Wahres Interesse kommt nicht von ungefähr – Ulrike Knauer im Interview
Frau Knauer, Sie sprechen vom „wahren Interesse“, das Verkäufer im Umgang mit ihren Ansprechpartnern und Entscheidern entwickeln müssen. Was können sich unsere Leser darunter vorstellen?
Wir kennen doch alle diese Situation, dass das Telefon klingelt und die Person am anderen Ende uns etwas verkaufen will. Meist erfolgen diese Anrufe in einer Art einstudiertem und viel zu schnellem Verkaufs-Sing-Sang, den wir gar nicht richtig verstehen. Was sagen wir dann automatisch zu diesem Anrufer, der uns ja im Grunde nur stört: „Ich habe kein Interesse“. Das ist bei näherer Betrachtung eine seltsame Wortwahl, denn da wir dem, was da angeboten wurde, gar nicht folgen konnten, wissen wir ja nicht, ob wir überhaupt Interesse haben oder nicht.
Hier läuft auf der unterbewussten Ebene etwas ganz anderes ab. Wir spiegeln nämlich dem Anrufer – völlig automatisch – genau dessen Verhalten uns gegenüber zurück. Er ist es ja, der durch seine unpersönliche Akquiseattacke jegliches Interesse an uns als Kunden fehlen lässt. Und wer kein Interesse zeigt, der bekommt logischerweise auch keines zurück. Eine Akquise, die erfolgreich sein soll, kann nur auf einer personalisierten Ebene erfolgen mit Fragen und Herangehensweisen, die eben ein echtes, wahres Interesse am potentiellen Kunden zeigen und keine stereotyp jedem Angerufenen in der gleichen Form heruntergebeten Worthülsen.
Das bedeutet also, Ihrer Meinung nach haben viele Verkäufer dieses wahre Interesse scheinbar nicht? Woran liegt das?
Die meisten Verkäufer erhalten von ihren Vorgesetzten sehr viel Druck in Form von endlosen Namenslisten, die sie abtelefonieren sollen. „Akquirier mal eben …“ heißt es dann. Diese Verkäufer – vor allem, wenn sie auch noch am Beginn ihrer Karriere stehen – folgen der Order dann blindlings und telefonieren im galoppierenden Gehorsam mit immer denselben Aussagen die Listen ab. Ich kenne das aus eigener Erfahrung. Zu Beginn meiner Laufbahn im Verkauf bekam ich von meinem Chef auch so eine Liste in die Hand gedrückt und rief brav alle an. Mit mehr als mageren Ergebnissen. Erst mit der Zeit habe ich erkannt, dass Kunden bei MIR kaufen, aufgrund der Art und Weise, wie ich mit ihnen umgehe, auf sie eingehe, mich für sie und ihre Bedürfnisse interessiere. Ich begann, mich auf jeden Anruf viel besser vorzubereiten, habe diese Unternehmen und ihre Entscheider recherchiert und sie auf persönliche Art und Weise angesprochen. Ja, das dauert länger, aber es bringt greifbare Ergebnisse.
Woran erkennen Kunden oder potenzielle Kunden, ob die Person, die ihnen etwas verkaufen will, wahrhaftig an ihnen, dem Unternehmen und den Wünschen und Bedürfnissen interessiert ist? Oder eben im Umkehrschluss merken genau, dass der Verkäufer eigentlich eine ganz andere – eigennützige – Agenda verfolgt?
Ein eindeutiger Hinweis auf diese eigennützige Agenda ist es sicherlich, wenn ein Verkäufer dem Einkäufer um jeden Preis etwas aufoktroyieren will, ihn also sehr eindeutig pusht, diese Produkte einmal zu probieren. Jemand, der wahres Interesse hat und sich in dieses Telefonat oder in dieses persönliche Gespräch hineinfühlt mit allen Sinnen, würde dies nie tun. Fortgeschrittene Verkäufer, die der Philosophie des wahren Interesses im Verkauf anhängen, vermeiden solche Taktiken. Sie wissen, dass Kunden nichts verkauft bekommen wollen, sondern sich wünschen, proaktiv zu kaufen!
Wie zeigt man denn als Verkäufer dieses wahre Interesse genau?
Wahres und echtes Interesse zu zeigen ist gar nicht so einfach. Es soll ja nicht aufgesetzt oder übertrieben wirken. Und die verschiedenen Persönlichkeitstypen brauchen da ganz unterschiedliche Zugänge. Das echte Interesse im Verkauf beginnt damit, dass sich Verkäufer diese Frage stellen: Wer ist mein Ansprechpartner denn eigentlich? Handelt es sich um eine extrovertierte Person? Wenn ja, dann dürfen diese Menschen im Verkaufsgespräch nicht mit Prozessen und Details gelangweilt werden. Oder ist das ein Typ, der alle Zahlen, Daten und Fakten braucht, als Sicherheit in seiner Entscheidungsfindung? Passen Sie sich auch in Sprache und Körpersprache – ja, das funktioniert auch am Telefon – an den Persönlichkeitstyp an, der mit Ihnen im Gespräch ist. So bauen Sie eine schöne und ausgeglichene Beziehungsebene auf Augenhöhe auf. Wenn Sie es nicht schaffen, mit Ihrem Einstieg in dieses gegenseitige Vertrauen zu gehen, das Vertrauen Ihrer Kunden zu gewinnen, dann können Sie gleich aufhören. Denn: Kunden kaufen nur, wenn sie vertrauen!
Vielen Dank, Frau Knauer, für die aufschlussreichen Gedanken und Ausführungen zum Thema wahres Interesse am Verkauf und woran man es erkennt! Im zweiten Teil des Gesprächs geht es um den Unterschied, den wahres Interesse am Verkauf tatsächlich ausmacht, und um wertvolle Praxistipps für die Kundenakquise.
Das Interview mit Ulrike Knauer führte Oliver Foitzik, Herausgeber AGITANO und Geschäftsführer der FOMACO GmbH.
Den zweiten Teil des Interviews zum Thema, welchen Unterschied das wahre Interesse am Verkauf macht und wie Sie es selbst umsetzen, finden Sie hier.
Über Ulrike Knauer
Entscheidungen treffen wir zu über 90 Prozent aus der Emotion und suchen dann den Beweis für diese Entscheidung in der Ratio – genau diesen Umgang mit den Emotionen in Verkauf, Verhandlung und Positionierung trifft Ulrike Knauer auf den Punkt. Praxisnah, authentisch und inspirierend.
Mehr zu ihrer Person finden Sie auf www.ulrikeknauer.com.