Rückzugstaktik: Nebenziel statt Hauptziel

… aus der vierzehntägig erscheinenden Themenserie „Win! Win! Verhandeln, um zu siegen“ vom Unternehmer-Berater Kurt-Georg Scheible. Nach „Durch ein SMARTes Ziel das Gewünschte erreichen “ erfahren Sie in dieser Folge, wie Sie durch eine geschickte Definition von Nebenzielen erfolgreich verhandeln, auch wenn Sie Ihr Hauptziel nicht erreichen.

Ein Nebenziel wird oft nicht wahrgenommen

Verhandlungen über Lohnerhöhungen sind oft ein zähes Tauziehen, z.B. Tarifverhandlungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern. Solche Gesprächsrunden haben in der Regel ein klar definiertes Ziel der Gewerkschaftsseite: Eine Erhöhung der Löhne um fünf oder nur drei Prozent. Das scheint angemessen und nicht besonders hoch zu sein. Dennoch ziehen sich solche Verhandlungen oft unnötig in die Länge und enden zur Unzufriedenheit aller. Eine Einigung der Parteien ist über lange Gesprächsphasen hinweg unmöglich. Zu weit liegen die Positionen auseinander. Die Verhandlungsgegner sehen die Alternativen nicht – Optionen, die sie selbst vielleicht als ein Nebenziel oder Teilziel verstehen würden.

Dabei ist es sinnvoll, sich neben dem Hauptziel auch ein Nebenziel zu überlegen. Vielleicht erreichen Sie Ihr Ziel nicht geradlinig, sondern nur über einen Umweg. Um sich nicht auf ein einzelnes Verhandlungsergebnis zu versteifen und somit Gefahr zu laufen, es nicht zu erreichen, kann es helfen, sich ein „Nebenziel“ zu überlegen. Auf den ersten Blick mag es den Anschein haben, dass man so das Hauptziel nicht oder zumindest nicht in absehbarer Zeit erreicht. Aber das täuscht.

Suche nach Alternativen: Festgefahrene Positionen lockern

Das Hauptziel einer Firma ist beispielsweise eine Preiserhöhung. Verluste aus einem misslungenen Geschäft müssen ausgeglichen werden. Nun gibt es für viele nur eine Möglichkeit: Ein bestimmter angebotener Artikel muss teurer werden. Nach entsprechenden Recherchen ist klar, eine Erhöhung um fünf Prozent muss es sein, da sonst die Kosten nicht mehr ausgeglichen werden können. Doch wie so oft bei Preisverhandlungen sind die Positionen bald festgefahren. Eine Einigung kommt nicht zustande.

Dabei wurde nicht bedacht, dass es mehrere Möglichkeiten gibt, die zusätzlichen Kosten abzufedern, die das Unternehmen aufbringen muss. Nicht nur eine Preiserhöhung von fünf Prozent würde die entstandene Finanzlücke ausgleichen, auch mit drei Prozent könnten die Verhandler bereits zufrieden sein, wenn so beispielsweise mehr Artikel verkauft werden können. Die Analyse im Vorfeld hat auch ergeben, dass eine Preissteigerung um drei Prozent kostendeckend ist, wenn bestimmte Zusatzkonditionen erfüllt werden. Das würde jedoch den Verhandlungsumfang etwas vergrößern.

Mittels Rückzugstaktik zumindest das Nebenziel erreichen

Soll aber von Vornherein die Strategie der Gewinnmaximierung beibehalten werden statt nur Kostendeckung zu erreichen, sollte man sich überlegen, die sogenannte „Rückzugstaktik” anzuwenden. Mit dieser Taktik lässt sich die Strategie der Gewinnmaximierung durchsetzen. In diesem Fall kündigt man an, eine fünfprozentige Preiserhöhung vorzunehmen. Treffen Sie auf Widerstand, können Sie sich gegebenenfalls auf Ihr Nebenziel von drei Prozent zurückziehen. Das ist nicht so viel wie angestrebt, aber doch ausreichend, wie die Analyse im Vorfeld ergeben hat. Kommt eine Einigung auf diesem Niveau zustande, wäre die Verhandlung dennoch ein Erfolg.

Das Erreichen eines Nebenziels stellt also keinen Verlust dar. Auf den ersten Blick scheint es, als ob Sie Ihr Hauptziel verpassen würden. Sie nähern sich ihm aber auf Umwegen an und haben hinterher einen Mehrwert realisiert, der zuvor nicht offensichtlich und somit schwer zu berechnen war.

Danke, sagt Ihr
Kurt-Georg Scheible

Über Kurt-Georg Scheible

Kurt-Georg Scheible schlägt die Brücke zwischen zwei Welten. Er ist seit 25 KurtGeorgeScheible007Jahren aktiver Unternehmer und Erfolgsverhandler. Gleichzeitig ist er erfolgreicher Redner, Autor und Dozent. Er begleitet Firmen bei komplexen Vertragsverhandlungen. Der High-Level Experte zeigt Unternehmen auch in verfahrensten Verhandlungssituationen den Weg aus der Win-Win-Falle.

Mehr über Kurt-Georg Scheible erfahren Sie unter www.kgscheible.de.

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