Reimport Fahrzeuge: preisgünstige Alternative zu heimischen Neuwagen? Interview mit Marco Matanza von Europemobile

Um schnell und flexibel von A nach B zu kommen, fahren die Deutschen am liebsten mit dem Auto. Dabei sind insbesondere EU-Autos begehrt wie nie. Aktuellen Umfragen zufolge würden über 70 Prozent der Bundesbürger sogenannte reimportierte Fahrzeuge beim nächsten Autokauf berücksichtigen. Was diese Autos kennzeichnet und wie Sie so bares Geld sparen können im Vergleich zu heimischen Neuwagen, verrät Marco Matanza, der Geschäftsführer des erfolgreichen Onlinehandels für reimportierte EU Neuwagen Europemobile, im Interview.

Mehrwertsteuersätze, Qualität und Co.: Das kennzeichnet Reimport Fahrzeuge

Guten Tag Herr Matanza, Autos sind noch immer das liebste Fortbewegungsmittel der Deutschen. Hier könnten sie auch von den Grundsätzen der EU profitieren. Denn diese wurde mitunter gegründet, um das soziale und wirtschaftliche Niveau der europäischen Staaten aneinander anzugleichen. In dem Zug wurden zwar Zölle des Binnenmarkts abgeschafft. Dennoch sind verbliebene Unterschiede spürbar, etwa was die Mehrwertsteuer betrifft. Wie groß sind die Differenzen von Steuern heute noch und was bedeutet das für den Neuwagenkäufer?

Anders als in Deutschland liegen die Ersparnisse bei den Nettolistenpreisen im EU Ausland bei bis zu 10 Prozent, wegen der unterschiedlichen Mehrwertsteuersätze.  Hinzu kommt, dass in einigen Ländern noch Luxussteuern oder Zulassungssteuern anfallen. So werden Neuwagenkäufer in Dänemark oder Holland mit Luxussteuern von bis zu 140 Prozent zusätzlich belastet. Aus diesem Grund sind die Hersteller gezwungen, die Listenpreise der Neufahrzeuge entsprechend anzupassen, damit diese für Verbraucher noch erschwinglich bleiben.

Europäische Autoproduzenten bieten ihre Fahrzeuge in verschiedenen Ländern zu unterschiedlichen Preisen an. Ist die Qualität trotzdem gleich? Und sind die Gewinnmargen so hoch, dass Autos bei den Nachbarn günstiger angeboten werden können oder sind das Mischkalkulationen?

Reimport Fahrzeuge haben keine Unterschiede in der Qualität, der Verarbeitung oder bei der Herstellergarantie. Für die Produzenten würde eine Differenzierung nach Auslieferungsland mehr Kosten verursachen, als diese Einsparungen bringen würde. Alleine die Materialwirtschaft wäre um ein Vielfaches komplexer, als sie ohnehin schon ist. Die Gewinnmargen pro Fahrzeug liegen in der Regel zwischen 20 Prozent und knapp über einem Prozent – es muss sich also um eine Mischkalkulation handeln.

Sie haben sich nicht auf eine Automarke festgelegt und importieren auch asiatische Fahrzeuge. Ist dieser Weg lukrativer als exklusive Händlerverträge?

Tatsächlich werden Vertragshändler durch die jeweiligen Konzerne in ihrer Selbständigkeit stark eingeschränkt. Von der Geschäftsausstattung bis zu Absatzvorgaben ist alles ganz klar vorgeschrieben. Mich diesem Zwang zu unterwerfen, widersprach ganz einfach meiner Auffassung von Selbständigkeit. Als freier Mehrmarkenhändler kann ich je nach Notwendigkeit meine Kalkulation anpassen und flexibel auf Angebot und Nachfrage am Markt reagieren. Natürlich gibt Vor- und Nachteile – wie überall – aber in der Summe sehen wir uns in einer komfortableren Situation, als ein Vertragshändler.

Kaufen Sie die Reimport Fahrzeuge direkt ab Werk beziehungsweise bei ausländischen Vertragshändlern, oder variieren Sie Ihre Bezugswege?

Neufahrzeuge werden grundsätzlich direkt über ausländische Vertragshändler oder die Generalimporteure bezogen. Auf Vermittler oder Zwischenhändler greifen wir nicht zurück. Hier hat die jahrelange Erfahrung einfach gezeigt, dass der direkte Kontakt mit Vertragspartnern am zuverlässigsten ist.

Wenn Sie einen Dacia in Rumänien ab Werk kaufen und ein deutscher Dacia-Vertragshändler tut das gleiche mit Händlerrabatt, – warum ist Ihr Dacia am Ende günstiger?

Ich habe keinen Einblick in die Kalkulation deutscher Dacia-Vertragshändler. Vermutlich spielen hier anfallende Kosten, wie zum Beispiel für Gebäude, Werkstatt, Personal und Marketing eine Rolle. Als Internethändler profitieren wir von einer schlanken Vertriebsstruktur und damit auch von niedrigeren Kosten. Zusätzlich erhalten wir auch Großabnehmerrabatte – immerhin verkaufen wir markenübergreifend jährlich circa 3.000 Fahrzeuge.

Premium-Marken wie Mercedes oder Porsche finden sich nicht in Ihrem Angebot, warum?

Unser Portfolio an unterschiedlichen Marken verändert sich laufend. Auch Premiummarken wie Audi oder BMW bieten wir regelmäßig an. Bei einigen Marken ist jedoch der Preisvorteil schlichtweg zu gering oder die Kontingente so stark limitiert, dass es keinen Sinn macht, diese Modelle anzubieten. Aber wir kaufen immer wieder vereinzelt Pakete an Premiumautos, sowohl als Reimport Fahrzeuge, aber auch als deutsche Ausführung. So haben wir derzeit BMW und Mercedes Modelle, die wir mit bis zu 30 Prozent günstiger gegenüber dem deutschen Listenpreis anbieten können.

Sie verkaufen keine amerikanischen Autos, wenn man von der Fiat-Chrysler-Tochter Jeep und Ford absieht, die auch in Europa produzieren. Hätten der diskutierte Wegfall oder die mögliche Erhöhung von Zöllen zwischen EU und den USA Auswirkungen auf Ihr Geschäft?

Das ist richtig! Amerikanische Autos sind meiner Erfahrung nach nur für eine kleine Käufergruppe interessant. Daher ist die Nachfrage danach nicht sonderlich hoch. Zusätzlich käme es bei Direktimporten aus den USA noch zu aufwendigen Umrüstungen und Abnahmen durch den TÜV für die Zulassung in Deutschland. Auch die Transportorganisation ist nicht zu vernachlässigen und bindet Personalkapazitäten. Deswegen sollte man sich entweder auf solche Fahrzeuge spezialisieren, oder sie erst gar nicht in sein Angebot mit aufnehmen.

Exportfahrzeuge haben manchmal andere Ausstattungen als auf dem heimischen Markt. Müssen Sie Reimport Fahrzeuge nachrüsten oder mindern andere Kriterien den Wert der Autos?

Im Gegenteil. Meist verfügen die Reimport Fahrzeuge sogar über eine umfangreichere Serienausstattung! Im EU-Ausland werden oftmals Ausstattungspakete im Rahmen von Sonderaktionen kostenlos angeboten. Die gehen beim deutschen Vertragshändler richtig ins Geld. Nachrüstungen zur Erfüllung der Zulassungskriterien sind nicht notwendig. Die Fahrzeuge verfügen alle über ein sogenanntes CoC-Dokument oder auch EU-Übereinstimmungserklärung genannt, mit dem die Zulassung innerhalb der EU problemlos möglich ist. Schließlich kommen die Fahrzeuge allesamt von einem Förderband, egal ob aus Deutschland, oder aus der EU.

Wie sieht es für den Käufer mit Garantieleistungen und Service bei Reimport Fahrzeugen aus? An wen wenden sich die Kunden bei einer Panne?

Die Herstellergarantie ist innerhalb der EU einheitlich geregelt. Egal aus welchem EU-Land die Reimport Fahrzeuge kommen, die Hersteller sind zur Erbringung von Garantieleistungen auch in Deutschland gesetzlich verpflichtet. In der Praxis sind uns auch keinerlei Probleme bekannt – letztendlich verdient die Vertragswerkstatt an der Erbringung von Garantieleistungen. Denn die Kosten hierfür werden an die Hersteller weiterverrechnet. Auch Wartungs- und Reparaturarbeiten werden anstandslos durchgeführt. Somit schließt sich auch der Kreislauf der europaweiten Herstellergarantie.

Warum kaufen Kunden noch Autos, die für den deutschen Markt produziert wurden, wenn Reimport Fahrzeuge bei gleicher Qualität günstiger sind?

Zum Thema Reimport geistern zahlreiche Halbwahrheiten herum. Aufgrund der enormen Preisvorteile von EU-Fahrzeugen im Vergleich zu solchen vom deutschen Vertragshändler, werden oftmals EU-Fahrzeugen minderwertige Eigenschaften angedichtet, um den Preisunterschied zu rechtfertigen. Nicht selten werden Kunden beim Vertragshändler vor Ort dann völlig verunsichert und bezahlen letztendlich aus Angst mehr als notwendig. Man darf auch nicht vernachlässigen, dass der Preisvergleich heute weitestgehend im Internet erfolgt. Das betrifft zwar weniger ältere Käufer, die dieses Medium nicht so stark für ihre Entscheidungsfindung nutzen. Jüngere Generationen sind es jedoch gewohnt, Alltagsgegenstände wie Handys oder Mode sowie andere Einkäufe auf Marktplätzen im Internet zu tätigen. Dieser Trend findet sich zunehmend auch bei Fahrzeugen. Dennoch verlässt den Käufer oftmals der Mut, wenn es um große Anschaffungen, wie ein Auto, geht. Obwohl das mit den neuen ausgeprägten Verbraucherschutzgesetzen in Deutschland heute überhaupt kein Risiko mehr darstellt, wenn man sich an bekannte und seriöse Internethändler wendet.

Sie vertreiben Ihre Fahrzeuge über einen Onlineshop. Damit können Sie eine große Auswahl bieten, ohne teure Autohäuser zu unterhalten. Gibt es Vorbehalte bei der Kundschaft, wenn sie ihr Fahrzeug nicht zuvor sehen, anfassen und Probefahren können?

Dass das gewünschte Fahrzeug nicht zum Anschauen verfügbar ist, bedeutet nur bedingt ein Nachteil für uns. Generell kennen unsere Kunden die Fahrzeuge, die sie bei uns kaufen beziehungsweise sie sind häufig schon Probe gefahren. Als innovatives und seriöses Unternehmen bekommen unsere Kunden erstklassigen Service, absolut sichere Zahlungsmethoden, einen Kaufvertrag nach deutschem Recht sowie weitere spezielle Dienstleistungen. Sie können sich ihr Wunschfahrzeug direkt per Spedition bis vor die Haustüre liefern lassen und dann innerhalb von sieben Tagen – ganz ohne Risiko – per Überweisung bezahlen. Anzahlungen sind nur in absoluten Ausnahmefällen zu leisten, wenn das Fahrzeug in marktunüblicher Ausstattung oder Lackierung gewünscht wird. Auch eine Zahlung per Treuhandkonto ist möglich. Hier wird der Kaufbetrag durch den Kunden erst freigegeben, nachdem er den Neuwagen auf Vollständigkeit und Unversehrtheit geprüft hat. Entscheidet sich der Kunde für eines der circa 200 sofort verfügbaren Lagerfahrzeuge auf unserem Hof, so ist natürlich auch eine Besichtigung bei uns vor Ort möglich.

Ist Ihr Geschäftsmodell skalierbar für andere Länder und sind Autohäuser mittelfristig eine aussterbende Spezies?

Das ist eine gute Frage und nicht so einfach zu beantworten. Sicher ist, dass es Autohäuser auch in Zukunft geben wird. Ich denke jedoch, dass sich der Schwerpunkt vom klassischen Autohaus noch mehr in Richtung Werkstattgeschäft verlagern wird. Die digitale Revolution findet nun auch im Automobilhandel statt. Es würde mich nicht überraschen, wenn die Hersteller in absehbarer Zeit versuchen, auch direkt über Online-Vertriebskanäle ihre Fahrzeuge an den Endkunden zu verkaufen. Das ist schon teilweise bei einigen Anbietern der Fall.

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Geschäftsführer von Europemobile Marco Matanza. (Bild: © Marco Matanza)

Generell aber denke ich, dass sich die Branche in den nächsten 10 Jahren stark wandeln wird. Vorstellbar wäre eine Mischung aus digitaler Herstellerdominanz und auserwählten Vertragshändlern, die weiterhin in der Auslieferungsstrategie der Hersteller eine wichtige Rolle spielen. Das bedeutet, dass sich der freie Handel rüsten sollte. Denn die Geschäftspolitik der Automobilhersteller könnte wegen Veränderungen der Gesetzgebung und neuer Anforderungen des Marktes außerordentliche Maßnahmen mit sich bringen. So kann der freie Handel stark in Bedrängnis geraten. Nichtsdestotrotz bleibt eine Spannung zwischen Abhängigkeiten und Wettbewerbsverdrängung. Und nur wer es schafft, künftig neue Meilensteine für sein Unternehmen zu setzen sowie innovative digitale Veränderungen zuzulassen, wird sich durchsetzen.

Herr Matanza, wir danken für Ihre interessanten Antworten zum Thema Reimport Fahrzeuge.

Das Interview mit Marco Matanza führte Karin Kreuzer, Redakteurin des Wirtschafts- und Mittelstandsmagazins AGITANO.

Über Europemobile GmbH

Marco Matanza ist seit 17 Jahren im Handel mit Reimport Fahrzeugen tätig. Als Geschäftsführer der Europemobile GmbH hat er sich auf Neuwagen aus Europa spezialisiert, aber das Spektrum von Europemobile bietet auch viele asiatische Automarken an. Zudem vertreibt der bayrische Online-Händler auch neuwertige Gebrauchtwagen.

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