Beispielszenario: Missverständnisse im Verkaufsgespräch
Stellen Sie sich folgende Situation vor:
Sie stehen wegen eines Einbruchsdiebstahls in Kommunikation mit Ihrer Versicherung. Der gesamte Prozess ist kommunikationsschwach, und Sie mussten immer wieder nachhaken, um zu erfahren, welche Summe denn nun insgesamt erstattet würde, da Sie Rechnungen für alle neu gekauften Schmuckstücke vorlegen sollen. Die genannten Summen variierten und Sie baten wiederholt um Klärung. Schließlich wurde Ihnen schriftlich eine endgültige Summe genannt und Sie haben emsig neuen Schmuck gekauft, bis diese Höhe erreicht war. Sie legen Ihre finale Abrechnung vor, und nun verlautbart die Versicherung, dass insgesamt Euro 450,- weniger erstattet werden können, als ursprünglich angegeben. Sie rufen Ihren Versicherungsvertreter, Herrn H., an. Dieser geht sofort in Verteidigungsstellung. „Das kann nicht sein, da haben Sie etwas falsch verstanden.“ Sie antworten, die E-Mail sei eindeutig gewesen. „Doch, da verstehen Sie etwas nicht, das ist eindeutig. Weil ich, ich habe ganz sicher alles richtig gemacht.“, entrüstet sich H.
So geht es wie beim Ping Pong noch eine Weile hin und her. Sie werden jetzt auch energischer im Ton und verweisen abermals auf die kommunizierte Summe. Herrn H. interessiert diese Tatsache wenig, er versteigt sich sogar zu der Bemerkung, „sich ja stets bemüht zu haben und für ihn sei der Fall hiermit abgeschlossen.“ Sie beenden wütend das Gespräch und wenden sich im Anschluss an eine höhere Stelle in der Hierarchie der Versicherung. Dort stellt sich heraus, dass in der Kalkulation ein Fehler entstanden war und man Ihnen in dieser Mail-Korrespondenz irrtümlich eine zu hohe Summe genannt hatte. Nach langem Kampf und umständlichen Korrespondenzschleifen bekommen Sie die gesamte Summe erstattet. Sobald das Geld eingetroffen ist, kündigen Sie bei dieser Versicherung. Ihr Vertrauen ist dahin. Und Sie schildern sehr, sehr vielen Personen Ihre negative Erfahrung.
Zuhören, zuhören, zuhören
Wie schaffen es Unternehmen und ihre Mitarbeiter, Kunden so zu vergrämen, dass diese desillusioniert das Weite suchen? Und das betroffene Unternehmen mit einem wahren Bumerangeffekt an schlechter Reputation rechnen darf. Es geht dabei im Grunde stets um eine Sache, die sträflich vernachlässigt wird. Diese Verkäufer hören ihren Kunden nicht zu! Sie sind in Gedanken schon dabei, ihre Verteidigung zu formulieren und bekommen die Quintessenz der Aussagen gar nicht mit.
Versicherungsvertreter H. ist ein klassisches Beispiel dafür. Er war vom Beginn des Gesprächs an ausschließlich bei sich selbst. Was ihn interessiert hat, war nur seine Sicht der Dinge und dabei vor allem die Tatsache, dass er ja keinesfalls einen Fehler gemacht hätte. Einen Kunden, der ohnehin schon mega sauer ist, weil etwas nicht funktioniert hat, interessiert das nicht im Geringsten. Ein solcher Kunde will als erstes das Gefühl haben, dass man ihm zuhört und seine Beschwerde oder Sorge ernst nimmt. In so einem Fall auch noch dreist zu behaupten, man „habe sich ja bemüht“ gießt nur Öl ins Feuer und lässt das Gespräch mit hoher Wahrscheinlichkeit eskalieren. Wie es das obige Beispiel drastisch zeigt.
Was hätte Herr H. in diesem Fall sagen müssen? Einige zustimmende „Mhm, mhm“, gefolgt von einem „ich verstehe“, hätten sofort stimmungstechnische Wunder gewirkt. Gefolgt von der Zusicherung, sich die Causa noch einmal näher anzusehen und sich an einem bestimmen Tag dazu zu melden. Mehr wäre gar nicht erforderlich gewesen in diesem Moment. Was in einem solchen Fall gefordert ist, sind aktives Zuhören, das Eingehen auf die Situation und die Zusicherung, sich für eine Lösung einzusetzen. Kunden sind nicht daran interessiert, wo der Fehler im Unternehmen liegt oder wer unschuldig ist: Sie wollen eine schnelle und klare Lösung zu ihren Gunsten!
Wer Aufmerksamkeit schenkt, bekommt das Ohr des Kunden
Gut zuhören zu können, ist nicht nur im Falle von Beschwerdesituationen wichtig, sondern auch im Verkauf. Nur jene Verkäufer, die im Rahmen der Kaltakquise am Telefon die richtigen Fragen stellen und deren Beantwortung genau wahrnehmen und analysieren, werden langfristig erfolgreich sein und das Ohr des Entscheiders haben. Und wer das erreicht hat, der wird auf den Abschluss nicht lange zu warten brauchen. Denn wer wahres Interesse zeigt, der verkauft!
Spiegeln Sie Ihr Gegenüber
Wie funktioniert das „Zuhören am Telefon“ nun in der Praxis? Es geht im Prinzip ganz einfach: Spiegeln Sie Ihr Gegenüber! Passen Sie sich in Wortwahl und Stimme Ihrem Gesprächspartner an. Und vor allem: Paraphrasieren Sie das, was Sie hören. Wiederholen Sie in Ihren eigenen Worten, was Ihr Telefonkontakt gerade erklärt hat und leiten Sie auf diese Weise dazu über: „Habe ich Sie richtig verstanden, dass dies so und so abgelaufen ist …“. Erstens sind Sie selber dann sicher, wirklich richtig zugehört und alles verstanden zu haben und zweitens fühlt sich Ihr Gesprächspartner sofort angenommen, verstanden und wertgeschätzt. Und das ist sehr wichtig, denn wer sich in einem Gespräch, vor allem einem Beschwerdegespräch, „abgeschasselt“ und nicht für voll genommen fühlt, in dessen Gehirn gehen Alarmglocken los.
Wenn das limbische System anspringt, wird es brenzlig
Was passiert denn in den Gehirnen, wenn ein Gespräch so verläuft, wie jenes zu Beginn dieses Artikels? Unser limbisches System reagiert sofort, und zwar viel schneller als unsere Ratio dies je könnte. Wir fühlen uns bedroht und kennen nur noch zwei Verhaltensmuster: Angriff – man beginnt, den Gesprächspartner verbal zu attackieren – oder Flucht, was im Falle eines Telefonats das sofortige Auflegen bedeutet. Beides ist im Business nicht wirklich angebracht und hinterlässt verbrannte Erde.
Wenn Sie sich also in einer kommunikativ schwierigen Situation mit einem Kunden befinden, dann reagieren Sie von jetzt an lieber so:
- Zeigen Sie positives Verständnis für die Situation.
- Machen Sie verbal klar, dass Sie verstehen, wie es dem Kunden gerade ergeht. Keine Sorge, Verständnis zu äußern heißt nicht gleich, dass Sie allem, was der Kunde verlangt, auch zustimmen.
- Geben Sie eindeutig zu verstehen: „Ich will Sie als Kunden behalten, Sie sind mir wichtig!“
- Lassen Sie Ihren Kunden selber die Lösung zu dem Problem finden und dazu einen Vorschlag machen. Sie werden überrascht sein, mit wie wenig Kunden sich oft zufriedengeben. Sie wollen einfach nur Ihre volle Aufmerksamkeit und wünschen gehört werden!
Probieren Sie es einfach bei Ihrem nächsten Gespräch aus. Sie werden rasch erkennen, sobald Sie das aktive Zuhören praktizieren, tauchen im beruflichen wie im privaten Kontext wesentlich weniger Konflikte und Spannungen auf und Sie werden viel mehr Erfolg haben. Zuhören lohnt sich!
Über Ulrike Knauer
Ulrike Knauer ist Vortragsrednerin, Trainerin und Autorin und gilt als Expertin für das Thema „Wahres Interesse verkauft“. Ulrike Knauer war lange Jahre erfolgreich im Bereich internationaler Marktaufbau tätig, unter anderem für die englische Post „Royal Mail“ als Geschäftsführerin in sieben Ländern. Weitere beruflich weichenstellende Stationen stellten ihr Engagement als Direktorin bei der Berlitz Sprachschulen GmbH und ihre Tätigkeit als Key Account Managerin bei Sixt dar.
Ihre unterhaltsamen und praxisnahen Keynotes, wie zum Beispiel „Wer wahres Interesse zeigt, erzeugt Interesse an der Ware“, überzeugen und reißen ihre Zuhörer mit. Ihre Trainings zeichnen sich durch hohes psychologisches Know-how, fundiertes Fach- und Praxiswissen sowie geballte Motivationskraft aus. Praktisch und praxisorientiert zeigt sie Führungskräften und Mitarbeitern – auch in englischer Sprache – wie mit Selbstbewusstsein und Kompetenz Abschlussquoten von über 90 Prozent zu erreichen sind. Eine Quote, die Ulrike Knauer in ihrer langjährigen Tätigkeit in der Praxis regelmäßig erreicht und bewiesen hat. Die mehrfache Autorin (unter anderem „Was Top Verkäufer auszeichnet – Vertriebserfolg mit Ethik statt Abzocke“, „Mit den Augen hören – Mit allen Sinnen die Sprache des Körpers verstehen“) lebt heute in Österreich.
Mehr zu ihrer Person finden Sie auf www.ulrikeknauer.com.