Energetische Gebäudesanierung: Eckpfeiler der Energiewende vernachlässigt, Internettool hilft

OFFENER BRIEF:  Gebäudeenergieeffizienz –  zwei Jahre nach Beginn der Energiewende

Ohne energieeffiziente Gebäude keine Energiewende  Vor rund zwei Jahren haben Bundestag und Bundesrat unter dem Eindruck der verheerenden Reaktorkatastrophe von Fukushima dem Energiesystem in Deutschland einen radikalen Umbau verordnet. Das Großprojekt „Energiewende“ stellt gleichzeitig eine wirtschafts- und umweltpolitische Notwendigkeit und eine der größten politischen Gestaltungsherausforderungen unserer Zeit dar. Diese Energiewende bedeutet aber nicht nur den Umbau der Angebotsseite von Atomstrom auf regenerative Energieträger und die Gestaltung eines damit kompatiblen neuen Energiemarktdesign, sondern auch die Realisierung der großen Energieeffizienzpotenziale auf der Nachfrageseite. Ohne die Erschließung der Effizienzpotenziale kann die Energiewende insgesamt nicht gelingen.

Der mit rund 35 Prozent größte Anteil des Energieverbrauchs in Deutschland entfällt auf den Gebäudebereich. Und die Einsparpotenziale, die maßgeblich durch die kontinuierliche energetische Sanie-rung des Gebäudebestandes erschlossen werden können, sind enorm. Ein Großteil der heutigen Gebäude ist mehr als 35 Jahre alt und verfügt weder über eine Gebäudedämmung, noch über zeitgemäße Heizungstechnik. Nur etwa fünf Prozent des Gebäudebestandes sind energetisch auf der Höhe der Zeit. Eine beschleunigte energetische Gebäudesanierung kommt nicht nur der deutschen Volkswirtschaft zu Gute. Sie birgt auch ein erhebliches Potenzial zur CO2-Minderung und kann die zusätzlichen CO2-Emissionen ausgleichen, die aus der mit dem Atomausstieg einhergehenden Intensivierung der Stromproduktion aus Kohle und Gas resultiert. Der Gebäudesektor liefert somit einen zentralen Schlüssel zum Gelingen der Energiewende.

Eine umsichtige Energiepolitik muss die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Energieeffizienz von Gebäuden mit der gleichen Dringlichkeit behandeln wie den Umbau des Stromsystems. Die Allianz für Gebäude-Energie-Effizienz (geea), die Unternehmen und Verbände entlang der gesamten Wertschöpfungskette für Energieeffizienz im Gebäudebereich repräsentiert, sieht noch erheblichen Handlungsbedarf.

Chancen nutzen: Kernelemente einer zielführenden Gebäudeeffizienzpolitik

Die geea appelliert an die politisch Verantwortlichen auf Bundes- wie Landesebene, ihrer Verantwortung für die Gestaltung eines zukunftsfähigen Energiesystems gerecht zu werden. Wir fordern verlässliche und funktionierende Rahmenbedingungen für mehr energetische Gebäudesanierung.

  1. Eine zielführende und adressatengerechte Förderung muss Aktivierungsimpulse liefern, Anschubeffekte bei potenziellen Investoren auslösen und privates Kapital mobilisieren. Die geea befürwortet die Einführung einer steuerlichen Förderung der energetischen Gebäudesanierung im Sinne eines ausgewogenen Mixes zusammen mit Förderkrediten und Zuschüssen. Mittelfristig muss der Staat ein Fördervolumen von fünf Milliarden Euro bereitstellen, um die erforderlichen Energieeffizienzziele im Gebäudebereich zu erreichen. Zudem hält die geea eine langfristige, verlässliche Sicherung aller Fördermittel für notwendig, um Investitionssicherheit zu gewährleisten.
  2. Ein stringentes und möglichst schlankes Ordnungsrecht muss den rechtlichen Rahmen für Energieeffizienz beim Bauen und Sanieren vorgeben. Es muss technologieoffen und energieträgerneutral sein und den Bauherren sowie Eigentümern größtmögliche Freiheiten gewähren, welche Maßnahmen sie zur Einhaltung der Energieeffizienzvorgaben wählen. Eine Erhöhung der energetischen Anforderungen an Neubauten in Höhe von 25 –30 Prozent in ein oder zwei Schritten sieht die geea auch vor dem Hintergrund der bereits heute realisierten Baupraxis als sinnvoll an. Eine grundsätzliche Verpflichtung zur Sanierung im Gebäudebestand lehnt die geea ab – alle bisherigen Erfahrungen zeigen, dass dies die Unterstützung der Energiewende in weiten Kreisen der Bevölkerung beeinträchtigen würde. Wichtig ist zudem, das derzeit sehr komplexe Ordnungsrecht deutlich zu vereinfachen und Investoren durch eine Verstetigung der weiteren Ausgestaltung Sicherheit zu verleihen.
  3. Bestehende Marktinstrumente müssen optimiert und neue Instrumente entwickelt werden. Im Fokus müssen dabei qualitativ hochwertige und praxisgerechte Angebote stehen. Vor allem die Aussagekraft des Energieausweises für Gebäude muss gestärkt werden. Zudem ist eine intensive Information der Eigentümer über die Vorteile der energetischen Sanierung und über passgenaue Dienstleistungen – z.B. Energieberatungen – erforderlich.

Die energetische Sanierungsquote liegt seit Jahren konstant bei knapp einem Prozent pro Jahr – zu wenig, um die seitens der Politik selbst gesteckten Effizienzziele zu erreichen. Zudem sichern nur energieeffiziente Gebäude auch langfristig bezahlbares Wohnen. Eine Verdopplung der Sanierungsquote auf ca. zwei Prozent würde milliardenschwere Investitionen auslösen. Davon würden nicht nur zahlreiche mittelständische Handwerker, Architekten, Ingenieure und Industrieunternehmen profitieren, deren hochwertige Produkte in aller Welt gefragt sind. Auch jedem einzelnen Bürger kommt die Sicherstellung zukünftig weiterhin bezahlbaren, klimafreundlichen Wohnens zu Gute.

Spätestens mit Beginn der neuen Legislaturperiode müssen die politisch Verantwortlichen in Bund und Ländern gemeinsam die Rahmenbedingungen für die Erschließung von Energieeffi-zienzpotenzialen auf eine tatsächlich tragfähige und zielführende Grundlage stellen. Die Allianz für Gebäude-Energie-Effizienz (geea) steht als Partner zur Verfügung, um die Rahmenbedingungen für die Energiewende im Gebäudebereich neu auszurichten. 

Ihr Ansprechpartner bei der Deutschen Energie-Agentur GmbH (dena):  Thomas Drinkuth (Stellv. Bereichsleiter Energieeffiziente Gebäude), Tel. 030-726165-685, drinkuth@dena.de

Weiterführende Informationen:

Hintergrundinformation der Allianz für Gebäude-Energie-Effizienz (geea) zur energetischen Gebäudesanierung in Deutschland: Status Quo und Ausblick

(mb / offener Brief von der geea)

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