Vertrauen lässt sich nicht dekretieren, es muss vorgelebt werden

Am Donnerstag, 15. Mai 2014, findet von 18:00 Uhr bis 21:30 Uhr der Trust-Event unter dem Titel „Vertrauenskulturen in Frankreich und Deutschland: Was bewirken sie heute und morgen?“ in Frankfurt am Main statt. Wir haben uns im Vorfeld der Veranstaltung mit Prof. Dr. Tom Sommerlatte, Vorstandsvorsitzender des Trust Management Instituts und Veranstalter des Abends, getroffen und mit ihm das Thema Vertrauensmanagement in Unternehmen sowie den Trust-Event selbst gesprochen – in Zusammenarbeit mit der mmc AG.

Interview mit Prof. Dr. Tom Sommerlatte

Tom Sommerlatte, Vertrauen, Vertrauensmanagement, Trust Management Institut
Foto ©: Prof. Dr. Tom Sommerlatte

Schönen guten Tag Herr Prof. Dr. Sommerlatte, bitte stellen Sie sich kurz vor.

Mein Name ist Tom Sommerlatte und ich bin Vorstandsvorsitzender des Trust Management Instituts in Wiesbaden. Ich blicke auf eine 40-jährige Laufbahn als Strategie- und Innovationsberater bei der internationalen Consultingfirma Arthur D. Little zurück, deren deutscher, später europäischer Managing Director ich war, um schließlich bis 1997 das weltweite Management-Consulting der Firma zu leiten. Heute bin ich weiterhin mit der Arthur D. Little GmbH als Chairman des Advisory Boards verbunden.

Sie sind Vorstandsvorsitzender des Trust Management Instituts und beschäftigen sich seit vielen Jahren mit dem Thema Vertrauensmanagement. Wie kam es dazu, dass Sie sich so intensiv damit auseinandersetzen?

In meiner Tätigkeit als Managementberater, aber auch als Managing Director einer großen internationalen Dienstleistungsfirma wie Arthur D. Little, habe ich im Laufe der Jahre zunehmend erkannt, dass ausgeklügelte betriebswirtschaftliche Methoden und Managementmodelle nur die halbe Miete sind, während das Vertrauensklima und die ungeschriebenen Spielregeln im Unternehmen seine Effektivität und Innovationsfähigkeit viel entscheidender bestimmen. Aus dieser Erkenntnis heraus habe ich mich immer intensiver mit den Ergebnissen der Vertrauensforschung auseinandergesetzt, die in den letzten zehn bis 20 Jahren große Fortschritte erlebt hat, deren Transfer in die Unternehmensführung jedoch immer noch gewaltig hinterherhinkt.

Sie waren früher Weltchef der Managementberatung Arthur D. Little, wo Sie sich bereits mit dem Thema beschäftigt haben. Consulting-Unternehmen sind jedoch eher für ihre teilweise doch sehr raue Kultur bekannt. Wie wurde Vertrauen damals innerhalb der damaligen Organisation gelebt?

Arthur D. Little unterschied sich schon immer von den anderen großen Consultingfirmen dadurch, dass sie nicht allein durch Rationalisierung, Kostensenkung und Reengineering ihren Klienten Wettbewerbsvorteile zu verschaffen suchte, sondern dass sie den Unternehmen mit Kreativität und einer kooperativen, partizipativen Vorgehensweise half, neue Zukunftspotenziale zu erschließen. Diese Unternehmenskultur bestand und besteht auch in der Organisation von Arthur D. Little selbst. Das spüren die Mitarbeiter der Firma – und die Klienten.

Vertrauen und dessen Management hat zwei Seiten: einerseits nach innen zu den Mitarbeitern hin und andererseits nach außen in den Markt hinein. Wie essentiell sehen Sie in der heutigen Zeit das Thema für Unternehmen?

Ich glaube, die Erkenntnis hat heute um sich gegriffen: Was den durchrationalisierten Unternehmen und was der Wirtschaft insgesamt fehlt, ist die Vertrauensbasis für innovative Leistungen und Entscheidungen. Kontrollsysteme und ausgetüftelte Organigramme, die Risiken reduzieren sollen, lassen kein Vertrauensklima entstehen, und zwar weder in den Unternehmen selber, noch in ihren Geschäftsbeziehungen mit den Kunden.

Inwieweit ist das Thema bereits in den Führungsgremien der Unternehmen angekommen?

Angekommen ist bisher nur ein Unwohlsein, dass Machtausübung und Systeme keine Dynamik und kein Engagement bewirken. Aber seltsamer Weise schwirrt in den Köpfen und in der Managementpresse immer noch die Vorstellung von dem allmächtigen Chief Executive Officer, CEO herum, der den Laden schmeißt und sich willensstark durchsetzt. Dabei stehen solche CEOs sich selber im Wege – und werden oft genug nach einiger Zeit ausgewechselt.

Tom Sommerlatte, Vertrauen, Vertrauensmanagement, Trust Management Institut
Prof. Dr. Tom Sommerlatte im Gespräch (Foto: © privat)

Was ist noch notwendig, dass sich möglichst alle Unternehmen und deren Verantwortlichen mit dem Thema aktiv auseinandersetzen?

Entscheidend ist – und so ging es mir selber – zu verstehen, wie ein Vertrauensklima im Unternehmen entsteht, was es an Leistungsbereitschaft, Initiative und Innovationsbereitschaft bewirkt und wie viel angenehmer und erfolgreicher es ist, so zu führen. Aber viele etablierte Manager, die sich hart nach oben gekämpft haben, sind misstrauisch, ob dieser „Soft-Faktor“ Vertrauen funktioniert. Da scheint ihnen der Spatz in der Hand in Form von Autorität und Methodik sicherer.

Was wäre aus Ihrer Sicht für Unternehmer, Vorstände und Geschäftsführer der ideale Startpunkt beziehungsweise was wären die ersten Schritte, um Vertrauensmanagement im Unternehmen zu etablieren?

Der erste Schritt muss immer darin bestehen, dass sich die Mitglieder des Vorstands oder der Geschäftsführung gemeinsam damit vertraut machen, wie Vertrauen unter ihnen entsteht, welche Verhaltensweisen, welche Überzeugungen und welche Initiativen zu einem Vertrauensklima führen und welche enormen Vorteile der Teamarbeit dadurch entstehen. Wenn es auf oberster Führungsebene zu klappen beginnt, dann kann das Vertrauensklima kaskadenartig von Ebene zu Ebene in die Organisation getragen werden. Vertrauen lässt sich nicht dekretieren, es muss vorgelebt werden.

Der Trust Event am 15. Mai 2014 hat den Titel „Vertrauenskulturen in Frankreich und Deutschland“. Aus Ihrem familiären Umfeld kennen Sie bestens die Unterschiede in der französischen und deutschen Kultur. Inwieweit unterscheiden sich beide Länder und Kulturen in diesem Thema?

Ich bin seit über 40 Jahren mit einer eingefleischten Französin verheiratet, und unsere Kinder haben beide Nationalitäten. Wir leben in Deutschland und in Frankreich. Es gibt beträchtliche Unterschiede in der Erziehung, im Schulsystem, in den Wertvorstellungen und im Lebensstil zwischen beiden Ländern. Und in der Basis für Stolz und Selbstvertrauen.

Dadurch sind auch die Grundlagen der Vertrauenskultur in beiden Ländern andere. Aber die Unterschiede zu verstehen, ohne Recht haben zu wollen, ohne der anderen Seite mit Klischees zu begegnen, ohne Überheblichkeit bei den Dingen, bei denen man als Deutscher oder Franzose besser abschneidet, das führt zu einer gemeinsamen Vertrauensbasis, die es erlaubt, die Stärken beider Seiten zu kombinieren.

Sie sind Veranstalter des Trust-Events. Was erwartet die Teilnehmer auf der Veranstaltung?

Genau die Erkenntnis, die ich gerade beschrieben habe: Wie deutsche und französische Unternehmen und erst recht deutsch-französische Unternehmen und Beziehungen uns allen helfen, gemeinsame Stärken zu erkennen, zu nutzen und weiter zu entfalten. Und dass das enormen Spaß macht!

Vielen Dank, Herr Sommerlatte, für das interessante und kurzweilige Gespräch.

Il n‘y a pas de quoi.

Das Interview mit Prof. Dr. Tom Sommerlatte führte Oliver Foitzik (Herausgeber des Wirtschafts- und Mittelstandsmagazins AGITANO).

Trust-Event zum Thema Vertrauen in FFM

Genau hierzu diskutieren unter dem Titel Vertrauenskulturen in Frankreich und Deutschland: Was bewirken sie heute und morgen?“ auf dem Trust-Event in Frankfurt, der am Donnerstag, 15. Mai 2014, von 18:00 Uhr – 21:30 Uhr, stattfindet.

Diese Veranstaltung wird das Thema „Vertrauensbildung“ näher beleuchten und aufzeigen, wie Vertrauen zwischen Organisationen und Mitarbeitern entsteht. Dabei wird eine große Rolle spielen, wie Franzosen und Deutsche mit der Vertrauensbildung umgehen und wie dies die Zusammenarbeit von französischen und deutschen Unternehmen und Institutionen beeinflusst.

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