Wie Mitarbeitermotivation regelmäßig gemessen wird
Die allermeisten Unternehmen messen Mitarbeiterzufriedenheit. Da frage ich: Was soll das? Zufrieden heißt befriedigend, wie eine drei in der Schule. Das ist mittelmäßig, beliebig, austauschbar. Zufriedenheit macht behäbig und bequem. Zufriedenheit zementiert den Status Quo. Aus Arbeitgebersicht ist es viel entscheidender, die Stellschrauben zu finden und schließlich messbar zu machen, die am Ende Mitarbeitermotivation bewirken.
Im Zustand der Zufriedenheit ist der Wunsch nach Veränderung gering. Die Handlungsintensität und die emotionale Spannung sind niedrig. Mangelnde Identifikation und Gleichgültigkeit setzen ein. Schließlich macht sich eine resignative Trägheit breit. Diese Egal-Mentalität führt zu Nachlässigkeiten und mangelnder Sorgfalt. Solche Mitarbeiter setzen sich nur halbherzig für die Interessen der Kunden ein, sie zeigen wenig Initiative bei der Erfüllung von Sonderwünschen und wenig Kreativität beim Lösen von Problemen.
Resignative Zufriedenheit kann auch dort auftreten, wo Mitarbeiter wenig Gestaltungsraum bekommen und zu reinen Anweisungen-Ausführern degradiert werden, wo sie nicht an der Zielfindung beteiligt werden oder ihre Kritik nicht erwünscht ist. Solche Perspektivlosigkeit lässt Langeweile aufkommen. Einsatzwille und Verantwortungsbereitschaft schwinden, man macht es sich bequem. Zufriedenheit produziert Sitzfleisch, aber nicht zwangsläufig Motivation.
Mitarbeiterzufriedenheit reicht nicht
Mitarbeiterzufriedenheit und Mitarbeiterbindung korrelieren nicht. Gerade mal zufriedene Mitarbeiter machen sich – wie auch zufriedene Kunden – bei der nächstbesten Gelegenheit davon. Welches hochmotivierte Talent bleibt schon gerne dort, wo Mittelmaß herrscht? Die zu messende Zielgröße heißt also nicht Mitarbeiterzufriedenheit, sondern Mitarbeitermotivation.
Motivierte Mitarbeiter sorgen für hohe Produktivität, für ein flüssiges Arbeitstempo und für hohe Qualität. Sie haben Freude an Spitzenleistungen und wollen den Erfolg. Diese positive Energie ist beispielsweise an verlockend gestalteten Auslagen oder an einem liebevoll zubereiteten Essen mit bloßem Auge zu erkennen. Sie ist in den Produkten eingefangen, die der Käufer schließlich erwirbt. In Dienstleistungsbranchen drückt sich die Befindlichkeit eines Mitarbeiters in jeder kleinen Geste aus.
Motivierte Mitarbeiter machen Kundenerlebnisse heiter, unmotivierte Mitarbeiter trüben sie ein. Erstere sorgen auch für eine höhere Kosteneffizienz, da die Fehlerhäufigkeit sinkt. Sie sind kreativer und bringen neue Ideen ein. Vor allem aber: Sie tragen als begeisterte Botschafter ein positives Unternehmensbild nach außen. Dies motiviert nicht nur potenzielle Topp-Bewerber, sich für das Unternehmen zu interessieren, es motiviert auch die Kunden, zu kaufen.
Die Stellschrauben für Mitarbeitermotivation
Um der Trägheitsfalle der Mitarbeiterzufriedenheit zu entkommen, braucht es Mobilisierungsstrategien. Dazu können Führungskräfte ganz regelmäßig – und nicht nur im Jahresgespräch – ihre Mitarbeiter befragen. Dies könnte sich, aus Sicht des Mitarbeiters formuliert, etwa wie folgt anhören:
- Was mir in diesem Unternehmen am besten gefällt:
- Was mir in diesem Unternehmen am meisten fehlt:
- Was sich an meinem Arbeitsplatz konkret verbessern ließe:
- Ich biete an, folgende Aufgaben zu übernehmen:
- Ich biete an, folgende Aufgaben abzugeben:
- Mein größter Wunsch an meine Führungskraft ist:
- Was wir für die Kunden noch tun könnten:
- Was ich Außenstehenden über uns sagen würde:
- Woran ich bei mir selber arbeiten möchte:
- Wo ich mir Unterstützung wünsche:
- Was mich bewegen könnte, noch lange im Unternehmen zu bleiben:
- Was ich immer schon mal sagen wollte:
- Was mir besonders am Herzen liegt:
- Was man beim nächsten Mal noch fragen könnte:
Und schließlich gibt es eine ultimative Frage, die im Rahmen einer größeren Befragung oder auch solo gestellt werden kann:
– Würden Sie sich heute wieder für dieses Unternehmen entscheiden? Und wenn ja, aus welchen Hauptgründen? Und wenn nein, weshalb nicht?
Eine Mitarbeiter-Befragung ist meist ein schriftliches Gespräch. Spätestens die Ergebnisse sollten jedoch mündlich diskutiert werden – offen und konstruktiv. Denn die Antworten, ganz gleich ob anonym eingereicht oder im Rahmen eines vertrauensvollen Dialogs zwischen Führungskraft und Mitarbeiter entwickelt, geben wertvolle Hinweise für das weitere Vorgehen auf dem Weg zu Spitzenleistern und Spitzenleistungen.
Mitarbeiterloyalität steuern und messbar machen
In jedem Fall muss auch regelmäßig die Mitarbeiterloyalität abgefragt werden. Dies lässt sich wie folgt formulieren:
- Ich spreche mit Dritten (Bekannte, Freunde, Kunden etc.) positiv über unser Unternehmen. Und dies, weil ….
- Ich ermutige potenzielle Kunden, die Leistungen des Unternehmens zu kaufen. Dies, weil ….
- Ich ermutige potenzielle Mitarbeiter, sich in unserem Unternehmen zu bewerben. Und dies, weil ….
- Ich kann mir gut vorstellen, noch länger in diesem Unternehmen zu arbeiten. Dies, weil ….
- Ich tue all dies nicht, weil …
Solchermaßen offene Fragen zwingen den Mitarbeiter nicht in ein festes Antwortschema und degradieren ihn auch nicht zum Kreuzchen-Macher, sondern geben ihm die Möglichkeit, sich frei auszudrücken. So wird er sich intensiver mit den einzelnen Punkten auseinanderzusetzen . Und das Unternehmen erhält brauchbarere Antworten als bei den üblichen Fragebögen.
Meine Lieblingsfrage in diesem Zusammenhang ist übrigens die ‚Gewissensfrage‘, und die geht so: „Lieber Mitarbeiter, stellen Sie sich vor, Sie wären unser Unternehmensgewissen. Was würden Sie uns sagen?“ Wird die Gewissensfrage schriftlich gestellt, so kann diese von einer kleinen Zeichnung begleitet werden, bei der ein Engelchen sowie ein Teufelchen rechts und links auf der Schulter einer skizzierten Person sitzen.
Erzählen Sie mal …
Nachdem der Umsatz rapide eingebrochen war, erzählte kürzlich der Geschäftsführer eines Herstellers von Leitern der Financial Times Deutschland, sei man endlich auf die Idee gekommen, die Kunden zu befragen. Die fanden schonungslose Worte, beklagten den schlechten Service, pampiges Personal und das ewige Warten am Telefon.
Mit Fragen wie den weiter oben vorgestellten hätte das Management dies alles schon viel früher in Erfahrung bringen können. Denn die Mitarbeiter im Call Center wussten es längst – hätte man sie nur mal gefragt. Die hätten ja auch von sich aus mal was sagen können? Ja, das versuchen Mitarbeiter bisweilen – jedoch nur ganz zaghaft. Und stellen dann fest, dass man sich mit so was sehr unbeliebt machen kann. Von da an lassen sie es sein.
Kunden geben oft die wertvollsten Tipps, was sich auf welche Weise verbessern ließe. Und dies wird vorzugsweise bei den Mitarbeitern deponiert, mit denen Kunden vertrauensvoll zusammen arbeiten. Doch das meiste davon verschwindet lieblos auf Zettel gekritzelt im Verkaufskoffer, in irgendwelchen Aktenordnern, in nicht mehr auffindbaren Dateien und schließlich im Papierkorb. Weil sich ‚oben’ niemand für die Ideen von ‚unten’ interessiert.
Die ‚Erzählen Sie mal-Frage‘ ist die vielleicht beste Frage, die eine Führungskraft seinen Mitarbeitern stellen kann. Dann kommt womöglich endlich heraus, wie sich der Mitarbeiter fühlte, als … Oder was der Kunde sagte, weil … Von Mitarbeitern kann man eine Menge lernen, wenn man kluge Fragen stellt.