber AGITANO / Geschäftsführer FOMACO GmbH).