Kläranlagen: Vom Stromfresser zu kleinen Kraftwerken?

Wasser ist neben Luft unser höchstes Gut. Nicht umsonst herrschen innerhalb der Europäischen Union (EU) strenge Regeln, was die Einleitung von gereinigtem Abwasser in Flüsse und Seen betrifft. Gerade kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in dünn besiedelten Gebieten stellt dies vor große Herausforderungen.

Ganzjährig ihre Reinigungsleistungen erfüllen

Denn die, in diesen Gegenden zumeist dezentral angeordneten, Kläranlagen für Gewerbebetriebe der Industrie und Gastronomie müssen ganzjährig ihre Reinigungsleistung erfüllen. Egal ob bei Über- und Unterlast, Temperaturschwankungen, variierender Nutzerzahl oder Unterschieden in der Abwasserqualität. Dabei können die unterschiedlichsten Anlagentypen, zum Beispiel für Campingplätze, Kleingartenanlagen bis hin zu Gemeinden bis zu 5.000 Einwohner, zum Einsatz kommen. Auf Kommunen indes kommt eine weitere, finanzielle Herausforderung zu.

Kommunaler Stromverbrauch: Zehn Prozent entfällt auf die Kläranlagen

So sind in Deutschland knapp 10.000 kommunale Kläranlagen in Betrieb. Mit einem Stromverbrauch von 4.400 Gigawattstunden gehörten sie zu den elektrischen Großverbrauchern – rund 10 Prozent des von allen kommunalen Einrichtungen verbrauchten Stroms entfällt auf Kläranlagen. Dabei steckt in ihnen nicht nur ein beachtliches Einsparpotenzial, wie Prof. Dr. Uwe Schröder vom Institut für Ökologische und Nachhaltige Chemie der TU Braunschweig betont: „Bisher verschwenden wir in den Kläranlagen Energie, um Energie zu vernichten.“ Darüber hinaus ließen sich die in Kläranlagen enthaltenen Abfallprodukte auch zur Stromproduktion nutzen, wie ein Forschungsprojekt aus dem niedersächsischen Emden zeigt.

„Power-to-gas“ nicht nur für die Windernergie

Pate und Partner für diese Idee ist die Windkraft. Beim „Power-to-gas“-Prinzip geht es allgemein gesprochen um die Umwandlung überschüssiger Windenergie in speicherbares Erdgas. Im vorliegenden Fall wollen Wissenschaftler vom Emder Institut für Umwelttechnik (EUTEC) der Hochschule Emden/Leer herausfinden, ob – und wenn ja inwieweit – es möglich ist, jenen Energieüberschuss dafür zu nutzen, das im Faulturm eines Klärwerks anfallende Kohlendioxid, umzuwandeln.

Sven Steinigeweg: „über »Power-to-gas« hinaus“

Konkret will das Forschungsteam Wasserelektrolyse betreiben. Das heißt, Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff spalten. Der Wasserstoff wird dann im nächsten Schritt durch die Zugabe von Kohlendioxid aus dem Klärwerk in Methan, also künstliches Erdgas, umgewandelt. Dieses ist im Gegensatz zur Windenergie speicherbar. Und die Speicherkapazitäten für Erdgas sind hierzulande groß. „Mit diesem Projekt gehen wir über zu »Power-to-gas«, so Institutsmitarbeiter Prof. Dr. Sven Steinigeweg.

Würde das Forschungsprojekt, das unter anderem vom niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur sowie dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) finanziell unterstützt wird, zum Erfolg führen, könnte das, was heute insbesondere für Kommunen mit bis zu 5.000 Einwohner und ihre dort angesiedelten Gewerbetriebe ein Nachteil darstellt, sich in absehbarer Zeit zum Vorteil wandeln.

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