Logistik: Oliver Wyman-Analyse zu Connected Trucks

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Im Jahr 2020 werden weltweit mehr als drei von fünf neu verkauften LKWs mit Telematiklösung ausgeliefert. Damit sind Connected Trucks auf internationalen Verkehrsadern künftig nicht mehr wegzudenken. Haupttreiber sind steigende Kundenerwartungen, vor allem hinsichtlich Kosteneinsparungen, sowie größere Bandbreiten. Applikationen müssen deutlich zur Kostensenkung beitragen. Dabei sind Verbrauchs- und Downtime-Reduktion die größten Hebel. Der Wettbewerb ist intensiv – neben OEMs spielen zahlreiche Player aus anderen Branchen mit. In der Folge werden Truck-Hersteller zwar insbesondere über fahrzeugbezogene Funktionen strategische Kontrolle behalten, können aber nur dann erfolgreich sein, wenn sie ihre Plattform für andere Anbieter punktuell öffnen. Der Aufbau telematikbasierter Geschäftsmodelle und die Integration in bestehende Unternehmensprozesse werden die Differenzierung treiben und Profitquellen erschließen.

Der Markt ist vielversprechend. Noch haben weltweit nur knapp 1,5 Millionen mittlere bis schwere LKWs eine Telematiklösung mit Datenverbindung an Bord. Im Jahr 2020 werden über fünf Millionen Trucks vernetzt sein. Damit könnte sich das Marktpotenzial von innovativen Telematiklösungen für Trucks auf dann 4,5 Milliarden Euro belaufen. Hintergrund ist der steigende Kosten- und Wettbewerbsdruck, der Truck-Kunden zur TCO-Reduktion, Effizienzsteigerung und Uptime-Maximierung in immer größer werdenden Flotten zwingt. LKW-Vermieter als stark wachsende Kundengruppe professionalisieren sich und suchen nach neuen Möglichkeiten, Transparenz über die Wirtschaftlichkeit ihrer Flotte zu schaffen sowie Betriebs- und Restwertrisiken zu managen.

Die Technologie macht Sprünge. Eine steigende Abdeckung von mobilen Breitbandnetzen (3G) und zunehmende Brandbreiten der Datenübertragung (LTE-Standard) erlauben den flächendeckenden Einsatz von vernetzten, webbasierten Funktionen und Massendatentauglichkeit. Die Kosten für mobile Datenübertragung, insbesondere Roaming, sinken. Dies macht den Umfang an datenlastigen Funktionalitäten eines vernetzten LKWs für Kunden immer erschwinglicher. Gleichzeitig akzeptieren immer mehr Kunden derartige technische Lösungen. Zudem treiben gesetzliche Regelungen, etwa Anti-Diebstahlvorgaben und Emissionsrichtlinien, die Vernetzung.

Winner-Applikationen senken Betriebskosten

Kostenreduktion ist das oberste Ziel für LKW-Kunden. Mit einem Connected Truck lassen sich je nach System monatliche Einsparungen von rund 200 bis 800 Euro realisieren. Damit amortisiert sich Telematik in wenigen Monaten. Winner-Applikationen müssen in hohem Maß Realtime-Informationen berücksichtigen und im Fahrzeug integriert sein. „Grüne“ Funktionen mit Fokus auf Verbrauchs- und CO2-Reduktion werden ebenfalls eine hohe Bedeutung erlangen.

Die Einbeziehung von umfassenden Echtzeitinformationen zur Verkehrslage, Parkplatzverfügbarkeit oder Ad-hoc-Ladungsoptimierung ermöglicht Logistikern Zeit- und Kostenersparnisse in neuer Qualität. Durch Realtime-Interaktionen zwischen Fahrer, Fahrzeug und Flottenmanager lassen sich pro Truck bei gleichzeitiger Fahrer-Incentivierung beispielsweise Spriteinsparungen im zweistelligen Prozentbereich erzielen. Top- Applikationen sind fahrzeugzentriert. Aussichtsreich sind zum Beispiel Remote-Diagnostics- Funktionen, die laufend den Zustand von Fahrzeugaggregaten überprüfen. OEMs haben bereits vor einer Panne die Möglichkeit einer Ferndiagnose, können Werkstätten in der Nähe vorschlagen und Ersatzteile vorbestellen. Remote Diagnostics erhöhen die Betriebszeit und verringern die Wartungskosten um bis zu fünf Prozent je Truck. Ebenso wertvoll, vor allem für eine optimale Steuerung der Logistikflüsse, sind alle relevanten Informationen aus dem Fahrzeug rund um die Ladung wie Zustand oder Auslastung.

 

 

Connected-Truck-Geschäft folgt eigenen Spielregeln

„Bei Telematik geht es längst nicht mehr um Technologien“, sagt Romed Kelp, Partner bei Oliver Wyman. „Gefordert sind ganzheitliche, kundenorientierte Lösungen und Services. Gewinnen werden OEMs, die Remote Services konsequent als Geschäft verstehen und entsprechend aufbauen.“ Die Herausforderungen für OEMs im Connected-Truck-Geschäft sind jedoch groß. Die Angebote umfassen für sie ungewohnte neue Wertschöpfungsstufen wie Content, Application Development oder Netzwerkintegration. Darüber hinaus haben vernetzte Lösungen deutlich kürzere Innovationszyklen als die Entwicklung einer klassischen LKW-Baureihe. Dies ermöglicht neuen Playern den Markteinstieg. Content-Anbieter wie Google Earth, Netzwerkbetreiber wie T-Mobile oder Drittanbieter kompletter Plattformen wie Masternaut besetzen das Spielfeld. Für OEMs heißt es, die richtige Positionierung hinsichtlich der angebotenen Applikationen, der Plattformstrategie sowie des Geschäftsmodells zu finden.

Entscheidend ist eine führende Position bei fahrzeugbezogenen Applikationen wie Remote Diagnostics. Hier können die Hersteller ihren natürlichen Vorteil, das Fahrzeug bis ins Detail zu verstehen, sowie die Kontrolle über die fahrzeugbezogenen Datenströme gezielt ausspielen und entsprechenden Mehrwert liefern. Dennoch muss das System offen für innovative Applikationen von Drittanbietern sein, also das Gesamtangebot durch intelligentes Partnering mit Content- oder Solution-Providern ergänzt und abgerundet werden.

Telematikbasierte Geschäftsmodelle in das gesamte Unternehmen integrieren

Der Erfolg des Connected-Truck-Geschäfts von Herstellern ist eng verknüpft mit der Integration in die bestehenden Unternehmensprozesse. Insbesondere bei Remote Diagnostics zeigt sich, wie eng die Verzahnung mit After-Sales-Prozessen, Werkstattdaten und Serviceverträgen sein muss. Dies führt zu höherer Werkstattauslastung, Teileprofit und Kundenzufriedenheit. Doch die Integration in die Unternehmensprozesse hebt die Organisation auf den Prüfstand. Ist Telematik „nur“ Produkt, ein Querschnittsbereich oder gar eine eigene Profit-Unit, um mit der Innovationsgeschwindigkeit mitzuhalten? Zugleich muss das Gewinnmodell präzise definiert werden. Ausgedient hat das Modell einmaliger Hardwarekosten und Diensteabo. Die Hardware wird künftig nur Enabler sein. „Truck- Hersteller müssen sich jetzt in Position bringen“, sagt Romed Kelp. „Die Zeit ist reif für innovative Lösungen. Es gilt, Kundenprozesse und segmentspezifische ‚Use Cases‘ zu verstehen, ein schlagkräftiges Angebot zu formen und sich damit frühzeitig im Wettbewerb zu differenzieren. Sonst rollt ein beträchtliches Umsatzpotenzial an den OEMs vorbei.“

 

 

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