GEM-Länderbericht zeigt viele wachstumsstarke Gründungen in Deutschland / Generelles Gründungsdefizit bleibt nach Angaben der Forscher jedoch bestehen
Licht und Schatten im Gründerland Deutschland: Zwar hat sich die Position im internationalen Vergleich bei wachstumsstarken Gründungen weiter verbessert, aber bei der Zahl der Unternehmensgründungen je erwachsenem Einwohner insgesamt kann Deutschland kein vergleichbares Industrieland hinter sich lassen. Zu diesem Ergebnis kommt eine gemeinsame Studie des Instituts für Wirtschafts- und Kulturgeographie der Leibniz Universität Hannover und des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Im 13. Länderbericht Deutschland zum Global Entrepreneurship Monitor (GEM) analysieren die Wissenschaftler die Gründungseinstellungen und das Gründungsverhalten in Deutschland im Vergleich zu insgesamt 68 anderen Ländern weltweit.
Erfreulich ist, dass der Anteil der wachstumsstärkeren Opportunity-Gründer (das sind Personen, die mit der Selbstständigkeit ihr Einkommen erhöhen und eine erkannte Marktchance nutzen wollen) in Deutschland an allen Gründungen seit 2009 jährlich ansteigt und 2012 den höchsten Wert seit Beginn der GEM-Datenreihe im Jahre 1999 erreicht. Ebenfalls optimistisch stimmt das Ergebnis, dass im internationalen Vergleich die Gründer hierzulande innerhalb der ersten fünf Jahre nach der Gründung relativ viele Personen beschäftigen und vergleichsweise häufig die aktuelle Beschäftigtenzahl in diesem Zeitraum um mindestens 50 Prozent erhöhen wollen. Die sich darin äußernde Zuversicht ist in der deutschen Gründerszene neu, auch wenn die Aussagen nicht als Beleg für tatsächliche Beschäftigtenzahlen fehlinterpretiert werden dürfen. Positiv hat sich auch ein Teil des Gründungsklimas entwickelt: Knapp 35 Prozent der Befragten sehen gute Gründungschancen (Rang 7 weltweit).
Wenig befriedigend ist die Situation dagegen bei Gründungen generell: Beim Anteil der Unternehmensgründungen von 18- bis 64-Jährigen liegt Deutschland im unteren Mittelfeld der vergleichbaren 24 Industrieländer. Allerdings ist die Gründungsquote etwa auf dem hohen Niveau des Vorjahres stabil – und liegt damit deutlich über dem Niveau der Jahre vor 2010. Zu den wichtigsten Gründungshemmnissen in Deutschland zählen die befragten Experten die schulische und außerschulische Vorbereitung auf unternehmerische Selbstständigkeit sowie das Arbeitskräfteangebot für junge Unternehmen. Dafür schneidet Deutschland bei den öffentlichen Förderprogrammen und dem Schutz geistigen Eigentums im internationalen Vergleich sehr gut ab, wie die Wissenschaftler betonen.
Der Leiter der Studie, Prof. Rolf Sternberg, empfiehlt „an einer aktiven Gründungsförderpolitik von Bund, Ländern und Kommunen festzuhalten.“ Die Gründungslücke gegenüber vielen vergleichbaren Ländern könne mittelfristig durch eine stärkere Betonung unternehmerischer Selbstständigkeit in der Ausbildung in Schulen und Universitäten verringert werden. Zudem, so Sternberg, könne der Ausbau familienbezogener Infrastruktur zur besseren Vereinbarkeit von selbstständiger beruflicher Tätigkeit und Kindererziehung beitragen und dadurch mehr Frauen zur Gründung eines eigenen Unternehmens ermutigen. Während die Gründungsquote unter Männern seit 2008 kontinuierlich steigt, stagniert jene der Frauen.
Die Studie beruht auf den Daten des Global Entrepreneurship Monitor (GEM), einem Forschungskonsortium, das jährlich und weltweit vergleichbare Daten zu Unternehmensgründungen erhebt. Prof. Rolf Sternberg leitet das GEM-Team an der Leibniz Universität, Dr. Udo Brixy am Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung in Nürnberg. Die Studie im Internet: www.wigeo.uni-hannover.de/gem2012.html
(Universität Hannover)