Das Ende des Internets in Deutschland: Telekom drosselt DSL bundesweit

… aus der wöchentlichen Kolumne von ElSchnuppero.

Seien Sie so nett und klicken Sie erst einmal auf den Player, der Ihnen zunächst ein wunderschönes Klangbeispiel dessen geben wird, was dem geneigten Internetuser ab Mai 2013 blühen wird.

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Erkennen Sie das Geräusch? Nun, für die jüngeren Leser, es handelt sich hier um die unverwechselbaren Töne, die ein gutes, altmodisches Modem von sich gibt, wenn es versucht, sich über Telefonleitung ins Internet einzuwählen. Nun wird sich der geneigte Leser und die geneigte Leserin jedoch fragen: Was hat das mit mir zu tun? Ich lebe im Jahr 2013, mit Glasfaser, Standleitungen, LTE und allerlei anderen Hightech-Datenverbindungen und nicht mehr an der Schwelle zum Jahr 2000. Tja, das sehen wir alle so. Wirklich alle? Nein, denn die Firma, die das deutsche Internet beherrscht, sieht das ganz anders. Die deutsche Telekom findet: Das Internet ist zu schnell und muss gedrosselt werden. Was wie ein Aprilscherz klingt ist traurige Wahrheit. Die magentafarbene Innovationsbremse aus Bonn hat am gestrigen Montag nämlich folgendes bekannt gegeben: „Ähnlich wie im Mobilfunk soll es in Zukunft auch bei Festnetztarifen für die Datenübertragung ein bestimmtes Volumen geben, das inklusive ist. Ist dieses Volumen aufgebraucht, wird die Übertragungsgeschwindigkeit gebremst.“

Um die Sache kurz und knackig zu machen: Benutzen Sie ihr Internet für mehr, als nur Ihre Emails zu lesen, wird die Telekom Ihnen über kurz oder lang den Saft abdrehen. Und wer ist nach Ansicht der Telekom schuld daran, dass man das Internet regulieren müsse? Nein, ausnahmsweise sind es weder Christian Wulff noch die Gewerkschaften: Es ist der gemeine „Power-User“. Sie haben richtig gelesen. Entschließen Sie sich im Netz angebotene Inhalte legal zu nutzen, werden Sie zum Power-User und sind schuld daran, dass man mich zurück in das Modem-Zeitalter beamt.

Da fragt man sich doch: Was hat die Telekom zu so einem unglaublich dämlichen Schritt bewogen? Der Blog Mobilegeeks hat dazu folgende Meinung: „Sämtliche Provider in Deutschland haben in den letzten Jahren einen Dornröschenschlaf gehalten, wenn es darum ging neue Geschäfts- und Servicemodelle zu entwickeln, die ausserhalb des traditionellen Produktportfolios liegen. […] Die heutige Ankündigung der Deutschen Telekom ist nicht mehr und nicht weniger als ein Offenbarungseid. Seht her, wir haben in all den Jahren verpennt uns neu zu positionieren. Ja im Grunde genommen sind sie nie über die Evolutionsstufe des “wir legen dir einen Internetanschluss” bzw. “hier ist dein Mobilfunkvertrag mit Vielsurfer-Paket” hinausgekommen und erhalten dafür nun die Rechnung.

All dies kann aber nur funktionieren, wenn nun alle Anbieter nachziehen! Angesichts des Quasi-Monopols, den die Telekom bei den Leitungen ausübt, ist dies jedoch nur eine Frage der Zeit.

Dabei werden allerdings – neben dem unglaublich schnellen Absterben der Telekomkundschaft – noch andere Schwierigkeiten auf den Konzern warten. Das Handelsblatt hat bereits festgestellt, dass die Kartellwächter wohl recht bald dort auf der Matte stehen werden: „Fatal ist jedoch, dass das Tempolimit nicht für die Dienste der Telekom gilt. Ein Beispiel: Wer einen Film der Online-Videothek Maxdome anschaut, muss auf sein Datenkontingent achten, wer den Telekom-Dienst Entertain nutzt, dagegen nicht. Damit nutzt die Telekom ihre dominante Position als Netzbetreiber, um Kunden auch von ihren Inhalten zu überzeugen. Das schadet dem Wettbewerb. Ein Fall für die Kartellwächter.

Gleichzeitig verstößt die Telekom gegen die Idee der Netzneutralität. Dieser Regulierungsgrundsatz sieht vor, dass die Telekommunikationsanbieter alle Daten gleich behandeln. Er ist seit den Anfängen des Internets ein Garant für Wettbewerb und Innovationen in der digitalen Industrie, weil jedes Unternehmen seine Dienste ohne Hürden anbieten kann. Mit seiner Pseudo-Flatrate schafft die Telekom auch diesen Grundsatz mehr oder weniger heimlich ab.“

Mittlerweile versucht die Telekom auch über alle Kanäle zu beschwichtigen. Die Einführung in die Neuverträge werde ab dem Mai 2013 vollzogen. Jedoch geht man auf Seite der Telekom davon aus, „…dass wir die Limitierung technisch nicht vor 2016 umsetzen.“ Zudem soll die Einschränkung nur für Neuverträge gelten, Altverträge seien davon zunächst nicht betroffen. Dennoch mehren sich im Netz bereits die ersten Hinweise darauf, dass die Telekom auslaufende Altverträge bei einer Verlängerung einfach als Neuverträge einstufen wird, um die Regel greifbar zu machen.

Man muss sich wirklich wundern, was in den Köpfen der Managementetage der Telekom so abläuft. Nicht nur, dass man Deutschland damit ins vorherige Jahrtausend zurück katapultiert, auch das Krisenhandling des Konzerns in dem nun bereits seit Stunden laufenden Shitstorm ist blamabel. Während auf den Facebook-Seiten ein Telekommitarbeiter ständig „Strg-V“ drückt (dabei kommt dies raus: Hallo XXX, bestehende Verträge sind hiervon nicht betroffen. Alle Infos bekommst du hier: http://bit.ly/14bz18e), versucht man sich auf dem firmeneigenen Blog in subversiver Politik. Unter falschem Namen versuchen dort Angestellte den öffentlichen Tenor zu beeinflussen. Vielleicht hätte man den fleißigen Telekomkommentarschreibern zunächst eine Schulung zu Gute kommen lassen, bevor man sie Dinge schreiben lässt, wie:

[spoiler title=“Für Telekomkommentare klicken Sie hier“ open=“0″ style=“1″]„Wenn die Volumebegrenzung bei 75 GB liegt, kommt ein normaler Nutzer, wie ich vielleicht auf 3 GB im Monat.“

Ist doch alles vollkommen in Ordnung. In meinem 5 Personenhaushalt komme ich bei weitem nicht auf diese Volumen, obwohl ich privat mehrere Homepages betreue, Clouddienste und social Networks intensiv nutze und zeitweise per VPN beruflich im Netz bin.“

Wer normal surft, für den wird sich nichts ändern. Wer mehrere hunder GB durch das Netz schiebt, muss sich mit größeren Tarifen / Pässen auch stärker am Ausbau beteiligen. Wie im Mobilfunk auch – das ist fair und sichert hohe Netzqualität für alle.“

Ganz ehrlich: ich fände die Volumenbegrenzung eine passable Lösung. Irgendwo her muss das Geld für den Netzausbau ja kommen (Voraussetzung ist natürlich, dass künftig dann wirklich mehr gebaut wird!!!). Und wenn man günstig (wie im Mobilfunk) zusätzliches Volumen nachkaufen kann – warum nicht? Hier sollte man wirklich mal umdenken.“[/spoiler]

Wenn Sie ein wenig Zeit haben, besuchen Sie ruhig den Blog der Telekom und lesen Sie sich die Antworten auf die Telekomkommentare durch – ein wahres Fest.

Vielen Dank, liebe Telekom. Ich hoffe, Du bekommst, was Du verdienst. Ich hoffe, dass die Leute, die sich diesen Schwachsinn ausgedacht haben, nicht nur Ihren Job verlieren, sondern sich auch bald möglichst eine Zelle mit Uli Hoeneß teilen.

Nachtrag: Wie uns soeben von einem Dschinn aus der Zukunft mitgeteilt wurde, plant die Telekom die Wiedereinführung der Wählscheibe. Damit soll sogenannten Power-Tippern der Wind aus den Segeln genommen werden.

In diesem Sinne

Gez.: ElSchnuppero

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