Endlich Ziele setzen: Was drin ist und was raus kommt!

Wie war Ihr Rendezvous mit Ihrem Inneren? Haben Sie ein paar Wünsche entdeckt, die noch gelebt werden wollen? Warten Sie vielleicht schon auf den nächsten Schritt? Hier ist er. Wir reden permanent über Ziele. In jedem Workshop, in jeder Beratungssituation, werde ich gefragt: „Was ist das Ziel dieser Maßnahme?“ Wir alle werden an Zielen gemessen und natürlich auch bewertet. Unser Erfolg hängt von Zielen ab. Im beruflichen Kontext finden wir das auch sehr normal und logisch. Machen wir das aber auch für unsere wirklich wahren Wünsche? Nehmen wir uns Zeit, aus unseren Wünschen heraus konkrete Ziele zu formulieren? Selten. Eventuell dann, wenn in uns etwas brodelt, das uns wirklich wichtig ist. Jetzt denken Sie sich eventuell, jetzt kommt die wieder mit dem Thema Ziele. Ja, ich komme damit. Weil diese Thematik etwas darstellt, was eben mir so richtig wichtig ist! Warum? Wünsche sind etwas mit Spirit, mit Emotion, mit Gefühl. Ziele hingegen sind etwas Konkretes, etwas Reales und auch etwas Greifbares. Anke van Beekhuis, zeigt, worauf es dabei ankommt!

Das Ziel ist der Weg

So hatte z. B. ein Kunde den Wunsch, insgesamt weniger zu arbeiten. Der nette Begriff „Work Life Balance“ kam da wieder einmal zum Einsatz. Die Frage, die sich stellte: Ist das jetzt konkret umsetzbar? Wir saßen also in einer Beratungssituation, und da beginne ich gerne mit typischen Fragen. „Was verstehen Sie unter Work Life Balance?“ „8 Monate Arbeiten und 4 Monate frei“, war die Antwort des Kunden. „Okay. Wie schauen diese 8 Monate aus?“ „Ich arbeite sehr intensiv und dann wieder mache ich wenig bis gar nichts. In den 8 Monaten würde ich gerne das Geld für die 12 Monate verdienen. Oder, in den 4 Monaten arbeiten die anderen so gut, dass ich nichts tun muss.“, war seine weitere Ausführung. Ich wollte da noch mehr wissen. „Was machen Sie in den 4 Monaten? Was wollen Sie in dieser Zeit alles erledigen“?“ „Ich würde gerne anderen Menschen helfen. Oder einen Sport sehr gut lernen. Oder mehr Zeit für meine Familie haben. Ich würde gerne jährlich immer wieder neu entscheiden, wie ich die Zeit nutze. Eben ohne Plan. Sich einlassen auf eine nicht verplante Zeit.“ “Bis wann wollen Sie das erreicht haben?“, fragte ich weiter. „In 4 Jahren“, war wieder seine schnelle Antwort. „Und dann?“ „Dann will ich das jährlich so handhaben oder langfristig sogar noch weniger arbeiten?“ Ich war mit meinen Fragen noch nicht am Ende: „Wäre es realistisch, mit Ihrem Einkommen und mit Ihrem Unternehmen diese Vorgehensweise umzusetzen?“ „Ja, aber ich müsste einiges umstellen im Unternehmen.“ „Einiges oder sind es nur ein paar Schrauben?“, wollte ich wissen. „Eigentlich sind es nur ein paar Schrauben, und ich müsste meinen Führungskräften mehr vertrauen.“ „ Ihr Wunsch hätte somit mehrere Ziele. Oder?“ „Ja, irgendwie schon. Zuerst bedeutet es für mich, klar zu sehen, wie ich mir meine Arbeit vorstelle und wie ich sie umstellen muss, um dieses Ziel innerhalb von 4 Jahren zu erreichen. Danach muss ich mir Gedanken machen, was meine Umstellung für die Organisation bedeutet. Wer muss was übernehmen? Welche Strukturen müssen wir verändern? Was macht Sinn, dass bei mir bleibt? Was kann ich abgeben?“

„Okay“, war meine Antwort. Fangen wir einmal bei Ihnen an.“

Für sein Ziel etwas abgeben können

„Wie würden Sie sich wünschen, dass Ihr Job während der 8 Monate aussehen soll? Was machen Sie gerne? Was weniger gern? Was hassen Sie?“ Der Manager beschrieb im Detail, wie er sich seinen Job vorstellte. Er war – wie viele Eigentümer – hauptsächlich für den Vertrieb zuständig. Das bedeutet, der treibende Faktor, durch den der Umsatz fällt oder steigt. Er war enorm begabt für den Vertrieb, hatte aber auch das Gefühl und die Überzeugung, alles alleine machen zu müssen. Er hatte im Grund sehr wenig Vertrauen in seine VertriebsmitarbeiterInnen. Also war alles auf ihn und seine Aktivitäten und Erfolge ausgerichtet. Er musste viel reisen und trug hohe Verantwortung auf seinem Rücken. Reisen war ihm zwar wichtig, aber nicht ganz so wichtig wie das aktive Verkaufen. In Zukunft wollte er zwar zunehmend die Firma als „Botschafter“ repräsentieren, aber nicht mehr direkt beim Kunden sein. Bis zu unserem Gespräch war er ständig an der Front, verantwortlich für ein großes Gebiet und unterstützte auch noch die anderen Vertriebsmitarbeiter, indem er sie besuchte und mit ihnen die Kundengespräche führte. Das, was hier als Unterstützung deklariert wurde, war im Grunde nichts anderes als mangelndes Vertrauen in die eigenen MitarbeiterInnen. Nach zwei Stunden Beratungsgespräch hatten wir zusammen folgendes Ziel formuliert: „Ab Januar 2018 bin ich ausschließlich in 8 Monaten des Jahres für das Repräsentieren des Unternehmens zuständig und unterstütze alle meine VertriebsmitarbeiterInnen, indem ich mit ihnen Schlüsselkunden und Multiplikatoren besuche und somit Lobbying betreibe und Netzwerken mit den wirklich wichtigen Menschen.“

Nach der vollbrachten Zielformulierung fragte ich ihn: „Wie geht es Ihnen damit?“ Er wurde auf einmal sehr entspannt im Gesicht. „Super“, sagte er zu mir. „Aber irgendwie habe ich auch Angst davor.“ „Das verstehe ich. Entwicklung bedeutet eben immer, die Dinge anders zu tun. So eine Veränderung ist schon stark, und alles könnte aus dem Ruder laufen.“ Er blickte mich an und lachte. „Sie wissen, wie Sie jemanden motivieren“. „Ich will Sie gar nicht motivierten. Sie sollen sich selber so viel Wert sein, alles zu tun, um Ihr Ziel zu erreichen. Es geht nicht um mich. Könnte es aus dem Ruder laufen, wenn Sie das Ziel in Angriff nehmen? Was wäre das Schlimmste was passieren könnte, wenn Sie ab morgen damit beginnen, die Dinge umzustellen?“ Er blickte aus dem Fenster und wurde sehr ruhig. „Nichts“, war seine Antwort. „Wahrscheinlich wird nichts passieren. Ich bin ja da. Ich kümmere mich ja immer noch um die wichtigen Dinge, aber halt nicht mehr um die unwichtigen Sachen. Ich mische mich nicht mehr überall ein und meine MitarbeiterInnen werden dadurch auch selbstständiger. Sie werden sicher auch Fehler machen. Aber die mache ich auch, indem ich vor lauter Stress gewisse Details vergesse und manche Angebote dann nicht richtig sind. Denn, perfekt ist keiner.“

So wichtig ist der emotionale Nutzen

Er wurde sehr nachdenklich. „Es klingt so einfach. Kann ich das wirklich  schaffen?“ fragte er sich dann. Ich sagte sehr bestimmt: „So werden Sie es nicht schaffen.“ Seine Augen wurden groß. „Warum?“ „Ganz einfach. Warum sollten Sie sich all das antun, wenn Sie selber keinen richtigen Anreiz sehen? Sie haben ja noch keinen wirklich Nutzen formuliert, warum Sie das Ganze tun sollten.“ Er verstand nicht gleich, warum er nun auch noch den spezifischen Nutzen formulieren sollte, für ihn reichte die Definition „Work Life Balance zu erzielen“ vollkommen aus. Ich wusste jedoch, dass diese eher schwammige Formulierung niemals genügen würde, um die geplanten tiefgreifenden Veränderungen auch punktgenau und langfristig durchzuziehen. Ein echter Nutzen muss immer emotional rüberkommen, und das war hier noch nicht der Fall. Solange wir bei unseren Zielen keinen wirklichen NUTZEN erkennen, werfen wir sie leicht über Bord und geraten in alte Fahrwasser.“

„Was ist Ihr wirklich wichtiger Nutzen? Warum wollen Sie dieses Ziel unbedingt erreichen?“ Er wurde wieder still. Ich sah ihn an und sagte. „Es bleibt unter uns. Ich werde nicht darüber reden. Sind sie jetzt vollkommen ehrlich zu sich selber. Was ist der Nutzen für Sie persönlich, wenn Sie nur mehr 8 Monate im Jahr arbeiten?“ Fast schämte er sich, mir die Antwort zu geben. „Freiheit, Leichtigkeit, wie ich sie in der Studentenzeit hatte“, war seine Antwort. „Das Gefühl, nicht für alles verantwortlich zu sein. Und ungeplante Zeit zu haben, die ich einfach so für Unwichtiges hergeben kann.“ Ich schlug vor: „Wenn Sie das nun in einem Satz zusammenfassen können: Was ist der Nutzen von 8 Monaten Arbeit versus 4 Monate Auszeit?“

„Mein Nutzen ist, frei zu sein für neue Ideen für das Unternehmen, mich und meine Familie.“

So definierte dieser Kunde also für sich die berühmte Work Life Balance als seinen ganz individuellen Nutzen. Betreffend die Work Life Balance gibt es ja sehr viele verschiedene Einstellungen. Ich persönlich finde zum Beispiel, dass sie überbewertet ist. Wenn wir das machen, was uns Spaß macht, was uns Energie bringt, ist es egal, ob ich 60 Stunden dafür arbeite. Work Life Balance ist für mich, Zeit und Energie für die wirklich wichtigen Dinge im Leben zu haben.

Ziele und Nutzen nur für Sie selbst

Aber zurück zu meinem Kunden und zu unserer Beratungssituation: „Übrigens darf dieser Nutzen auch durchaus ethisch nicht korrekt sein. Der Nutzen ist nur für Sie selber, wie auch das Ziel. Natürlich müssen Sie mit Ihrem Management über Ihre Vorstellungen sprechen, aber Details können sie gerne weglassen.“, gab ich ihm noch einmal mit auf den Weg und insistierte dann: „Können Sie jetzt bitte noch einmal das Ziel mit dem Nutzen formulieren?“

„Es ist Januar 2018, ich bin ausschließlich während 8 Monaten des Jahres für das Repräsentieren des Unternehmens zuständig und unterstütze alle meine VertriebsmitarbeiterInnen, indem ich mit ihnen Schlüsselkunden und Multiplikatoren besuche und somit Lobbying und Netzwerken mit den wirklich wichtigen Menschen betreibe, um in den restlichen 4 Monaten des Jahres frei für meine Ideen und Gedanken zu sein.“, war seine finale Ziel- und Nutzenformulierung.

„Und wie geht es Ihnen jetzt?“ , fragte ich. „Absolut besser. Können wir jetzt gleich in die Umsetzung gehen? Weil jetzt spüre ich auch, was Sie gemeint haben mit Emotion und Klarheit.“, sagte mein Kunde abschließend.

Ja, genau diese Kombination ist wichtig, den Wunsch zu verinnerlichen und das Ziel zu formulieren, um es zur Umsetzung zu bringen.“ Und jetzt sind Sie dran, liebe Leser!

  1. Werden Sie sich Ihrer Wünsche bewusst? Was steckt wirklich dahinter?
  2. Wie können Sie das im Job, privat, familiär umsetzen, bis wann, in welcher Form? Formulieren Sie auf alle Fälle sehr präzise und positiv, in Form eines Satzes mit einem fixen Termin, mit konkretem Inhalt, messbaren Faktoren und vergessen Sie nicht, den Nutzen in dem Satz zu verpacken!
  3. Werden Sie sich des Nutzens vollkommen bewusst. Was treibt Sie an, das tagtäglich zu schaffen?
  4. Schreiben sie weiter in ein Erfolgs(tage)buch, um zu sehen, welche Erfolge und Misserfolge Sie erzielen.
Anke van Beekhuis, Geschlechterausgewogenes Management, Organisationsberaterin, Coach, Vortragende, Autorin, Strukturberatung, Strategieentwicklung, Führungskräfteentwicklung, Change Management
Anke van Beekhuis ist Expertin für Ziele, Strategie, Veränderung und Entwicklung sowie Geschlechterausgewogenes Management (Bild: © Anke van Beekhuis)

Im nächsten Beitrag gibt es eine detaillierte Analyse für die konkrete Umsetzung.

Über Anke van Beekhuis

Anke van Beekhuis, gebürtige Salzburgerin, ist seit 2005 als Beraterin, Coach und Keynote Speakerin mit TheRedHouse selbstständig tätig. Zu ihren Kernkompetenzen gehören: systemische Organisationsberatung, Führungskräfteentwicklung, Persönlichkeitsentwicklung & geschlechterausgewogenes Management. Sie begleitet Unternehmen bei der Organisationsstruktur, Strategie- und Führungskräfteentwicklung und in Changeprozessen. Über tausend Führungskräfte und Vorstände haben von ihrem Fachwissen in Form von Vorträgen, Beratung, Workshops, Lehrgängen, Diskussionsrunden und Coaching profitiert.

Anke van Beekhuis arbeitet mit Klein- und Großgruppen und ist für ihre umsetzungsstarke, lösungsorientierte und unternehmerische Vorgehensweise bekannt. Sie ist zudem eine beliebte Interviewpartnerin zahlreicher Medien.

Mehr über Anke van Beekhuis erfahren Sie auf www.ankevanbeekhuis.at.

Kennen Sie schon die Leinwände von Inspiring Art?