Netzbetreiber gegen Netzneutralität

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Ursprünglich war Netzneutralität ein Begriff, mit dem vor allem Computernerds und Internetfreaks etwas anfangen konnten. Seit etwa einem Jahr ändert sich das – das Thema Netzneutralität ist in Politik und Medien angekommen. Der Grund: Die Infrastruktur des Internets ist mit den steigenden Datenmengen zunehmend überlastet. Deshalb müssen Lösungen gefunden werden, wie auch weiterhin Daten und Informationen von Sender zu Empfänger gelangen. Eine Möglichkeit wäre, bestimmte Daten prioritär zu behandeln – das aber widerspricht dem Prinzip der Netzneutralität. Aktivisten laufen Sturm gegen die „Zensur“ des Internets; sie befürchten ein Zweiklassen-Internet.

 

Was ist Netzneutralität?

Netzneutralität ist der gleichberechtigte Transport aller Inhalte im Internet. Egal, welcher Art die Anwendungen und Inhalte sind, Zugangsnetzbetreiber müssen sie befördern. Dabei darf es keine Rolle spielen, ob es sich um ein Video, das relativ viel Datenvolumen hat, oder um eine E-Mail mit wenig Datenvolumen handelt. Im Sinne der Netzneutralität sind beide Anwendungen gleich zu behandeln und gleichermaßen zu übermitteln – ohne dass beispielsweise für das Video eine Gebühr anfällt, weil die Netze dadurch stärker beansprucht werden. Das Video zeigt anschaulich, was Netzneutralität eigentlich bedeutet.

[Anmerkung der Redaktion: Das hier eingebettete Video wurde (vorübergehend) entfernt, ist jedoch weiterhin hier zu finden: The Simpleshow & IDG Verlag / YouTube.]

Konflikt: Netzbetreiber vs. Internetnutzer

Im Konflikt um Neutralität stehen sich auf der einen Seite die Netzbetreiber (Provider und Carrier) und auf der anderen Seite Endkunden und Geschäftskunden gegenüber. Geschäftskunden und Endkunden sind aufeinander angewiesen: Die Geschäftskunden stellen ihre Inhalte ins Netz, dort können sie dann wiederum von den Endkunden abgerufen werden. Die Infrastrukturbetreiber sind die Transporteure der Daten – mit dem Boom des Internets verdienen aber andere das Geld. Nicht die Netzbetreiber, sondern Firmen wie Google, Apple oder Facebook haben satte Gewinne eingestrichen, während die Netzbetreiber in die Infrastruktur investierten. Das soll sich nun ändern: Für bestimmte Daten (zum Beispiel Videos) wollen die Netzbetreiber nun Gebühren verlangen und zwar sowohl von End- als auch von Geschäftskunden. Für den Nutzer bedeutet das: Je nachdem, über welchen Provider er Zugang zum Internet hat, sieht er andere Inhalte. Das widerspricht dem Prinzip der Netzneutralität.

Was plant die Politik?

Aufgrund der Drohung der Telekommunikationsdienste, künftig Zugangsgebühren zu verlangen und damit die Netzneutralität aufzukündigen, befasst sich seit einiger Zeit die EU-Kommission mit dem Thema Netzneutralität. Die bisherige EU-Kommissarin für Digitale Agenda Neelie Kroes (künftig bekleidet Günther Öttinger, bisher Energiekommissar, diesen Posten), hat eine Verordnung zur Reform der Telekommunikation vorgelegt. Nun müssen Ministerrat und Parlament über die Initiative abstimmen, bevor sie in Kraft treten kann. Mit der Verordnung sollen Endkunden den Weg frei wählen können, über den sie die gewünschten Inhalte beziehen.

netzbetreiber
Die Datenmengen, die über das Internet transportiert werden, nehmen zu. Screenshot aus: simpleshow und der IDG Verlag erklären Netzneutralität (© thesimpleshow; Originalvideo unter https://www.youtube.com/watch?v=fb0qdHGbK4M&list=UUyYOgVNW–SNcRHtnnZaXvQ)

Die Netzbetreiber dürfen sich nach der Verordnung nicht in die Beziehungen zwischen End- und Geschäftskunden einmischen – das gilt aber nur für den Internetzugangsdienst. Laut Artikel 23 der Verordnung dürfen hier keine Inhalte diskriminiert werden. „Angemessene Verkehrsmanagementmaßnahmen“ sind jedoch zulässig. Auch aus diesem Grund richten sich Aktivisten gegen die geplante EU-Verordnung . Weiterer Dorn im Auge von Internetaktivisten ist die Definition von „Spezialdiensten“, darunter fallen IPTV, VPNs oder das Kabelfernsehen. Hier dürfen die Netzbetreiber Verträge schließen, die deren Inhalte priotär behandeln – und das wiederum läuft dem Prinzip der Netzneutralität zuwider. Die geplante Verordnung befindet sich allerdings noch mitten im Gesetzgebungsprozess – und es ist fraglich, wie sie am Ende desselben gestaltet sein wird. Fakt ist, dass die Debatte um Netzneutralität häufig unterkomplex behandelt wird und von zahlreichen Irrtümern und Missverständnissen geprägt ist.

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