Schritt 3 der kundenfokussierten Mitarbeiterführung:

Inhaltsverzeichnis

Als Führungskraft Kundenfokussierung sichtbar vorleben 

Ob es dem Mitarbeiter möglich ist, das positive in einer Kundenbeziehung zu sehen, hat maßgeblich mit dem zu tun, was er bei seiner Führungskraft hört und sieht. Das Verhalten der Oberen vervielfältigt sich durch ihr Tun. Macht die Führung immerzu den schwachen Markt, die konjunkturellen Rahmenbedingungen, Nachfrageverschiebungen, die Tücken der Konkurrenz oder die miese Performance anderer Abteilungen für Misserfolge verantwortlich, so werden die Mitarbeiter schnell das gleiche tun. Und hört der Mitarbeiter ständig Negativ-Geschichten über ‚schwierige’ Kunden, Nörgler und Querulanten, dann wird dies seine eigene Einstellung färben. So entwickelt sich schließlich ein ‚Feindbild Kunde‘. 

Führungskräfte sind Vormacher 

Der falsche Ton oder mangelnde Höflichkeit im Innen bewirken das gleiche im Außen. Eine kundenfokussierte Unternehmenskultur braucht also nicht nur Leitbilder, sondern auch Vorbilder. Vormachen funktioniert besser als vorschreiben. Das vorbildhafte zeigt sich gerade in den kleinen Dingen, die scheinbar selbstverständlich sind und so ganz nebenbei getan werden – oder eben auch nicht: Wenn etwa der Vorgesetzte an Unrat vorbeigeht, ohne ihn aufzuheben, weil er sich ‚zu gut dafür‘ ist. Oder wenn er der einzige ist, der kein Namensschild trägt, weil er sich nicht von ‚Gott und der Welt‘ anquatschen lassen will. 

Um seiner Vorbildrolle gerecht zu werden, ist es nötig, ganz regelmäßig – wie der Maler von seinem Bild – von sich selbst zurückzutreten, um aus sicherer Entfernung über sich nachzudenken. Das kann nach jedem Mitarbeiter- oder Kundengespräch geschehen. Hier ein paar Fragen, die Sie sich dabei stellen können: 

– Interessiert mich das Wohl unserer Kunden wirklich?

– Sind Kunden in meinen Gesprächen regelmäßig und positiv präsent?

– Wie oft spreche ich über die Bedeutung der Kunden für das Unternehmen?

– Bitte ich die Mitarbeiter regelmäßig um kundenfokussierte Vorschläge?

– Lebe ich Kundenfokussierung sichtbar vor?

 

Kundenkontakt als lästige Pflicht? 

Ist der regelmäßige Kundendialog für Sie ein willkommener Anlass, mehr über die Kunden des Unternehmens zu erfahren? Oder eine lästige Pflicht? Die meisten Manager kümmern sich um Vieles – aber viel zu wenig um ihre Kunden. Manche haben noch nie einen Kunden lebend zu Gesicht gekommen. Sie verbringen ihre Zeit viel lieber im Konferenzraum als im Kundengespräch. Sie kaufen lieber teure Beratung bei McKinsey & Co., als mal ausführlich mit Kunden zu reden. Sie glauben, für Kunden seien die Mitarbeiter aus dem Vertrieb und dem Marketing zuständig. 

„Ich habe selbst gelegentlich Kundenkontakt“, erzählte mir stolz der CEO eines Energieversorgers anlässlich einer exklusiven Kundenveranstaltung. Es hörte sich so an, als würde er sagen: Wir gehen bisweilen im Zoo die Affen besuchen. Beim Festessen nach dem Event saß er abseits und hat mit keinem einzigen Kunden gesprochen. Seine anwesende Verkäufergarde von mehr als zwanzig Mann tat es ihm nach. Sie saßen beieinander und machten sich einen schönen Abend. 

Auf Messen sehen wir die Bosse mit einem Tross von Kofferträgern zu ihrem Stand eilen, wo sie der Presse mit stolzgeschwellter Brust ihre Produktneuheiten in die Mikrofone quatschen. Nur mit Kunden reden sie nicht. Nie wäre die Gelegenheit günstiger, mit ihren Zielgruppen hautnah in Kontakt zu kommen, doch das wird lieber dem Standpersonal überlassen. Die nächste Kamera zur Selbstprofilierung ruft. 

Kundenähe in der Chefetage 

In seinem Buch ‚Hidden Champions des 21. Jahrhunderts‘ macht Hermann Simon deutlich: die Besten betrachten langjährige Kundenbeziehungen als ihre größte Stärke und praktizieren eine Kundennähe, die über das übliche Maß weit hinausgeht. Dabei sucht die oberste Führung den regelmäßigen Kundenkontakt – nicht als Ritus, sondern aus echtem Interesse. 

Simon hat folgendes festgestellt: Misst man die Kundennähe anhand des Prozentsatzes aller Mitarbeiter, die regelmäßig Kontakt zu Kunden haben, kommen normale Unternehmen in der Regel auf einen Anteil zwischen fünf und zehn Prozent. Bei den Hidden Champions bewegt sich der Prozentsatz zwischen 25 und 50 Prozent. 

Je größer allerdings ein Unternehmen wird, desto mehr entfremden sich die Führungskräfte vom Kunden. Größe gefährdet die Kundennähe. Der Blick ist zunehmend nach innen und oben und nicht mehr nach draußen gerichtet. So gilt es im Sinne einer kundenfokussierten Unternehmenskultur, vor den Augen der Mitarbeiter wieder verstärkt Kundenkontakt zu suchen. Und zwar nicht als zwanghaft aufgesetztes Meet-the-Customer-Programm, sondern aus Einsicht. 

Beispiele gibt es genug 

Beim Liechtensteiner Werkzeughersteller Hilti etwa heißt es: ‚At least 50 days with the customer‘. „Nach meiner Erfahrung“, so Reinhold Würth, „ist ein Tag im Außendienst hundertmal wertvoller als eine ganze Woche in gescheiten Konferenzen.“ Ikea-Führungskräfte sitzen samstags, wenn also richtig was los ist, an der Kasse. Da kriegt man so einiges mit. 

‚Small is beautiful‘ propagiert Sir Rocco Forte, Besitzer der Rocco Forte Hotels. „Wenn Hotels zu groß sind, ist es kaum mehr möglich, die Gäste als Individuen zu behandeln“, sagt er. Er selbst nimmt sich viel Zeit für seine Kundschaft. Wenn einer Kritik äußert, schreibt er auch schon mal persönlich zurück. „Manchmal rufe ich auch an – das schafft oft lebenslange Kunden.“ 

„Es vergeht keine Woche, in der ich nicht mit einem unserer wichtigen Kunden zusammensitze“, sagte mal Anne Mulcahy als Vorstandschefin von Xerox. Jeder der etwa zwei Dutzend Top-Führungsleute in der Xerox-Zentrale in Stamfort/Connecticut macht einmal im Monat den ‚Kundenmanager des Tages‘. Dabei muss er sich um auflaufende Beschwerden kümmern und trägt persönlich die Verantwortung dafür, dass das Problem des Kunden gelöst und die Ursache für das Ärgernis beseitigt wird. 

Von Kunden kann man eine Menge lernen 

In vielen Firmen gehört es zum Standardprogramm einer jeden Führungskraft, Kunden zu besuchen und mit Kunden laufend zu sprechen. Ich kenne aber leider auch eine ganze Reihe von Managern, die heilfroh sind, seit ihrer Beförderung „endlich den täglichen Kleinkrieg mit Kunden los zu sein.“ Sie betrachten es als Rückschritt in ihrer Karriere, wieder mit Kunden konfrontiert zu werden! 

Ich kenne Marketingleiter, die lieber an gekünzelten Zielgruppendefinitionen basteln, als sich mal ins Kundengetümmel zu stürzen. Ich kenne aber auch die, die live dabei sind, wenn Kundenbefragungen durchgeführt werden oder Kundenparlamente tagen. Hautnah zu erleben, was die Kunden zu sagen haben, fühlt sich doch ganz anders an, als Kuchendiagramme im späteren Berichtsband zu interpretieren. 

Ich kenne Vertriebsleiter, die man eigentlich nur noch als Vertriebsverwalter bezeichnen kann. Sie haben noch nie selbst verkauft. Ich kenne Obere in Telekommunikationsunternehmen, die um ihre Call Center einen weiten Bogen machen. Aus lauter Angst, mal ans Telefon gerufen zu werden. Und dann wiederum gibt es die, die täglich im Call Center vorbeischauen und hochinteressiert eine Reihe von Gesprächen live erleben. So kann man Mitarbeitern Vorbild in Sachen Kundenfokussierung sein. Und niemand kann einem mehr ein X für ein U vormachen. 

Wer Management konsequent vom Markt, sprich vom Kunden her gestalten will, muss so nah wie möglich am Kunden sein. Da genügt es eben nicht, die Kunden nur vom Hörensagen zu kennen. Wer wissen will, was Kunden wirklich brauchen, wie sie ticken und wie man sie glücklich machen kann, der gehe öfter mal raus und rede mit ihnen! Von Kunden können alle Manager im Unternehmen eine Menge lernen. 


 Alle Teile der Serie:

Kennen Sie schon die Leinwände von Inspiring Art?