Die richtige Präsentation – Interview mit Gerriet Danz

Würden Sie von jemandem Portugiesisch lernen wollen, der selbst nie Portugiesisch spricht? Deshalb sollten Sie auch das Präsentieren ausschließlich bei einem Coach trainieren, der selbst als Redner, Präsentator und Moderator aktiv ist.

Gerriet Danz ist einer der anerkanntesten Kommunikationstrainer Deutschlands. Seine Seminare und Coachings sind so ungewöhnlich wie der Mix seiner Erfahrungen. Er startet seine Karriere zunächst als Kreativdirektor der internationalen Werbeagentur BBDO. 1995 wird er von Spiegel-Chefredakteur Stefan Aust fürs Fernsehen entdeckt und moderiert die VOX News. Nach zwei Jahren als NDR Programm-Moderator präsentiert er insgesamt 220 Folgen des Gameshow-Klassikers JEOPARDY. „Die direkteste Form von Unternehmenskommunikation ist die Präsentation…“ resümiert Gerriet Danz und nutzt deshalb das Know-how aus Marketing und Werbung ebenso wie sein Wissen um eine perfekte Performance vor Publikum oder Kamera.

Im Rahmen der GSA Convention in München hatte Oliver Foitzik, Herausgeber AGITANO, die Möglichkeit gehabt, mit Gerriet Danz über seine Thema "Die richtige Präsentation" zu sprechen.

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Schönen guten Tag Herr Danz, Sie sind Experte für Präsentationen. Was müssen Präsentatoren tun, damit ihre Zuhörer während eines Vortrages nicht einschlafen?

Sie müssen sich erst einmal darüber klar werden, dass das nicht ein Publikum ist, eine graue Masse, sondern dass da Menschen sitzen. Dann müssen sie sich darüber klar werden, dass da Menschen sitzen, möglicherweise auch ein bisschen länger, d.h. diese Menschen müssen zuhören und sich konzentrieren können, sie müssen etwas begreifen, etwas mitnehmen können. Sie wollen inspiriert werden. Dann muss man sich darüber klar werden, dass da nicht nur Menschen sitzen, sondern es geht ein bisschen tiefer, es sitzen auch Gehirne da. Das heißt, wenn ich wirklich in einer Präsentation Menschen erreichen will, muss ich diese Gehirne erreichen. Das Gehirn gehört mit zu den am besten erforschten Teilen / Organen im Körper. Man weiß unglaublich viel darüber, wie ein Hirn in einer Präsentation funktioniert. Ich habe mich gerade im Zusammenhang mit dem Schreiben meines Buches sehr mit Neurologie befasst. Wenn man das mal akzeptiert hat, dass da jemand sitzt mit einem Gehirn und man dem Gehirn entsprechen präsentieren muss, dann kann soviel nicht mehr schief gehen. Tatsächlich sieht die Realität deutlich anders aus. In den meisten Fällen, nicht bei den professionellen Speakern, aber bei den Präsentationen, die ich im Business Alltag so erlebe, wird komplett am Hirn vorbei gearbeitet. Das führt zu Ergebnissen, die sich keiner wünscht.

Gerriet Danz

Sie sind nicht nur Kommunikationsexperte, sondern auch Werbeprofi. Was kann ich, wenn ich mich auf Präsentationen vorbereite, aus der Werbung lernen und mit einbauen, so dass ich mein Publikum möglichst gut abhole?

Da ist zunächst mal die Frage, was hat Präsentation mit Werbung zu tun? Ich glaube, ganz viel. Im Grunde ist es dasselbe. Jede Präsentation ist „darum immer“. Wenn sie eine Präsentation halten, werben sie für ihr Unternehmen, in dem sie arbeiten. Sie werben möglicherweise für ihre Abteilung, in der sie arbeiten. Läuft es gut, wird das für ihre Abteilung auch gut sein, für die Reputation der Abteilung. Sie werben für die Lösung, die sie sich ausgedacht haben, für das Produkt möglicherweise. Und sie werben auch für sich selbst. Das soll heißen, halten sie eine gute Präsentation, ist es gut für sie, für ihre Karriere. Halten sie eine schlechte Präsentation, werden sie nicht gleich geköpft oder entlassen, aber es ist nicht zuträglich. Also halten sie besser eine gute Präsentation, weil das eine gute Sache ist. Das heißt, es ist immer Werbung. Präsentation ist Werbung. Und wenn das so ist, dann müsste es doch so sein, dass die Mechanismen, die in der Werbung stattfinden, die dort eine Zielgruppe erreichen, die dort dazu führen, dass Marken entstehen, die dazu führen, dass Botschaften verankert werden. Dass man weiß, dass Fielmann günstige Brillen hat und bei Sixt entsprechend günstige Autos zu haben sind. Wenn das in der Werbung möglich ist, dann muss das doch genauso in der Präsentation auch stattfinden. Denn das ist ja auch Werbung. Das heißt, diese Mechanismen sind übertragbar und ich habe eine Technik entwickelt, mit deren Hilfe man diese Mechanismen genau eins zu eins übertragen kann.

 

Werbung muss ja, damit sie erfolgreich ist, auch kreativ sein, also auch bei jemandem wirklich ankommen bzw. aufgenommen werden. Was müssen Menschen machen, oder auch Speaker, Trainer, Coachs, alle die präsentieren, damit Sie sich abheben von anderen. Kann ich Kreativität lernen?

Kreativität kann man lernen, Kreativität ist aber zuallererst sowieso erst mal da. Es ist ganz lustig, wenn ich einen Vortrag halte und frage die Menschen, wer von ihnen ist denn kreativ oder behauptet von sich, kreativ zu sein? Man hat da so einen Raum mit 400 Menschen, da zeigen dann so vielleicht zwanzig auf. Wenn man dann die nächste Frage stellt und sagt, wer von Ihnen hat denn als Kind gemalt, gebastelt, gesungen? Dann zeigen alle auf. Wer nicht aufzeigt, der muss sich dann von mir die Frage stellen lassen, was er denn dann sonst gemacht hat? Tatsache ist, wir alle haben das in uns. Wir sind alle kreativ. Die Frage ist nur, inwiefern sind sie in ihrem Berufsalltag in der Lage, diese Kreativität zu nutzen. Natürlich kann Kreativität auch verschüttet werden, durch das, was man so im Alltag macht. Dennoch, eingangs Ihre Frage: Kann man es lernen? Ja, man kann es zurück erlangen. Was dabei hilft, sind Techniken. Sie kennen wahrscheinlich das Brainstorming. Das ist eine der Kreativitätstechniken, die am meisten genutzt wird. Aus meiner Sicht einer der schlechtesten aus unterschiedlichen Gründen. Das würde jetzt zu weit führen. Aber ja, es gibt so ca. 150 Techniken, die man nutzen kann, die wissenschaftlich erforscht sind. Das gilt auch für Präsentatoren. Jetzt kommt das große Aber. Diese 150 Techniken sind nicht geeignet, um in Präsentationen was Tolles sich auszudenken. Ich habe das lange versucht, es zu nutzen für diesen Bereich und bin nie so richtig auf einen grünen Zweig gekommen. Dann habe ich mir gedacht, probiere es doch mal selber, eine Technik zu entwickeln. Das habe ich getan. Diese Technik heißt „Kreatorik“, setzt sich zusammen aus zwei Wortbestandteilen, wie man deutlich hört, nämlich Rhetorik und Kreativität. Es ist eine Technik, die sehr einfach erlernbar ist, mit deren Hilfe man in unglaublicher Schnelle auf gute Ideen für eine Präsentation kommt, für eine wirklich individuelle Präsentation. Das heißt, ausgehend von ihrem Thema, ihrer Botschaft, die sie haben, können sie sehr sehr schnell auf eine gute Idee kommen. Ich zeige das z.B. in Vorträgen und Seminaren meinen Teilnehmern, die sind innerhalb einer Stunde in der Lage, wirklich ihre Präsentation auf links zu drehen. Und zwar so, dass alle „Hurra“ schreien und der Präsentator selber sagt, ich fühle mich viel besser bei dieser Form der Präsentation. Das bin jetzt ich, das ist genau das Gegenteil von einer Präsentation, wo das Licht ausgeht, der Beamer angestellt wird und dann 70 Folien innerhalb von 50 Minuten folgen und das Publikum dann langsam in ein Publikumswachkoma kippt. Das wäre genau das Gegenteil von Kreativität in dem Fall.

Können Sie unseren Zuhörern ein, zwei, drei Tipps geben, wie ich denn diese verschüttete Kreativität heben kann? Viele wollen ja immer so kurzfristig wirkende Hilfestellungen, die man schnell lernen kann. Gibt es da etwas?

Einen generellen Tipp kann man mal sagen. Wenn Sie eine gute Bildidee für ihre Präsentation haben, vielleicht eine gute Metapher, dann überlegen Sie, wie komme ich aus der zweiten in die dritte Dimension. Nehmen wir einmal an, ich wollte darüber reden, dass ein Unternehmen sparen muss. Dann wäre eine Bildidee zum Beispiel ein Sparschwein. In den meisten Fällen der Präsentationen würde man jetzt hingehen und einfach ein Sparschwein irgendwo in eine PowerPoint reinballern, also einsetzen. Dann haben wir wieder die PowerPoint Präsentation an. Es ist wieder dunkel. Der Sprecher steht wieder im Schatten seiner eigenen Präsentation. Alle schauen zur Folie, nicht zum Speaker / Präsentator. Das wäre doch ungeschickt. Jetzt machen wir den Beamer mal aus und nehmen einfach ein dreidimensionales Sparschwein mit, vielleicht auch fünf. Und dokumentieren damit, dass ein Unternehmen in vielleicht fünf unterschiedlichen Aspekten sparen muss.

Gerriet Danz

Das wirkt deutlich stärker als so eine Folie. Weil sie zwei Schritte getan haben. Erstens, sie haben sich überhaupt ein Bild überlegt, sie haben nicht nur gesagt ich spare, und zweitens, sie sind von der zweiten in die dritte Dimension gegangen. Sie haben etwas in die Hand genommen. Sobald sie etwas in die Hand nehmen und hochhalten, sind die Leute bei ihnen. Selbst wenn sie in einer Präsentation schon zwei mal das Schwein hochgehalten haben, halten sie es noch ein drittes Mal hoch. Die Leute schauen immer noch auf dieses Sparschwein in ihrer Hand. Das heißt, sie haben dort eine Wirkung entfaltet. Genau das ist es, was eine Präsentation soll.

 

Was war denn Ihre verrückteste Präsentationsidee, die Sie mal gesehen haben oder auch mal selber umgesetzt haben?

Bei „verrückt“ muss man aufpassen, insofern was heißt das eigentlich genau? Das Ganze muss ja authentisch bleiben. Ich kann einen Don Kosaken Chor auftreten lassen, das würde vielleicht zum Thema passen, je nachdem was es für ein Thema ist. Aber es muss natürlich auch zu mir passen. Bin ich derjenige, der so etwas machen kann. Oder bin ich das eben nicht. Aber die Bandbreite dessen, was man da tun kann, ist sehr weit. Ich habe Dinge schon gesehen, dass jemand einen 10 Euro Schein in einer Präsentation abgefackelt hat. Ich glaube, das ist sogar verboten, ich weiß es nicht. Deswegen sage ich jetzt auch nicht, wer es war. Ich war es nicht! Tatsache ist, das würde ich in der Form auch nicht machen. So eine Sparschwein Nummer, finde ich, das würde jedem irgendwie stehen. Das geht ganz gut. Ich habe einmal beobachtet, wie jemand zwei Flaschen Mineralwasser geleert hat, auf den Bodenbelag eines Präsentationsraumes. Er hat sich vermutlich vorher erkundigt, ob das mit den Bodenbelägen des Raumes vereinbar ist und man ihn nachher wieder trocken legen kann. Auch das würde ich so in der Form nicht machen. Aber in der Bandbreite dessen, was man alles tun kann, das finde ich durchaus kreativ, was die getan haben. Es gibt für alle etwas, was sie tun können. Hauptsache die Menschen haben die Chance, sich auf sie und ihre Inhalte zu konzentrieren. Denn das ist das, was bei PowerPoint meist in die Hose geht.

Gerriet Danz

Also, das Credo lautet, immer authentisch bleiben, immer etwas zu machen, was auch zum eigenen Stil passt.

Na klar, weil der Großteil der Menschen, die präsentieren, einfach schon mal riesig ist. Das ist eine unheimlich graue Masse. Alle präsentieren auf eine ähnliche Art und Weise, wie ich jetzt schon mehrfach beschrieben habe. Da ist es wichtig, sich abzuheben. Das heißt jetzt nicht, dass man kein PowerPoint mehr verwenden darf. Das ist totaler Quatsch. Wenn ich quasi nicht fünfzig Zuhörer in einem Raum habe, wie will ich denen z.B. ein Bild zeigen, wenn ich ein Bild brauche, um das zu unterstützen, was ich sage. Aber es ist wichtig, mit kreativen Ideen Menschen zu überzeugen. Wirklich. Ich habe in meinen Seminaren das immer so, dass ich einen Vorher-/Nachher-Effekt habe. Das heißt also, ich lasse Leute präsentieren, wie sie präsentieren. In einer zweiten Phase bekommen die neue Werkzeuge, eine neue Kreativitätstechnik, mit deren Hilfe sie ihre Präsentation, die ja eben in der Alt-Version gehalten wurde, auseinanderreißen, zerstören – kreative Zerstörer -, und dann wieder neu zusammensetzen. Gleiches Thema, gleiche Botschaft, aber eben neu. Und zu 100% werden diese besser. Es gibt nicht eine Ausnahme in den letzten zwölf Jahren.

Vielen herzlichen Dank für das interessante Gespräch, Herr Danz!

Ich danke Ihnen!

 

Das Interview führte Oliver Foitzik (Herausgeber AGITANO).

 

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