Wer empfohlen werden will, braucht begeisterte, ja geradezu faszinierte Kunden. Bester Ausdruck der Kundenbegeisterung sind deren Ahs und Ohs vor, während und nach dem Kauf. Solche kleinen Momente des Glücks sind es, die der emotional berührte Kunde auch weitererzählt. Emotionen bestimmen, ob wir etwas wollen oder nicht – Emotionen bestimmen auch, ob wir etwas kaufen oder nicht.
In ihrem heutigen Beitrag zur “Touchpoints Montags-Themenserie” zeigt Anne M. Schüller, was Emotionen im Kopf des Kunden auslösen – und warum Emotionen für die Kaufentscheidung so wichtig sind.
Keine Entscheidung ohne Emotion
Erst seit wenigen Jahren können Hirnforscher dem lebenden menschlichen Gehirn direkt bei der Arbeit zuschauen. Beispielsweise können mit Hilfe der funktionellen Kernspintomographie (fMRI) gefahrlos und manipulationsfrei Aktivitätsmuster in den unterschiedlichen Hirnregionen optisch dargestellt werden. Und siehe da: Die Emotionen sind die wesentlichen Treiber menschlichen Verhaltens. Und ohne Emotionen wird keine einzige Entscheidung getroffen. Das macht sich das Emotionsmanagement zunutze.
Den Homo oeconomicus gibt es nicht
Wenn wir auch noch so stolz auf unser Denkhirn sind: Den Homo oeconomicus, der vollkommen rational agiert und nur auf seinen Nutzen bedacht ist, den hat es nie gegeben. Für das, was hinter den mehr oder weniger verschlossenen Türen des Unterbewusstseins blitzschnell und ohne unser Zutun passiert, suchen wir erst im Nachklang die Gründe, die uns selbst und anderen plausibel erscheinen. „Kunden brauchen eine rationale Entschuldigung für eine emotionale Entscheidung.“ So brachte es der Werbemann David Ogilvy auf den Punkt.
Das Bauchgefühl entscheidet
Vollautomatisch trifft unser limbisches System, ohne dass wir dies verhindern könnten, ständig überlebenswichtige Entscheidungen: Gut für uns oder schlecht für uns. Gut für uns wird mit einem angenehmen, schlecht für uns mit einem unangenehmen Gefühl belohnt. Dies wird unter anderem verursacht durch Botenstoffe wie Serotonin, Dopamin, Oxitocin, Cortisol und Adrenalin.
Deren Ausschüttung erfolgt zwar über das Gehirn, wir nehmen sie jedoch als körperliche Reaktionen wahr, vor allem im Bereich der inneren Organe. So sprechen wir von Bauchgefühl. Es ist letztlich nichts anderes als eine durch Hirnaktivitäten ausgelöste Veränderung von neuronalen und chemischen Prozessen, die sich mit leiser Stimme in unserem Körper bemerkbar macht.
Gute Stimmung – schlechte Stimmung
Gefühle bestehen also weitgehend aus der Wahrnehmung eines bestimmten Körperzustandes. Wir leben in einem ständigen Spannungsbogen zwischen Plus und Minus, Lust und Schmerz, Freude und Traurigkeit, Glück und Angst, Hass und Liebe, Schwarz und Weiß. Wohlbefinden löst angenehme Gefühle aus. Diese führen wiederum zu positivem Denken und damit zu positiven Entscheidungen. In einem solchen Zustand sehen wir alles rosarot – und konsumieren gern.
Bei Unwohlsein hingegen geht das Ganze ab nach unten, die Welt ist grau in grau – und unsere Kauflust-Zentren sind blockiert. Wer in positiven Gefühlen badet und gut gestimmt ist, kauft bestimmt. Dem Menschen dagegen, der in schlechter Stimmung ist, kann man nichts verkaufen! Das einzig beklagenswerte an dieser Sache: Die „Flüssigkeit des Denkens“, also die gefühlte Zeit, verlangsamt sich bei Traurigkeit und beschleunigt sich im Zustand des Glücks.
Emotionen haben für unser Hirn immer Vorfahrt
In einem Drei-Sekunden-Rhythmus sendet unser Hirn Signale nach draußen und fragt die Welt: Was gibt’s Neues? Doch nur, was aus Sicht des Gehirns relevant ist, wird es tatsächlich auch speichern. Für weit über 99 Prozent dessen, was sich außen tut, ist es blind und taub. Und es ist sehr subjektiv in der Wahrnehmung. Es formuliert Außenreize so um, dass sie in die eigenen Denkmuster passen. Die Sache mit dem halbvollen und halbleeren Wasserglas ist nur ein Beispiel dafür.
Um eine Veränderung herbeizuführen, also beispielsweise etwas zu kaufen, ist ein gehöriger Erregungsgrad der emotionalen Zentren vonnöten. Bei hoher Stimulierung werden Informationen eher und länger gespeichert. „Botschaften, die nicht zu zusätzlichen neuronalen Aktivitäten führen – also langweilige Reize – haben wenig Wahrscheinlichkeit, Zugang zum Gedächtnis zu finden und scheinen demzufolge auch weniger intensiv verarbeitet zu werden“, sagt Professor Lutz Jäncke von der Universität Magdeburg. Emotionen spielen also eine zentrale Rolle.
Langweilige Produkte haben schon verloren
Ihr Produkt ist banal und hat kein emotionales Potenzial? Würden sich die Konstrukteure und Produktentwickler nicht nur mit den Funktionalitäten, sondern mehr noch mit der Erlebnisdimension beim Produktgebrauch beschäftigen, käme es zu manchem „Wow“ der Verbraucher. Entscheidend sind die Emotionen! „Für die größte Zielgruppe der Welt gebaut. Menschen mit Gefühlen.“ So hieß es einmal auf Porsche-Anzeigen zu den 911er-Modellen. Und der Anteil der männlichen Porsche-Käufer liegt bei 90 Prozent. In einem stark emotionalisierten Zustand sind übrigens vor allem Männer bereit, tief in die Tasche zu greifen.
Ihre
Anne M. Schüller
Über Anne M. Schüller
Anne M. Schüller ist Managementdenker, Keynote-Speaker, mehrfache Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als Europas führende Expertin für das Touchpoint Management und eine kundenfokussierte Unternehmensführung. Sie zählt zu den gefragtesten Referenten im deutschsprachigen Raum und hält Vorträge und Workshops zum Thema. Zu ihrem Kundenkreis zählt die Elite der Wirtschaft. Ihr Touchpoint Institut bildet zertifizierte Touchpoint Manager aus und vergibt Touchpoint-Lizenzen.
Kontakt: www.touchpoint-management.de.
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