PwC-Studie Familienunternehmen 2012: 85 Prozent sehen sich auf langfristigem Wachstumskurs / Fachkräftemangel und Eurokrise sind Hauptrisiken / Große Mehrheit der Betriebe bleibt in Familienbesitz
Deutschlands Familienunternehmen sind bislang gut durch die Eurokrise gekommen und sehen sich langfristig auf einem stetigen Wachstumskurs. In den vergangenen zwölf Monaten haben fast vier von fünf deutschen Familienunternehmen ihren Umsatz gesteigert, nur jedes zehnte musste einen Erlösrückgang hinnehmen. Damit haben sich die Betriebe hierzulande deutlich besser geschlagen als die Familienunternehmen weltweit, von denen nur 65 Prozent über Zuwächse berichten, jedoch fast 20 Prozent über Umsatzeinbußen, wie aus der Studie „Die Zukunft von Familienunternehmen – der Kern der Wirtschaft“ der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) hervorgeht.
Auf Sicht der kommenden zwölf Monate zeigen sich die Befragten im In- und Ausland annähernd gleich zuversichtlich, wobei die deutschen Betriebe eher ein stetiges Wachstum (82 Prozent) als einen sprunghaften Umsatzanstieg (3 Prozent) prognostizieren.
„Für das gute Abschneiden deutscher Familienunternehmen gibt es mehrere Gründe. Wesentlich ist die langfristige, meist generationenübergreifende Ausrichtung, die das Selbstverständnis der Unternehmen in Deutschland weitaus stärker prägt als im weltweiten Durchschnitt. Hinzu kommen ihre Flexibilität, Innovationskraft und die stärkere regionale Diversifizierung, die deutsche Familienunternehmen unabhängiger von der Konjunkturentwicklung in einzelnen Regionen macht“, kommentiert Dr. Peter Bartels, PwC-Vorstand und Leiter des Bereichs Familienunternehmen und Mittelstand.
So erzielen aktuell schon 82 Prozent der deutschen Familienunternehmen einen Teil ihrer Umsätze im Ausland. Weltweit sind es nur 67 Prozent. In fünf Jahren planen lediglich 14 Prozent, ausschließlich in Deutschland aktiv zu sein (weltweit 26 Prozent).
Fachkräftemangel macht zunehmend Sorgen
Die wichtigste Herausforderung, der sich Familienunternehmen nach eigener Einschätzung gegenüber sehen, ist der Fachkräftemangel. Diesen Aspekt nennen mittlerweile 47 Prozent der Befragten gegenüber 38 Prozent in der Vorgängerstudie von 2010. Neu auf der Agenda steht die Unsicherheit über die Zukunft der Eurozone, die 31 Prozent der deutschen Familienunternehmen beschäftigt.
Abgenommen hat demgegenüber die Sorge vor einer Verschlechterung der allgemeinen Marktkonditionen (43 Prozent vs. 59 Prozent im Jahr 2010). In den Unternehmen selbst schlägt sich diese geänderte Risikowahrnehmung in einer anderen Prioritätensetzung nieder: War das Kostenmanagement vor zwei Jahren noch für 31 Prozent der Befragten ein herausragendes Thema, gilt dies aktuell nur für sieben Prozent.
Externe Manager sind selten Anteilseigner
Ein für die Zukunftsfähigkeit von Familienunternehmen wesentlicher Aspekt ist die Einbindung familienfremder Führungskräfte: Sechs von zehn Familienunternehmen in Deutschland vertrauen auf die Expertise externer Manager in der Geschäftsführung, und in gut jedem fünften Unternehmen überlässt die Familie das operative Geschäft sogar vollständig externen Führungskräften.
Auf der Eigentümerseite bleiben die Familien jedoch lieber unter sich. Nur bei jedem zehnten deutschen Familienunternehmen halten externe Manager Gesellschaftsanteile, während weltweit 27 Prozent der Befragten Anteile an familienfremde Führungskräfte überschrieben haben. Zumindest mittelfristig dürfte sich an der Trennung zwischen operativer Führung und Eigentum hierzulande auch wenig ändern: Lediglich rund jedes neunte Familienunternehmen erwägt, familienfremde Manager in den kommenden Jahren zu beteiligen.
„Viele Familienunternehmen sehen von einer Beteiligung externer Manager ab, weil sie einen Identitätsverlust fürchten. Allerdings bleibt damit die große Chance ungenutzt, Spitzenkräfte dauerhaft an Familienunternehmen zu binden“, warnt Bartels.
Auf Konflikte vorbereitet
Vergleichsweise gut aufgestellt sind die deutschen Familienunternehmen demgegenüber bei der Konfliktprävention. Fast 70 Prozent der Befragten haben Gesellschaftervereinbarungen getroffen, während dies nur für 49 Prozent der Unternehmen weltweit gilt. Auf einen externen Mediator können sich im Ernstfall immerhin 37 Prozent der deutschen Familienunternehmen stützen (weltweit: 24 Prozent).
„Familiäre Konflikte sind erfahrungsgemäß vor allem bei anstehenden Generationswechseln hoch problematisch. Wenn sich die Nachfolger nicht über die weitere Entwicklung des Unternehmens einigen können, ist dies oft der Anfang vom Ende eines familiengeführten Betriebs“, betont Bartels.
Deutsche Familienunternehmen sehen auch künftig die Familie in einer prägenden Rolle für die Firma: Gut vier von fünf deutschen Familienbetrieben sollen von der nachfolgenden Generation fortgeführt werden, während ein Verkauf bzw. Börsengang nur für sieben Prozent der Befragten eine Option ist. Demgegenüber planen weltweit nur zwei Drittel der Unternehmen eine Fortführung in Familienbesitz, während 17 Prozent über eine Veräußerung nachdenken.
Enttäuscht von der Politik
Zu wenig Unterstützung erfahren die deutschen Familienunternehmen nach eigener Einschätzung von der Politik bzw. dem Staat: Nur jeder vierte Befragte sieht die Bedeutung der Familienbetriebe insgesamt ausreichend gewürdigt, und nicht einmal jeder zehnte Befragte glaubt, dass die Politik ihr Bestes für Familienunternehmen tut. Die Notwendigkeit, kontinuierlich innovativ zu sein, sehen 62 Prozent der Familienunternehmen als eine zentrale Herausforderung in den nächsten fünf Jahren. Hier erwarten die Unternehmen eine stärkere Unterstützung. Doch auch beim Bürokratieabbau und der Erbschaft- und Vermögenssteuerdiskussion ist der Staat in der Pflicht.
„Die deutschen Familienunternehmer haben ein ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein gegenüber ihren Mitarbeitern, aber auch der Gesellschaft insgesamt. Entsprechend enttäuscht sind sie darüber, dass sich die Wirtschaftspolitik wenig um ihre Belange kümmert. Insbesondere fordern die Familienunternehmen einen verbesserten Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten, Bürokratieabbau und die gleichberechtigte steuerliche Behandlung von Personen- und Kapitalgesellschaften“, betont Bartels.
Die vorliegende Studie basiert auf dem „Global Family Business Survey 2012“, den PwC zum vierten Mal nach 2006, 2008 und 2010 erhoben hat. An der weltweiten Umfrage im Sommer 2012 beteiligten sich rund 2.000Familienunternehmen, darunter 100 aus Deutschland.
Weitere Informationen erhalten Sie unter: www.pwc.de/family-business-survey