Ömer Atiker im Personality-Interview
Schönen guten Tag Herr Atiker, in welchen Bereichen sind Sie Experte und was machen Sie genau?
Mein Thema ist die Digitalisierung. Mich beschäftigt die Frage, wie Computer, das Internet und all die neuen digitalen Konzepte unser Leben und Arbeiten verändern. Auf meinen Vorträgen zeige ich den Menschen, was im Bereich Digitalisierung gerade passiert, wo die Reise hingeht und wie sie damit umgehen können.
Darüber hinaus bin ich Berater – oder eher Moderator und Ratgeber. Jedes Unternehmen muss selbst seinen Weg finden. Ich helfe dabei, damit es etwas schneller, etwas leichter und mit weniger Umwegen geht. Und nicht zu vergessen: Ich habe eine Agentur für digitales Marketing, Click Effect.
Was genau tun Sie da?
Meine Arbeit besteht aus drei Teilen: Sammeln, Verarbeiten, Präsentieren.
Wenn ich sammle, lese ich enorm viel. Ich habe eine Masse an Büchern in meinem Kindle (und damit auch auf dem Handy), kaufe gerne alles, was sinnvoll erscheint, und lese natürlich die wichtigen Online-Ressourcen. Ich gehe aber auch gerne auf Kongresse um zu hören, was die Menschen wirklich bewegt. Die Gespräche mit Besuchern und Kunden sind dabei meist noch spannender als die Vorträge. Und ja, das macht schon Spaß, vor allem dieses unabhängige, digital basierte Arbeiten, weil man es fast überall machen kann, am Schreibtisch, in der Badewanne oder von unterwegs.
Beim Verarbeiten geht es darum, Muster, Trends und Themen zu erkennen. Eine ganz wichtige Aufgabe ist es, für meine Kunden das Wesentliche vom Unwichtigen zu trennen. Kein Mensch kann sich in dieser Flut von Informationen zurechtfinden, wenn er noch einen Vollzeit-Job hat. Dafür bin ich da. Oft „stolpere“ ich über ein Thema, das ich weiter ausarbeiten möchte. Das kann das Thema einer Veranstaltung sein oder die plötzliche Frage eines Redakteurs in den Medien. Dann mache ich mir dazu Gedanken, ob zur Organisation von Arbeit, zur Zukunft des Tourismus oder über die Digitalisierung im Alter. Und es ist erstaunlich, was dabei alles zusammenkommt.
Und dann gilt es, dies alles den Menschen zugänglich zu machen. Ich habe ein Buch geschrieben, „In einem Jahr digital“, in dem es um die Digitalisierung von Unternehmen geht. Das ist toll, da habe ich Zeit und Raum, etwas detailliert darzustellen. Ich schreibe auch zahlreiche Artikel, Beiträge und Kommentare für mein Blog, die sozialen Medien, den Newsletter und werde demnächst auch Podcasts und Videos bespielen. Jeder Kanal hat seine eigenen Regeln und Formate, und ich schaue mir sehr genau an, wie ich ein Thema jeweils passend präsentiere. Wieder anders ist es bei Radio oder Fernsehen: Da muss es sehr kurz, knackig und vor allem massentauglich zugehen. Also weniger Wirtschaft und mehr über das (digitale) Leben der Menschen.
Und dann gibt es noch die Keynotes, die ich halte. In einer Dreiviertelstunde soll ich informieren, anregen und vor allem unterhalten. Das ist sehr herausfordernd: Wie bringe ich ein derart technisches Thema so auf die Bühne, dass es spannend und auch mal lustig ist? Aber ich denke, es gelingt mir recht gut!
Wie sieht Ihr typischer Tagesablauf aus, was macht Ihnen am meisten Spaß und warum?
Es gibt nicht den „einen“ typischen Tag, und das ist schon ein Teil der Freude daran.
Wenn ich nicht unterwegs bin, arbeite ich meist von zu Hause aus. Nach dem Aufwachen zwischen 6 und 7 Uhr bin ich erst einmal eine Stunde online, Neuigkeiten lesen, und ich mache mir meistens auch Notizen zu den News. Nach dem Aufstehen dann mit einer Kanne Tee an den Rechner, Schreiben und Projekte weiter ausarbeiten. Vormittags ist meine aktive Zeit, da kriege ich in der Regel viel erledigt.
Eine Mittagpause gibt es eher spät, oft treffe ich auch Kollegen und Bekannte zum späten Lunch. Der Nachmittag ist häufig dem Verwaltungskram gewidmet – E-Mails, Besprechungen, Angebote und ähnliches. Glücklicherweise nimmt mir meine Assistentin vieles davon ab. Wenn das Wetter gut ist, gehe ich gerne mal raus in die Natur oder zum Sport – es ist ein so wunderschöner Luxus, wenn man sich seine Zeit frei einteilen kann. Dafür arbeite ich gerne mal abends oder am Wochenende, ich finde das sehr angenehm.
In der Vorbereitung zu meinen Vorträgen brauche ich auch unbedingt Bewegung. Beim Sport kann ich die Inhalte gut im Kopf durchgehen und bei Spaziergängen übe ich den nächsten Vortrag. Diese Wiederholung hilft mir, die beste Formulierung und den richtigen Rhythmus zu finden, auch wenn ich meine Vorträge nie auswendig lerne.
Für Vorträge muss ich reisen, am liebsten mit der Bahn. Da ich immer am Vortag anreise, läuft das sehr entspannt ab, es ist ja egal, wann ich ankomme. Dann schaue ich mir noch etwas die Stadt an, treffe mich mit Freunden oder gehe in den schönen Hotels gerne in die Wellness. Gerade da habe ich oft tolle Ideen zu Vorträgen oder neuen Artikeln.
Lesen, denken, schreiben und sprechen, wann, wo und wie ich es will: Diese Freiheit bedeutet mir wirklich viel. Ich freue mich jeden Tag aufs Neue daran, dass ich so arbeiten kann. Wenn ich wirklich Ruhe brauche, nehme ich mir eine Ferienwohnung im Schwarzwald und bin einfach mal ein paar Tage weg. Dann komme ich auf Kongressen wieder unter Menschen und habe eine Menge Begegnungen. Und wenn ein Vortrag gut klappt, die Zuhörer enthusiastisch und gut gelaunt sind, dann ist das ein tolles Gefühl. Rockstar muss ich nicht sein, aber die Begeisterung von hunderten Menschen auf einmal zu spüren, mit ihnen zu lachen und zu staunen – das ist fabelhaft.
Was schätzen Ihre Kunden an Ihnen?
In meinen Vorträgen: Meine charmante, heitere Art. Ich bin kein Professor, der doziert, sondern erzähle so, dass jeder etwas damit anfangen kann. Experten gibt es viele, aber nur wenige, die das auch unterhaltsam rüberbringen. Dazu gehört auch, dass ich Fachbegriffe genauso vermeide wie abgenutzte Klischees. Es ist frisch, verständlich und menschlich.
Als Berater ist das sogar noch wichtiger. Keine Floskeln, keine PowerPoint, keine dicken Berichte und Dokumente. Die Kunden sind zuerst oft erschrocken, weil sie das ja so nicht kennen, dann sind sie erleichtert und am Ende begeistert. Denn diese Menschen haben wenig Zeit, wollen gezielt arbeiten und erwarten am Ende gute, passende Lösungen, kein ohne Ende dokumentiertes Berater-Blabla.
Welche Werte vermitteln Sie Ihren Kunden und warum?
Professionalität, Respekt und Wertschätzung.
Meine Kunden sind erwachsene Menschen, Professionals, meist gut in ihren Jobs. Also erwarte ich einfach, dass sie ihren Job machen – und gebe dabei nur Unterstützung. Tipps, Orientierung, Ermutigung und etwas Koordination, dann schaffen sie beeindruckende Ergebnisse.
Das andere ist die menschliche Seite. Ich weiß, dass wir vor manchem Angst haben, dass wir vieles nicht wissen (vor allem zu Beginn), dass wir unsicher sind – und das ist völlig in Ordnung. Dabei bin ich aber ziemlich hart, was sinnlose Rituale angeht. Meetings oder ein Jour Fixe sind schrecklich, wenn sie kein Ziel und keine Ergebnisse haben. Wenn Kunden sich mit Prozessen, interner Abstimmung, Einkaufsrichtlinien und tausenden von Mails mit CC herumschlagen wollen oder müssen – das ist ihr Problem. Als Berater sehe ich mich da außen vor.
Als Experte sind Sie selbständig tätig und somit auch Unternehmer. Was bedeutet für Sie Unternehmertum?
Meine Aufgabe ist es, Mehrwert zu schaffen. Gelingt mir das nicht oder sieht es der Kunde nicht so, dann habe ich als Unternehmer versagt. Ganz wichtig ist dabei auch ein aufrichtiges Nein gegenüber dem Kunden, manches kann oder will ich gar nicht tun.
Woran denken Sie bei den Worten „kurzfristiger Erfolg“ versus „Nachhaltigkeit“?
Das wird zu oft als Widerspruch gesehen. Natürlich ist es dumm, für kurzfristigen Gewinn die Zukunft des Unternehmens aufs Spiel zu setzen. Aber kurzfristige Erfolge – die „low-hanging fruits“ – sind durchaus ein legitimes Ziel. Damit gewinnt man Selbstvertrauen, zeigt, dass es geht und baut eine Grundlage für die nächsten, schwierigeren Schritte. Deswegen sollte man auf jeden Fall schnell sein, mit Prototypen, Tests beim Kunden und neuen Ideen. Das bringt ein Unternehmen richtig in Schwung!
Für welches Unternehmen wären Sie gerne einmal tätig und warum?
Oh, da gibt es keinen bestimmten Namen. Generell arbeite ich am liebsten mit Mittelständlern. Groß genug um auch mal Geld in die Hand nehmen zu können, aber noch klein genug, damit Entscheidungen schnell und mit Handschlag funktionieren.
Welche Person ist Ihr Vorbild und warum?
Ich respektiere Integrität, Menschen, die zu ihrem Wort stehen und ihre Pläne auch umsetzen. Und ich mag den Mut, etwas zu tun, bei dem man sich unsicher fühlt, denn unsere Grenzen sind fast immer in unseren Köpfen.
An Elon Musk gefällt mir, dass er Dinge einfach macht, die andere für unmöglich halten. Ich meine, ein kleines Start-up aus Amerika baut bei uns in Deutschland die Ladestationen für Elektroautos, während sich unsere wichtigste Industrie noch nicht mal auf einen passenden Stecker einigen kann. Das finde ich enorm. Richard Branson hat und lebt diesen Spirit auch. Man muss kein Genie sein, aber Bewegung ins Leben zu bringen halte ich für etwas sehr Wertvolles.
Erzählen Sie uns eine besondere Erfahrung aus Ihrem Leben, die Sie geprägt hat.
Es gibt keinen Schlüsselmoment, bei dem ich tief in der Krise entschieden habe: Jetzt wird alles anders!
Eher viele kleine Momente, an denen sich die Bahn ändert. Als Schüler wollte ich Physiker werden – bis ich einmal Physiker in „freier Wildbahn“ erleben konnte. Da wusste ich: Das ist nichts für mich. Anstöße, Beispiele, Ermutigung aus dem Umfeld, manchmal auch nur von Bekannten – das sind die Impulse, die wir alle nutzen können. Ich hatte das Glück, dass diese Impulse immer konstruktiv und förderlich waren.
Wie lautet Ihr Lebensmotto?
Mich hat immer die Frage begleitet: „Was will ich eigentlich wirklich?“ Wer das weiß, oder auch nur eine Richtung hat, der kann beginnen, sein Leben zu gestalten. Und das ist für mich Glück.
Ein Motto habe ich nicht – höchstens Kästners unsterblichen Satz „Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.“ Aber das ist mehr eine grundlegende Wahrheit als ein Motto.
Herr Atiker, vielen Dank für das interessante Gespräch, Ihre Ein- und Ansichten und Ihre Perspektive auf das Leben – in Unternehmen wie auch privat. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg weiterhin und dass Sie noch viele Menschen mit Ihren Vorträgen und Tipps begeistern werden.
Das Interview führte Oliver Foitzik, Herausgeber des Wirtschafts- und Mittelstandsmagazins AGITANO sowie Geschäftsführer der FOMACO GmbH.
Über Ömer Atiker
Ömer Atiker ist „Der Mann für Digitale Strategie“. Der Keynote Speaker, Berater und Autor begleitet Unternehmen auf dem Weg zur Digitalisierung. 1996 gründete er mit ArtWork eine der ersten Webagenturen der Niederlande, 2006 erfolgte die Gründung von Click Effect, einer Agentur für digitales Marketing. Heute begleitet er als Berater Unternehmen bei der digitalen Transformation. In seinen innovativen Keynotes bringt er charmant und eingängig die digitale Zukunft auf die Bühne.
Mehr über Ömer Atiker erfahren Sie auf http://atiker.com/.