Vorratsdatenspeicherung vor EU-Gerichtshof: Kein einziger stichhaltiger Beweis für Nutzen vorgebracht

eco, der Verband der deutschen Internetwirtschaft e.V., berichtet: Verhandlung beim Europäischen Gerichtshof – Zukunft der Vorratsdatenspeicherung in Europa ungewiss

Der Europäische Gerichtshof in Straßburg hat in einer mündlichen Verhandlung Gegner und Befürworter der Vorratsdatenspeicherung (VDS) angehört. Dabei konnten die Befürworter nicht nachweisen, dass die VDS in nur einem einzigen Fall bei der Terrorismusbekämpfung geholfen hätte. Oliver Süme, eco Vorstand für Politik, Recht und Regulierung, ist erleichtert über den Verlauf der mündlichen Verhandlung: „Es ist erstaunlich, wie wenig Stichhaltiges die Befürworter vorbringen konnten. Natürlich wünschen sich Strafverfolgungsbehörden alle möglichen Daten, aber deswegen darf niemand unverhältnismäßige Grundrechtseingriffe vornehmen.“

Hintergrund der Verhandlung ist eine Klage irischer und österreichischer Privatpersonen und Bürgerrechtsvertreter, dass die der VDS zugrundeliegende Richtlinie gegen die Charta der Grundrechte der Europäischen Union verstieße. Während die Gegner der VDS klar darlegten, warum die Richtlinie aus ihrer Sicht unverhältnismäßig sei, blieben die Befürworter eine überzeugende Argumentation schuldig. Die EU-Organe vertraten die Ansicht, dass die EU-Mitgliedsstaaten an die EU-Grundrechtecharta gebunden seien. Deshalb hätten diese die Prüfung einer verfassungsgemäßen und verhältnismäßigen Umsetzung auf Ebene der Nationalstaaten zu leisten. Hieran äußerten die Richter Zweifel: Ihre Rückfragen deuteten die Auffassung an, dass die EU-Organe selbst für eine Vereinbarkeit von EU-Rechtsakten mit der EU-Grundrechtecharta verantwortlich seien.

Vorratsdatenspeicherung bringt keinen Effekt bei Terrorbekämpfung

Letztlich konnten die Befürworter auf Rückfrage des Gerichts nicht nachweisen, dass die VDS in nur einem einzigen Fall bei der Terrorismusbekämpfung geholfen hätte. Gerade terroristische Bedrohungen waren aber zur Rechtfertigung der Richtlinie 2006 herangezogen wurden. Stattdessen werde der massive Grundrechtseingriff nun zur Aufklärung von Delikten wie Diebstahl, Einbruch und Betrug genutzt. Der Anwalt eines österreichischen Klägers brachte es auf den Punkt: Bei der Rechtfertigung eines Grundrechtseingriffs trage nicht der Betroffene die Beweislast, sondern derjenige, der den Eingriff vornimmt. Und dies sei den EU-Institutionen heute nicht gelungen.

Wer garantiert Grundrechtskonformität: EU oder Mitgliedsstaaten?

Insgesamt konnten die Vertreter der VDS – wie von den Gegnern vorausgesehen – nicht viel mehr als Einzelfälle zur Rechtfertigung der Richtlinie aufbieten. Die Richter hakten immer wieder kritisch nach, insbesondere, als die Vertreter der EU-Organe behaupteten, die Verhältnismäßigkeitsprüfung müsse nicht auf europäischer Ebene erfolgen.

Kommen die Richter zu dem Ergebnis, dass die EU die Vereinbarkeit ihrer Richtlinien mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Kommission gewährleisten müsse, könnte dies das Ende der VDS bedeuten, denn die Verhältnismäßigkeit ist nach wie vor völlig unbewiesen. Die Schlussanträge des General-Anwalts unter Berücksichtigung der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung werden am 7. November erwartet. Sie sind in der Regel ein wichtiger Indikator, da die Richter sich in ihrem Urteil üblicherweise an den Schlussanträgen orientieren.

(eco – Verband der deutschen Internetwirtschaft e.V. 2013)

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