Reallöhne auf Jahressicht um 0,6 % gestiegen – Durchschnittslohn liegt nun bei 3.385 Euro im Monat

Die Reallöhne stiegen in Deutschland im Jahresvergleich um 0,6%, der Durchschnittslohn für einen Vollzeitarbeitnehmer liegt nun bei 3.385 Euro brutto im Monat.

Die Reallöhne in Deutschland sind laut Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) vom zweiten Quartal 2011 bis zum zweiten Quartal 2012 um durchschnittlich 0,6% gestiegen. Die Nominallöhne erhöhten sich in diesem Zeitraum um 2,5%, die Verbraucherpreise legten jedoch um 1,9% zu. Im ersten Quartal 2012 blieben die Reallöhne im Vergleich zum Vorjahresquartal und der stark gestiegenen Unternehmensgewinne noch unverändert. Dies sind die ersten Ergebnisse der neu konzipierten Reallohn- und Nominallohnindizes des Statistischen Bundesamtes (Destatis).

Real- und Nominallohnindizes bezogen sich bislang ausschließlich auf vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer/-innen. Die neuen Indizes berücksichtigen nun zusätzlich auch die Bruttomonatsverdienste der teilzeit- und geringfügig beschäftigten Arbeitnehmer/-innen. Ab dem Jahr 2007 stehen für den Nominallohnindex nun zusätzlich Zeitreihen untergliedert nach dem Gebietsstand, dem Geschlecht und der Beschäftigungsart zur Verfügung. Ferner wird die Verdienstentwicklung nach Leistungsgruppen dargestellt, das heißt, sie wird getrennt für Arbeitnehmer/-innen in leitender Stellung, herausgehobene Fachkräfte, Fachkräfte, an- sowie ungelernte Arbeitnehmer/-innen veröffentlicht.

Nach den Angaben des neuen Nominallohnindex hat das Lohngefälle und damit die Schere zwischen Top- und Geringverdienern im Zeitraum 2007 bis 2011 weiter zugenommen. Während die Bruttomonatsverdienste aller Arbeitnehmer in diesem Zeitraum um durchschnittlich 9,4% stiegen, lagen die Verdienststeigerungen der Arbeitnehmer in leitender Stellung (+ 12,4%) und der herausgehobenen Fachkräfte (+ 9,8 %) über dem Durchschnittswert. Fachkräfte (+ 8,3%), angelernte Arbeitnehmer (+ 7,1%) und ungelernte Arbeitnehmer (+ 8,0%) konnten zwar auch die Steigerung der Verbraucherpreise kompensieren (+ 6,6%), hatten aber nur unterdurchschnittlich hohe Wachstumsraten.

Durchschnittslöhne in Deutschland

Ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer verdiente in Deutschland im zweiten Quartal 2012 ohne Sonderzahlungen durchschnittlich 3.385 Euro brutto im Monat. Die höchsten Durchschnittsverdienste erhielten die Beschäftigten in der Energieversorgung (4.507 Euro), bei Banken und Versicherungen (4.433 Euro) sowie im Bereich Information und Kommunikation (4.415 Euro). Der niedrigste durchschnittliche Bruttomonatsverdienst wurde im Gastgewerbe (2.002 Euro) gezahlt.

Lohnentwicklung 2000-2010

Insgesamt ist die deutsche Lohnentwicklung – trotz, oder gerade wegen der sich immer weiter öffnenden Schere zwischen Top- und Geringverdienern – die schlechteste im gesamten Industrieländervergleich: Laut der Internationalen Arbeitsorganisation ILO schrumpften die Reallöhne in Deutschland im letzten Jahrzehnt (von 2000 bis 2010) um -4,5%. Lediglich Japan wies noch mit -1,8% einen negativen Wert auf. Spitzenreiter sind Norwegen (+25,1%), Finnland (+22,0%) und Südkorea (+18,3%). Durch die Lohnzurückhaltung in Deutschland seien zwar laut der ILO die deutschen Unternehmen wettbewerbsfähiger geworden, die private Nachfrage wurde aber nicht gestärkt. Die Lohnentwicklung würde sich zudem nicht an der Produktivitätsentwicklung orientieren, wodurch die Einkommen umverteilt werden: Die Unternehmens- und Vermögenseinkommen steigen, während die Einkommen der Arbeitnehmer tendenziell sinken. Fair wäre es hingegen, wenn die Produktivitätssteigerung auch mit entsprechenden Lohnzuwächsen einhergehen würden.

Dies bestätigt auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin): Seit der Jahrtausendwende sind laut dem DIW die realen Nettolöhne von Geringverdienern um 16 bis 22% gesunken. Auf alle Beschäftigten gerechnet sind die Nettogehälter in Deutschland zwischen 2000 und 2010 preisbereinigt um 2,5% zurückgegangen. Demnach ist der kräftige Aufschwung seit der Jahrtausendwende laut dem DIW-Verteilungsforscher Markus Grabka bei den meisten Erwerbstätigen nicht angekommen. Beschäftigte in der höchsten Einkommensgruppe verbuchten allerdings ebenfalls nur ein leichtes Plus von rund 1%. Die Gewinne sind also – allerdings mit einem deutlichen Gefälle – nahezu an allen Beschäftigten vorbei gegangen und haben sich lediglich in den Unternehmensgewinnen, Managergehältern und Kapitalgewinnen niedergeschlagen.

Deutschland bei Geschlechtergerechtigkeit auf einem der Schlussplätze

Deutschland belegt auch bei dem Thema Gender-Gerechtigkeit einen der hintersten Plätze: In nur zwei Ländern ist die Differenz der Löhne zwischen Männern und Frauen noch größer als in Deutschland: Die Einkommenslücke zwischen Männern und Frauen betrug im Jahr 2009 in Tschechien 25,9%, in Österreich 25,4% und in Deutschland 23,2%. Die geringsten Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen gibt es in Slowenien (3,2%), Italien (5,5%) und Malta (6,9%). In Deutschland hat sich der Zustand sogar noch weiter verschärft. 2006 hatte der Einkommensunterschied noch 22,7% betragen. In dem Vergleichszeitraum hatten andere EU-Staaten ihre Ungleichheit reduzieren können: Großbritannien und die Slowakei jeweils um 3,9 Prozentpunkte, Spanien um 2,2 Prozentpunkte.

(mb)

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