Happy – Das ist genau das Wort

Was macht uns happy, wirklich glücklich? Die Arbeit? Das damit verbundene Gehalt? Die Jagd nach Pokémons? Wohl eher nicht! Aber was ist es dann und was braucht es, um es zu finden? Fragen, mit denen sich unser Kolumnist Ulrich B Wagner in seinem heutigen Beitrag zu „QUERGEDACHT & QUERGEWORTET – Das Wort zum Freitag“ auseinandergesetzt hat.

Happy

HAPPY
das ist genau das Wort:
FUN
zu sehen, was grad da ist:

Max Frisch, Montauk

Manchmal liegt das Gute direkt vor einem. Dort, wo es vielleicht schon länger sein Dasein fristete. Urplötzlich wird es ergriffen – nicht von sich selbst, sondern in einem Akt des Zu (-beißens?) oder -greifens – einem selbst erst gewahr.
Nicht, dass man es in Gewahrsam nimmt, verkettet, an- oder abschnürt, domestiziert oder nackte triste Reputation des dann schon Verlustigen bereits, es nach oben zu rollen versucht.

In einem verzweifelten Stemmen, dessen Ursprung auf eine Person zurückgeht, deren Figur am anderen Ende der Stadt , von dem ich mich ihr gerade nähere, hoch oben über einem der wenigen, vom Aussterben bedrohten Sackbähnhöfe der Nation zu thronen scheint.

Dem Kopfbahnhof vielleicht, der 1888, lange vor dem leidigen Stuttgarter das Licht der Welt erblickte, dem gegen alle Widerstände durchbrochenen, an dem zukünftig auch keine Fahrten mehr enden, sondern nur weitergeleitet oder kurz unterbrochen werden. Wie an jedem x-beliebigen Durchgangsbahnhof dieser Welt.

Nicht hier

Nicht aber hier. Nicht hier unter dem schmerzverzehrten Blick des Frankfurter Sisyphos. Dem Schalk und Schlitzohr, dem König von Korinth, der die Gunst der Stunde, welche der Euphorie der Gründerzeit Drogen maßgeblich geschuldet zu sein scheint, zu nutzen wusste, um sich so für alle auf den ersten Blick bereits, in titanenhafter Pose als Atlas zu präsentieren.
Nicht hier also. Nicht hier. Denn hier werden die Züge des Lebens weiter erst einmal bloß einfahren und dort auch erst einmal enden.

Enden, bevor sie dann erst.
Nach dem Ankommen dort.
Einem Ankommen, das dem Enden geschuldet ist.
Sackbahnhof oder Kopfbahnhof. Sehen sie es wie sie wollen.

Holprige Dämlichkeiten

Den Kopf oder Sack beim Schopfe packend, den Blick rücklings, eine ganz erträchtliche Strecke rückwärts gewandt, die Reise von Neuem antreten. Unterbrochen nicht nur von dem Einen, sondern von Beidem, getrennt für den Moment auf alle Fälle. Dieser fast greifbaren Trennung von Raum und Zeit, dem leicht ruckhaften momentum der Rückwärtsbewegung geschuldet. Einem fast unbewussten Zeitbrücktstück, das später erst, viel später erst vielleicht bei dem einen oder anderen im Zug verbliebenen, als eine vorwärts gewandte in ihrer Erinnerung bleiben wird.

Holprige Dämlichkeiten, den Unebenheiten im Denken geschuldet, denke ich mir auf dem morgendlichen Weg in die Stadt. Wirrungen, die ich den Verwirbelungen des vermaledeiten, virtuellen Raums zur Last lege. Und das auch bestimmt mit ein wenig Trotz gewissermaßen.

Mit Sicherheit sogar. Gewissen hin oder her. Denke ich mir also: Wie so vieles andere seit längerer Zeit auch schon.
Und das auch nicht erst seit dem Aufblitzen der Worte und das hiervon hervorgerufene Unbehagen in der Unübersichtlichkeit. Von Unordnung in diesem Kontext erst einmal gar nicht zu sprechen.

Wörter, die sich in der Sonne brechen

Denn das Unbehagen scheint mich nicht erst seit gestern zu befallen. Als Auslöser scheint neuerdings nämlich schon der bloße Anblick des noch in der Wand steckenden Pawlowschen-Glöckchen, für den mobilen Menschen der Neuzeit auszureichen. Denke ich mir also so. Nicht, dass ich meine Gedanke in diese Richtung zu lenken versuchte. Ihnen gar Richtung und Ziel zu geben getrachte.

Wörter, die sich in der Sonne brechen als die S-Bahn mit leicht vernehmbaren Geräusch des Windes, der leise fast wie ein Widerstand vernehmbar ist, aus dem Tunnel entschwindet und ich die Spiegelung im fast wolkenlosen Himmel über der Stadt betrachte. Gedanken, die ich jedoch erst ernsthaft zu denken beginne, während die Bahn bereits wieder seit zwei Stationen in der Dunkelheit aufgesogen ist.

Über mir. Außerhalb des S-Bahntunnels. Der Bauernmarkt auf der Konstablerwache durchtrennt von den Schatten der Bankentürme, auf irgendeinem der Obst- und Gemüsestände der altbekannte Apfel, noch nicht vergärt, rein noch, unberührt noch, neutral, ganz ohne Sinn und Hintergedanke das alte Lied vom Schmecken und dem Kontakt:

da sein
da ist
Dasein.

Nicht alles was einem wichtig erscheint, muss über dem Kopf getragen werden

Happy, ein Mann hat sich einen Smiley auf die Hand gemalt
Einfach mal happy sein. Schließlich muss nicht alles, was einem wichtig erscheint, über dem Kopf getragen werden. (Bild: © Jörg Simon / 2016)

Vielleicht müssen die Fahrten, welche auch immer, Einzelner oder auch die von ganzen Gesellschaften, auch in Wirklichkeit erst einmal enden, bevor sie aufs Neue wieder Fahrt aufnehmen können. Nicht als Allegorie. Wenn doch als Spiel vielleicht.

Einem Spiel, das auch mal kurz anhält. Einem kurzen Stop des Vergewisserns, ob alle noch da sind. Sich verorten, vor Ort zu sein. Vielleicht auch nur um einen neuen gemeinsamen Ausgangspunkt zu finden, der genug Raum bietet, um die Dinge auch mal wieder jenseits der Ängste betrachten zu können.

Ohne Zwang. Mit freien Blicken mal wieder zu sehen, was da ist. Echtes Sein vielleicht, ohne all die Prophezeiungen des Scheins. Denn nicht alles, was einem wichtig erscheint, muss über dem Kopf getragen werden. Vielleicht hilft es ja aber bereits, das eine wieder von dem anderen zu unterscheiden.

Wer weiß, manchmal genügt es ja bereits, wie ich vernahm, es in der offenen Hand zu tragen. Bloß das, was da ist, ganz ohne zu stemmen, was scheinen soll. Happy.

Ankommen wieder mal. Dann vielleicht.

Ihr Ulrich B Wagner

Kennen Sie schon die Leinwände von Inspiring Art?