Forschern des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Festkörperphysik IAF und des Karlsruher Instituts für Technologie KIT ist es gelungen, 40 Gbit/s bei 240 GHz und über eine Entfernung von einem Kilometer per Funk zu übertragen. Mit ihrer jüngsten Demonstration haben sie einen neuen Weltrekord erzielt und knüpfen damit erstmals nahtlos an die Kapazität von Glasfaser an. Solche Richtfunkstrecken könnten zukünftig Lücken in der Versorgung mit Breitband-Internet schließen, indem die drahtlosen Links das Netz an schwer zugänglichen Stellen oder im ländlichen Raum ergänzen.
Digital, mobil und vernetzt – das veränderte Mediennutzungsverhalten erfordert die immer schnellere Übertragung steigender Datenraten. Beim Ausbau des Glasfasernetzes hinkt Deutschland im europäischen Vergleich hinterher, wie die Statistiken der Branchenorganisation FTTH Council Europe zeigen. Glasfaser-Leitungen zu verlegen ist teuer und im Fall von natürlichen oder auch urbanen Hindernissen, wie Flüssen und Verkehrsknotenpunkten, schwierig. Breitbandige Richtfunkstrecken können dabei helfen, solche kritischen Stellen zu überwinden und so den Ausbau von Netzinfrastrukturen voranzutreiben. Im ländlichen Raum stellen sie eine kostengünstige und flexible Alternative zu »Fibre To The Home« beim Ausbau des Breitbandnetzes dar.
Bei der Datenübertragung per Funk haben Forscher nun einen neuen Weltrekord aufgestellt: erstmals wurden vollintegrierte elektronische Sender und Empfänger für eine Frequenz von 240 GHz entwickelt, mit denen die Übertragung von Datenraten bis zu 40 Gbit/s möglich ist. Dies entspricht der Übertragung einer kompletten DVD in unter einer Sekunde oder 2400 DSL16000-Internetanschlüssen. Mit einem Langstreckendemonstrator konnte bereits eine Distanz von über einem Kilometer überbrückt werden, der vom Karlsruher Institut für Technologie zwischen zwei Hochhäusern im Rahmen des Projekts »Millilink« aufgebaut wurde. »Wir haben es geschafft, eine Funkstrecke auf Basis aktiver elektronischer Schaltungen zu entwickeln, die ähnlich hohe Datenraten wie faseroptische Systeme und somit eine nahtlose Einbindung der Funkstrecke ermöglicht«, freut sich Prof. Ingmar Kallfass, der das Projekt zunächst am Fraunhofer IAF im Rahmen einer Shared Professorship – getragen von IAF und KIT – koordinierte. Seit 2013 ist Kallfass an der Universität Stuttgart tätig, wo er das Projekt weiterführt.
Hohe Frequenzen ermöglichen schnelle Datenübertragung
Die Nutzung des hohen Frequenzbereichs zwischen 200 und 280 GHz ermöglicht nicht nur die schnelle Übertragung großer Datenmengen, sondern auch einen sehr kompakten technischen Aufbau. Da die Abmessungen elektronischer Schaltungen und Antennen mit der Frequenz bzw. Wellenlänge skalieren, ist der Sender- und Empfängerchip nur 4 x 1.5 mm2 groß. Die am Fraunhofer IAF entwickelte Halbleitertechnologie auf Basis von Transistoren mit hoher Ladungsträgerbeweglichkeit (HEMT) ermöglicht es, den Frequenzbereich zwischen 200 und 280 GHz mit aktiven Sendern und Empfängern in Form von kompakten, integrierten Schaltungen zu nutzen. In diesem Frequenzbereich weist die Atmosphäre geringe Dämpfungswerte auf, so dass breitbandige Richtfunkstrecken möglich werden. »Dadurch ist unsere Funkstrecke im Vergleich zu optischen Systemen zur Datenübertragung einfacher auszurichten und funktioniert auch bei schlechten Wetterbedingungen, wie Nebel oder Regen«, erklärt Jochen Antes vom KIT.
Bislang waren Funksysteme noch nicht in der Lage, die Bandbreite einer Glasfaser direkt weiter zu vermitteln. Das könnte sich zukünftig ändern, wie der Testaufbau des Projekts zeigt. Ein derartig leistungsfähiges System besäße auch den Vorteil der so genannten Bit-Transparenz, d. h. das Signal einer Glasfaser könnte direkt ohne energieaufwändige Umkodierung in eine Funkstrecke eingespeist, übertragen und am anderen Ende wieder mit einer Glasfaser weitergeleitet werden. Die Rekorddaten aus dem Versuchsaufbau sind dabei erst der Anfang. »Mit einer Verbesserung der spektralen Effizienz durch den Einsatz von komplexeren Modulationsformaten oder die Kombination mehrerer Kanäle, also Multiplexing, können wir noch höhere Datenraten erzielen«, ist sich Antes sicher. Das könnte dem Ausbau des Breitbandnetzes einen Schub geben. Vielleicht liegt Deutschland dann zukünftig im europaweiten Vergleich nicht mehr auf den hinteren Plätzen.
Über das Projekt
Das Projekt »Millilink« wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung BMBF im Rahmen der Fördermaßnahme »Breitband-Zugangsnetze der nächsten Generation« mit insgesamt zwei Millionen Euro unterstützt. Neben den beiden Forschungseinrichtungen Fraunhofer IAF und KIT sind an dem Projekt die Industriepartner Siemens AG, Kathrein KG und Radiometer Physics GmbH beteiligt. Ziel des Projekts ist die Einbindung von drahtlosen Links bzw. Funkstrecken in breitbandige optische Kommunikationsnetze, um insbesondere den ländlichen Raum mit schnellem Internetzugang zu versorgen. Weitere mögliche Anwendungen sind Indoor Wireless Local Area Networks (WLAN), Wireless Personal Area Networks (WPAN), sowie die Intra-Maschinen- und Board-to-Board-Kommunikation.
(Fraunhofer-Institut 2013)