Lasst die Quote sein. Ändert die Strukturen!

… aus der zweiwöchentlichen Kolumne „Anders denken“ von und mit Nicola Fritze.

Eine Frauenquote für das deutsche Top-Management? Seit langem wird darüber wieder heiß diskutiert. Der Hintergrund: während der deutsche Mittelstand circa dreißig Prozent seiner Führungsposten mit Frauen besetzt, schwankt der Anteil insbesondere in den Vorständen und Aufsichtsräten der Großkonzerne im niedrigen einstelligen Bereich. Daran ändert sich seit Jahren wenig, freiwillige Selbstverpflichtung hin oder her.

Es gibt viele gute Gründe für eine gesetzliche Frauenquote. Ich bin dennoch dagegen. Denn eine Quote ändert an den übergeordneten Strukturen der deutschen Arbeitswelt gar nichts – und setzt Frauen an der Spitze dazu dem Vorwurf aus, dort nur mit Hilfe der Quote hingelangt zu sein. Und das kann nicht Ziel der gezielten Frauenförderung sein.

Unsere Arbeitswelt ist nach wie vor auf der Ernährermodell der fünfziger und sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts ausgerichtet. Das ist häufig eine kaum überwindbare Hürde für Mütter (und Eltern generell), die nicht nur gut arbeiten wollen, sondern eben auch ihre Kinder erziehen. Insbesondere die allgegenwärtige Präsenzkultur am deutschen Arbeitsplatz ist hier ein echtes Problem. Jedes Studie zeigt: In Deutschland entscheidet nicht so sehr die tatsächliche Arbeitsleistung über das berufliche Vorankommen. Netzwerk, Habitus und vor allem überobligatorische Präsenz sind nach wie vor viel wichtiger. Das hat zwar alles recht wenig mit Qualifikation und Output zu tun, überwiegt in der Bewertung vieler Führungskräfte dennoch den tatsächlich messbaren Arbeitsresultaten. Hinzu kommt, dass Deutschland entgegen der schönen Sonntagsreden mit Ehegatten-Splitting und Kindergeld strukturell nach wie vor viel darauf ausrichtet, dass Frauen zuhause bleiben, anstatt trotz Kind arbeiten zu gehen. Das kostet um die sechzig Milliarden Euro im Jahr. Dieses Geld fehlt dann in Kitas oder Ganztagsschulen, die trotz hoher Nachfrage viel zu wenig Plätze bereitstellen können.

Solange sich diese Struktur nicht ändert, wird es ein anhaltendes Rekrutierungsproblem in deutschen Unternehmen geben, was weibliche Führungskräfte angeht. Viele Frauen entscheiden sich eben für ein Kind – und sind dann häufig gegen ihren Willen gezwungen, deutlich weniger als zuvor zu arbeiten, weil es an flexiblen Arbeitszeitmodellen und guter Kinderbetreuung fehlt. Wenig hilfreich ist hier auch, dass Teilzeitkräfte nach wie vor nicht wie vollwertige Arbeitnehmer behandelt werden. Dabei zeigen die meisten Statistiken, dass Teilzeitkräfte deutlich produktiver und effizienter arbeiten als das immer anwesende Vollzeitpersonal. Das trifft übrigens auch junge Väter, die gerne etwas weniger arbeiten würden, um auch für ihr Kind da sein zu können. Die Angst vor scheelen Blicken von Kollegen ist da oft ein Hindernis.

Sprich: Eine Frauenquote würde die Statistik am oberen Ende etwas verschönern. Strukturell ändern würde sie aber nichts. Hinzu kommt, dass jeder Arbeitnehmer das Gefühl haben möchte, eigenverantwortlich für den eigenen Erfolg zu sein. Das ist dann möglich, wenn Unternehmen alles dafür tun, für ihre Angestellten Chancengleichheit herzustellen. Das heißt, dass jeder Arbeitnehmer, egal ob Mann oder Frau, egal ob Vater, Mutter oder kinderlos, bei gleicher Qualifikation und qualitativem Output dieselbe Chance auf den nächsten Schritt auf der Karriereleiter erhält. Dafür muss natürlich die Infrastruktur stimmen. Dazu gehört im Zweifel eine Unternehmens-Kita, die Möglichkeit, einige Stunden pro Woche von zuhause aus zu arbeiten, eine klare Begrenzung von Sitzungs-, Email- und Anrufzeiten auf eine für alle geltende Kernzeit, usw. Diese Kultur der Rücksichtnahme funktioniert in skandinavischen Ländern schon heute. Wieso sollte es nicht auch hier gehen?

Auch hier gilt also: Anders denken, anders handeln. Weg von der Quote, hin zu echten Veränderungen. Jetzt heißt es: anpacken und Druck machen. Los geht’s!

Ihre Nicola Fritze

Zur Autorin:

Nicola Fritze ist Deutschlands Motivationsfrau. Mit ihrem Motto „Anders denken – anders handeln“ begeistert die Trainerin und Rednerin jährlich tausende von Menschen.

Ihre zwei Podcasts „Das Abenteuer Motivation“ und „Der Fritze-Blitz“ zählen zu den erfolgreichsten Podcasts zum Thema Motivation und Persönlichkeitsbildung. Ihre Hörsendungen erreichen mehr als 30000 Hörerinnen und Hörer.

Anfang 2011 erschien ihr neues Buch „Raus aus der Grübelfalle Wie Sie Ihre Denkgewohnheiten ändern und Ihre Persönlichkeit gezielt weiter entwickeln“. Hierin zeigt Nicola Fritze augenzwinkernd auf, wie wir mit Hilfe des Konzepts der inneren Stimmen handeln, statt immer nur zu grübeln.

Mehr über die Motivationsfrau erfahren Sie unter www.nicolafritze.de.

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