Im Jahr 2011 wurden nach Angaben der Welthandelsorganisation (WTO) weltweit Waren im Wert von 18.217 Milliarden US-Dollar exportiert (bei einem Weltbruttoinlandsprodukt von 69.899 Milliarden Euro) – im Jahr 2000 betrug der Welthandel gerade einmal 6.456 Milliarden Dollar und 1990 sogar erst 3.449 Milliarden Dollar. Rund 95 Prozent des Ferngüterverkehrs im Welthandel werden dabei über den Schiffsverkehr abgewickelt. Das starke Wachstum des Welthandels und des Schiffverkehrs birgt jedoch auch Risiken: Die Gewässer sind immer stärker befahren, zudem gefährdet moderne Piraterie in einigen Gegenden der Welt zunehmend den Seehandel. Dies gilt besonders für das Horn von Afrika zwischen der Küste Somalias und dem Golf von Aden, der Straße von Malakka vor Malaysia sowie die Küste vor Nigeria.
So hat allein die Piraterie vor Somalia der Weltwirtschaft im Jahr 2011 rund 7 Milliarden Dollar gekostet. Davon zahlten die Regierungen weltweit 1,3 Milliarden Dollar zur Eindämmung und Bekämpfung des Problems und 5,5 Milliarden zahlten die Reedereien als Mehrkosten. Darunter fallen Aufwendungen für mehr Sicherheitspersonal, sowie die höheren Kosten aufgrund des größeren Spritverbrauchs, da die Schiffe die Region mit höherer Geschwindigkeit passieren. Auf die Lösegelder entfielen 160 Millionen Dollar. Dabei stieg das Lösegeld pro Schiff im Schnitt von 4 auf 5 Millionen Dollar.
Bewaffnete Sicherheitskräfte auf deutschen Schiffen
Deutschland ist von einer Zunahme der Piraterie in besonderer Weise betroffen, da es über die weltweit drittgrößte Handelsflotte verfügt. Vor diesem Hintergrund haben im Jahr 2011 laut der Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) bereits 27 von 100 deutschen Reedereien bewaffnete Sicherheitsdienste auf ihren Schiffen beschäftigt – obwohl zu diesem Zeitpunkt der Einsatz von Söldnern sowie auch Kriegswaffen, also Raketenwerfern und Maschinengewehren, auf deutschen Schiffen noch verboten war.
Im Dezember 2011 hat die Bundesregierung dann auf die Bedrohungslage reagiert und die Zertifizierung von privaten bewaffneten Sicherheitskräften (PBS) an Bord von Schiffen unter deutscher Flagge zugelassen. Zuvor mussten die bewaffneten Sicherheitskräfte aufgrund der unklaren Rechtslage ähnlich einem Lotsendienst auf offener See zusteigen und die Schiffe vor dem Erreichen der Häfen in internationalen Gewässern wieder verlassen.
Jedes vierte Schiff in dem von Piratenüberfällen stark bedrohten Indischen Ozean hat bereits bewaffnete Sicherheitskräfte an Bord. Offenbar mit Erfolg: Bislang wurde noch keins der bewachten Schiffe entführt. Offenbar wissen die Piraten, welche Schiffe bewaffnete Sicherheitskräfte an Bord haben und welche nicht. Als Grund für die Sicherheitsmaßnahme wird dabei nicht nur das Vermeiden von hohen Lösegeldern angegeben, auch die Matrosen weigern sich zunehmend, die gefährlichen Routen ohne bewaffnete Wächter zu befahren.
Bundeskabinett beschließt Zulassungsverfahren für bewaffnete Sicherheitskräfte
Am 24. April 2013 hat das Bundeskabinett nun ein Zulassungsverfahren für bewaffnete Sicherheitsunternehmen zur Pirateriebekämpfung auf deutschen Seeschiffen beschlossen.
Dazu erklärt der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Technologie und Koordinator der Bundesregierung für die Maritime Wirtschaft, Hans-Joachim Otto: „Die Verordnungen machen den Weg frei für den Einsatz offiziell zugelassener privater Sicherheitsunternehmen auf deutschen Seeschiffen. Mit einem geordneten Zulassungsverfahren garantieren wir Rechtssicherheit für die Reeder und schaffen Sicherheit auf See. Dabei übernehmen wir international eine Vorreiterrolle bei der Einführung hoher Standards für die Auswahl von Sicherheitspersonal auf Seeschiffen. Die Zulassungsverordnungen sind ein wichtiger Beitrag der deutschen Bundesregierung zur Stärkung der maritimen Wirtschaft.“
Die Verordnungen konkretisieren dabei das am 4. März 2013 in Kraft getretene Gesetz, mit dem die gewerbe- und waffenrechtlichen Rahmenbedingungen für private bewaffnete Sicherheitsdienste auf hoher See geschaffen wurden. Zuständig für die Durchführung des Zulassungsverfahrens ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) in Zusammenarbeit mit der Bundespolizei. Die Bewachungsunternehmen müssen im Rahmen des Zulassungsverfahrens darlegen, dass sie bestimmte Anforderungen an die betriebliche Organisation und Verfahrensabläufe erfüllen. Die Sicherheitsunternehmen müssen sicherstellen, dass nur geeignetes und zuverlässiges Personal an Bord von Seeschiffen eingesetzt wird.
Die Zulassungspflicht gilt ab dem 1. Dezember 2013 für in Deutschland niedergelassene Bewachungsunternehmen und für im Ausland niedergelassene Sicherheitsdienstleister, wenn diese auf Seeschiffen unter deutscher Flagge Bewachungsaufgaben durchführen wollen. Anträge auf Zulassung können unmittelbar mit dem Inkrafttreten der Verordnungen gestellt werden.
Das nun von der Bundesregierung beschlossene Zulassungsverfahren benötigt allerdings für das Inkrafttreten noch der Zustimmung des Bundestages.
(mb)