…aus der Themenserie “Leises Potenzial nutzen – Was Introvertierte erfolgreich macht” von Dr. Sylvia C. Löhken. Nach dem letzten Beitrag (4) „Leise Menschen in Teams – Die unterschätzten Team-Player“ folgt nun Teil 5: „Leise Menschen in Meetings – Gehör finden in großen Runden“
Fabian ist introvertiert. Der Computer ist sein liebstes und wichtigstes Arbeitsgerät. Als IT-Unternehmensberater lebt er davon, dass er die Abgründe meistert, die in betrieblichen Systemumstellungen und neuen Softwarepaketen schlummern. Bisher war er immer gemeinsam mit einem Senior Consultant bei Kunden im Einsatz und meistens mit den IT-Fachleuten in der jeweiligen Firma in Kontakt. In dieser Woche aber ist der Senior Consultant erkrankt. Er bittet Fabian, ein Meeting bei einem wichtigen Kunden zu leiten. Fabian graut es vor diesem Termin. Wie soll er einen Raum voll ständig redender Menschen zu einem gemeinsamen Ziel bringen? Am liebsten würde er sich in der IT-Abteilung vergraben und dort das tun, was er am besten kann: technische Abläufe sichern und kommunizieren.
Meetings und Diskussionen in Gruppen sind für Introvertierte oft sehr anstrengend – vor allem, wenn es extrovertierte Teilnehmer gibt, die in solchen Situationen viel und laut reden. Die Folge: Intros fühlen sich schnell wie unsichtbar. Wie Sie Gehör finden und Redezeit für sich beanspruchen, zeigen die sechs Plenums-Regeln für leise Menschen:
Sitzungsregel 1: Sichtbar ist nur, wer sich äußert
Wenn Sie in einem Meeting als kompetent und konstruktiv wahrgenommen werden wollen, müssen Sie sich äußern. Das bedeutet nicht, dass Sie ständig reden sollen – aber sorgen Sie dafür, dass Sie in jeder Sitzung etwas beitragen. Dabei hilft Ihnen Ihre Substanz: Das, was Intros öffentlich sagen, hat meistens Hand und Fuß, denn Sie haben vorher ausgiebig darüber nachgedacht. Mit dieser Basis zeigen Sie in Meetings Ihre Kompetenz und bekommen eine sichere Grundlage, um vor der Gruppe Ihren Standpunkt zu vertreten.
Sitzungsregel 2: Aufmerksamkeit ist ein knappes Gut
Reden ist die eine Sache. Erfolgreich können Sie letztlich aber nur dann sein, wenn die anderen Ihnen auch zuhören. Intros neigen oft zur Kleinteiligkeit. Achten Sie deshalb darauf, dass Sie sich in Ihren Beiträgen nicht in Details verlieren. Überlegen Sie vorher genau: Was ist meine Kernbotschaft? Bilden Sie kurze, einfach strukturierte Sätze. Eine leise, schwache Stimme, fehlende Pausen und ein zu schnelles Reden nehmen Beiträgen ihre Wirkung – ganz egal, wie gehaltvoll sie auf der Sachebene sind. Legen Sie also Nachdruck in Ihre Intonation. Sprechen Sie laut genug, damit alle Sie hören können. Suchen Sie Blickkontakt vor allem mit den Entscheidern im Raum: Diese gilt es zu gewinnen und zu überzeugen.
Sitzungsregel 3: Ohne Statusklärung keine Entscheidung
Ja, es ist leider so: Redezeit ist statusabhängig. Wer ranghöher ist, darf länger reden und sogar abschweifen. Statusniedrigere müssen sich kürzer fassen, werden leichter unterbrochen und bekommen weniger Resonanz für ihre Beiträge. Nehmen Sie sich also ausreichend Redezeit – mindestens so viel wie Kollegen in vergleichbarer Position. Wenn Sie lieber kurz reden statt ausgedehnt, so melden Sie sich im Ausgleich öfter zu Wort. Dabei ist während Ihrer Äußerung die wichtigste Person die ranghöchste – diese gilt es zu überzeugen. Zu erkennen ist diese Person daran, dass alle anderen ständig zu ihr hinsehen, um sich zu vergewissern, wie sie zuhört und auf Beiträge reagiert. Seien Sie auch in Ihrer Körpersprache selbstbewusst und den anderen zugewandt. Das heißt: Nutzen Sie die Gesamtfläche Ihres Stuhls zum Sitzen, aber vermeiden Sie es, sich zu räkeln oder die Ellenbogen auszufahren. Sitzen Sie offen und gerade. Vermeiden Sie Unterwerfungsgesten wie das Zurseite-Neigen des Kopfes oder das Wegblicken in einer unangenehmen Situation. Vermeiden Sie in Stimme und Bewegungen jede Hektik. Insgesamt sollten die Botschaften, die Sie senden, auf eines hinweisen: Sie wissen genau, was Sie tun!
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