Ständige Erreichbarkeit und permanentes Denken in alle Richtungen machen krank
Unser Gehirn zeigt Spuren dieser alltäglichen Prägung und nimmt durch die ständig wechselnden Reize und die Überfrachtung mit Inhalten, auf die wir wie ferngesteuert reagieren, Schaden. Am Abend platzt uns der Kopf, weil er voll ist von Input, ständig hektische Kreise dreht und nicht mehr zur Ruhe kommt. Wir versuchen, so viel wie möglich gleichzeitig zu machen, streifen Informationen aber nur noch oberflächlich und sind nahezu besessen davon, ständig erreichbar zu sein, um ja nichts Wichtiges zu verpassen und handlungsfähig zu bleiben. Grenzen verschwinden – die meisten Menschen sind bis auf ihre paar Stunden unruhigen Schlafes immer „on air“.
Dieses Phänomen unseres alltäglichen Bewusstseinszustandes nenne ich in meinem Buch »gedankliches Nomadentum«: Wir sind permanent damit beschäftigt, den nächsten Moment zu planen oder mit unseren Gedanken in die Vergangenheit abzuschweifen, zu bewerten, zu vergleichen, Urteile zu fällen, uns zu ärgern, zu ängstigen, enttäuscht zu sein, haben zu wollen oder zu grübeln. Immer wieder sind wir im Unfrieden mit dem, was gerade geschieht. Die Gedankenflut zieht uns in ihren Bann, und wir kommen aus dem permanenten Denken in alle Richtungen nicht heraus.
Durch dieses Wegstreben aus der Gegenwart verpassen wir jedoch das echte Leben, denn „Leben“ ist immer nur dieser eine Moment, der weder gestern, noch morgen stattfindet. Sondern JETZT! Unser Gehirn kann sich evolutionsbedingt immer nur auf eine Aufgabe konzentrieren! Müssen wir zeitgleich verschiedene Informationen verarbeiten, wechseln wir zwischen den Reizen hin und her. Man könnte es auch »geistiges Zapping« nennen! Zu viele Entscheidungen und ständige Reize verursachen großen Stress und verschleißen unser Gehirn. Die Folgen sind: Nur vordergründige Effizienz, Zeitverluste, eine höhere Fehlerquote, qualitativ schlechter Output, zunehmendes Stressempfinden und Druck, Unzufriedenheit, emotionale Blockaden, Konzentrationsprobleme und Gedächtnisstörungen sowie hoher Energieverlust, eine kurze Aufmerksamkeitsspanne, Gereiztheit und geringe Frustrationstoleranz bis hin zur Unfähigkeit, sich zu konzentrieren und Informationen aufzunehmen.
Dauerhaftes Kompensationsverhalten macht unfrei
Oft kompensieren wir das Stressempfinden mit schädlichen Verhaltensweisen wie zum Beispiel Rauchen, Alkohol, Medikamenten, zu viel Zucker oder ungesundem Essen, um uns kurzfristig zu belohnen beziehungsweise zu entspannen. Wir meinen, damit weiterhin leistungsfähig zu sein und dem Gefühl von Enge und Druck Abhilfe zu schaffen. Digitale Medien sind für viele Prozesse im Alltag und Beruf eine große Hilfe, doch digitaler Dauerstress isoliert uns emotional und sozial, macht uns krank, dumm (Qualität gering, Quantität hoch), unglücklich und süchtig! Unser Kopf ist nicht frei, sondern gleicht einem inneren Gefängnis oder einem voll gestopften Raum, der nie gelüftet oder entrümpelt wird. Aufgrund dessen können wir unser ganzes Potenzial und unsere Kreativität nicht nutzen. Wir sind abgeschnitten von wichtigen Gefühlen und unserer Intuition, unfrei und stecken in unseren Mustern fest.
Den Fokus auf die Gegenwart richten
WellenMUT verändert unser Alltagsbewusstsein, indem wir unseren Fokus Schritt für Schritt wieder stärker auf die Gegenwart richten und aus diesem inneren Zentrum heraus agieren. In der Gegenwart kann kein Stress überleben, und wir können uns wieder frei machen, Gedanken fokussieren und neue Entscheidungen treffen.
Der zentrale Fokus der meisten Menschen heute ist mit hoher Wahrscheinlichkeit E-Mails, im Netz surfen, soziale Netzwerke, Apps und SMS. Das sind Ablenkungsfaktoren Nummer eins. Diese Reize haben noch dazu Sogcharakter und torpedieren das Gegenwartsbewusstsein. Sie machen uns zum ferngesteuerten Opfer von äußeren Reizen. Trennen Sie diese Nabelschnur! Weniger ist oft mehr. Starten Sie diese neue Art, Ihren (Arbeits-)Tag zu gestalten, zuerst in kleinen Schritten. Hauptsache, Sie beginnen und bleiben dann konsequent bei dem, was Sie sich vorgenommen haben.
Medienfrei in den Tag!
Mein spezieller Tipp: Starten Sie digital nackt in den Morgen und gönnen Sie sich in der ersten Zeit des Tages eine ruhige, medienfreie Zeit. Sie könnten zum Beispiel in Ruhe frühstücken, eine Tasse Kaffee genießen oder eine halbe Stunde joggen gehen, anstatt bis zur letzten Minute im Bett liegen zu bleiben, den Fernseher anzumachen oder in Ihr Handy zu sehen. Gönnen Sie sich ebenfalls abends eine medienfreie Zeit und am Wochenende (zum Beispiel Handy weglegen) und reduzieren Sie während des Tages durch kurze Zeiten der stillen Reorientierung die Informationsdichte. Die beste Übung dazu ist der Fokus auf die Atmung. Schließen Sie für etwa eine Minute die Augen und richten Sie die Aufmerksamkeit nur auf Ihre Atmung. Auch ein kleiner, bewusster Spaziergang im Freien kann manchmal Wunder wirken.
Bleiben Sie wellenMUTIG im JETZT
Bleiben Sie so oft wie möglich bei dem, was Sie JETZT gerade tun und stoppen Sie Gedanken, die wieder abdriften wollen. Dies ist insbesondere dann wichtig, wenn der Tag eine hohe Termindichte hat und wichtige Entscheidungen anstehen. Wer wellenMUTIG ist, lässt sich nicht von den Medien unbewusst führen, sondern führt sich selbst im Umgang mit Medien. Lassen Sie das Bedürfnis los, alles auf einmal erledigen zu wollen. Ihre Qualität des Tuns, Ihr Energielevel und der tägliche Output werden sich deutlich verbessern.
Die Gegenwart sollte Ihr bester Berater werden und Ihr Freund sein. Je schneller Sie sich mit dem gegenwärtigen Geschehen arrangieren können, desto entspannter, flexibler, freier und stärker werden Sie. Ärger ändert nichts, außer Ihre innere Gefühlslage. Sie bestrafen sich damit doppelt und verlieren Energie.
Dies ist ein Aspekt von WellenMUT, der Ihre innere Ausrichtung in der beruflichen Aktivität mit etwas Übung nachhaltig positiv verändern wird, weil Sie sich durch Gegenwärtigkeit befreien und aus der täglichen Gedankenflut aussteigen. Nur so können Sie Ihren Geist wirklich nutzen und seine Fähigkeiten erschließen.
Im nächsten Beitrag – im nächsten Jahr – geht es um unentdeckte Potenziale und wie wir sie mit WellenMUT erkennen und lebbar machen können.—
*Vgl.: Was ist WellenMUT und woran erkennen wir ihn?—
Über Brigitta C. Kemner
Brigitta C. Kemner ist Personal Coach, Business Coach und Rednerin und begleitet seit 2003 Führungskräfte, Manager, Geschäftsführer, Unternehmer, Selbstständige und Privatpersonen bei persönlichen und beruflichen Veränderungen. Dabei liegen ihre Schwerpunkte besonders bei den Themen Selbstbalance, Selbstführung, Menschenführung, Potenzialentwicklung und Kommunikation. Ein neues Bewusstsein, innere Freiheit, Gelassenheit, Empathie und Selbstverantwortung sind ein wesentlicher Bestandteil ihrer Arbeit mit Menschen und für die Aktivierung von inneren Ressourcen.
Mehr über Brigitta C. Kemner erfahren Sie auf www.brigitta-kemner.com.
