„Ziel der Initiation ist es den Geist wachzurütteln,
damit der Wille sich herauskristallisiert.“
Unbekannter Verfasser
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Initiation …
… bezeichnete im Altertum die Zulassung zu den Mysterien, zu Geheimbünden oder auch den Aufstieg in einen anderen – in der Regel auch höheren – Seinszustand: ein Fortschreiten, eine unumkehrbare Grenzziehung der Lebenswirklichkeit, die häufig mit Formen des Verlusts der Unschuld und deren Selbstverständlichkeiten verbunden ist und in allen Kulturen am häufigsten mit dem pubertären Ausstieg aus der kindlichen Konstruktion der Wirklichkeit und dem hiermit, wie auch immer gearteten, Erwachsenwerden in der jeweiligen Gesellschaftsform verknüpft wird.
Initiation …
… bedeutet damit jedoch auch zwangsläufig einen körperlichen Prozess, eine Umformung von Leib, Struktur, Ordnung und Lebenswirklichkeit und damit aber auch eine fundamentale, oft unbewusste Verschiebung der Eigen- und Fremdwahrnehmung: Perspektiven öffnen und verschließen sich ohne den oder die Betroffenen vorher über die Unumkehrbarkeit des Verlusts auch gefragt zu haben. Eine Zwangsläufigkeit, der in Zeiten des Übergangs, der Transformation und Transition nicht nur der menschliche, der animalische, sondern – wie gerade folgenschwer mitzuerleben ist – der gesamte Weltkörper per se unterworfen sein kann.
Ein Weltkörper, der der Chaostheorie und den Dynamiken, aus irrwitziger Politik, dem globalisierten Wirtschaften, welcher der Ausdehnung der ihm zwar seit Urzeiten inhärenten und auch verwandten, aber in der Regel differenten Gesellschaftskörper, in Folge bisheriger analoger asynchroner EntwicklungsRhytmiken, kaum standhalten kann.
„Befremdlicher Fremdkörper“
Dynamisiert und radikalisiert durch die unnatürliche Nähe der sozialen Medien, der damit verbundenen Echtzeitdynamiken und dem folgenschweren Zusammentreffen der differenten Zwangsläufigkeiten, ehemals ungebundener oder in anderer Form verbundener Gesellschaftskörper in einer (wenn auch auf dem ersten Eindruck nur gefühlten) emotionalen, ja fast reinen virtuellen Verbundenheit, die jedoch im Millisekundentakt ihre Realität und Daseinsberechtigung wie in den letzten Tagen in und an allen Ecken und Enden des Erdenrunds einzufordern in der Lage ist.
Es entsteht das, was Jean-Luc Nancy einmal sehr schön „befremdliche Fremdkörper“ genannt hat (Vgl.: Nancy, J.-L.: „Ausdehnung der Seele“, S. 55 ff). Fremdkörper sind demnach jede Art von Objekt, Teil, Stück oder Substanz, die mehr oder minder zufällig ins Innere eines Ganzen oder eines Milieus geraten ist. Das, wenn auch nicht organisch, aber auf jeden Fall auf den ersten Blick, als homogen und mit einer eigenen Ordnung versehen ist, welcher der Fremdkörper nicht untergeordnet werden kann.
Eine Verschiebung
Was der Ausdruck Fremdkörper aber auch spürbar macht, ist die dem Fremden eigene Konsistenz. Diese besteht nicht nur in seiner Differenz, sondern auch, ja vor allem darin, dass diese Differenz eine Tatsache eines Körpers – und dieses Wort erhält dann die Bedeutung von Konkretion (eine Verdichtung, Verwachsung und Vergegenständlichung) und selbständiger, ja in sich verschanzter Härte, verschanzt in einem Selbstgenügen, das sich früher oder später jedem anderen Körper gegenüber nur als feindlich erweisen kann.
Eine Verschiebung. Ein Außen, das wenn es sich nicht aus Missachtung, mangelndem Respekt oder reinem Augennutz nicht nur als neues Maß der Dinge, als neues Zentrum, als alter/ neuer Dreh- und Angelpunkt der Lebens- und/oder WeltGeschichte sieht. Oder wie Nancy es ausdrückt: „Hier lässt sich die Kraft der realen, physischen Äußerlichkeit spüren, jene die ihr Maß allein in der materiellen Undurchdringbarkeit hat.“
Ein Körper ist nämlich nur nach einer der beiden einander entgegengesetzten Logiken durchdringbar: Assimilation und Zerstörung. Entweder wird die fremde Materie vom Körper assimiliert – aufgenommen, absorbiert, verstoffwechselt – oder aber sie greift die Integrität des Körpers an: Sie verletzt ihn, peinigt ihn, ja verstümmelt oder zerreißt ihn sogar (Vgl.: Nancy, J.-L.: „Ausdehnung der Seele“, S. 55 ff).
Ins Zentrum eines Neuen Denkens
Jeder von uns, fast jeder oder die Mehrheit auf alle Fälle (ausgenommen sind selbstverständlich die zwanghaften Dauerpubertierer und großen Kinder, die Peter Pans und Cinderellas, ob nun des Abend- oder des Morgenlandes) kennt diese eine alles mit sich ziehende große Veränderung im Leben, dieses Durchtrennen des Selbstverständlichen, der Neupositionierung, der Übernahme von Verantwortung, Eigenverantwortlichkeit, Sorge und Selbstsorge, das Recht auf Selbstbestimmung, der Gewinn von Freiheit und der damit verbundene Verlust einer kindlichen Sorglosigkeit und Naivität, die in der Regel bis auf geschützte, intime Bereiche der Persönlichkeit den ganzen Leib, Körper und Geist durchzieht.
Vielleicht ist es auch dem AugenBlick (meinem ganz persönlichen auf alle Fälle) geschuldet, doch es hilft mir diesen Wahnsinn begreiflich, ja greifbar und verständlich zu machen. Eine globale Veränderung, die in ihrem Ausmaß den ganz großen Zeiten-, den großen Epochenwandeln der Historie, rückblickend mit Sicherheit, ebenbürtig und in ihrer fast revolutionären Wirkkraft auch sein wird.
Darüber hinaus geht es jedoch, meine Ablehnung komparistischer Philosophieansätze einmal ad acta gelegt, darum die vergessenen, ja fast als erstaunlich zu bezeichnenden Analogien der Philosophie des Abendlandes und des Morgenlandes nicht nur wiederzuentdecken, sondern auch ins Zentrum eines Neuen Denkens und eines Neuen Miteinanders zu stellen.
Es muss ja keine Liebe sein
Im Zuge der gesamtgesellschaftlichen Veränderungen, der virtuellen Kommunikation, der globalen Netzwerke, der wechselseitige Verbindungen und Abhängigkeiten, aber auch im Hinblick auf die Offenheit, die Dynamiken und unbekannten, fast unberechenbaren Folgen unseres Tuns und Lassens sich an nicht einschränkenden, aber dennoch altbekannten Initiation zu orientieren: der Pubertät.
Selbstverständlich wirkt es banal und verrückt, doch verrückte Zeiten bedürfen nicht nur, sondern machen eine verrückte Perspektive, einen anderen Blick und Zugang, für die erste Annäherung an das Problem und seine Tragweite jedoch mit Sicherheit, nicht nur hilfreich, sondern vielleicht sogar im Sinne des Problems erst verständlich und nachvollziehbar. Ich habe mir daher auf welt.de einmal die zehn besten Tipps für den Umgang mit renitenten Jugendlichen in der Pubertät zu Rate genommen – und siehe da:
1. Du sollst nicht der beste Freund deines Kindes sein!
2. Du sollst dein Kind falsche Entscheidungen treffen lassen!
3. Du sollst dem Gruppendruck nicht nachgeben – aber ihn verstehen!
4. Du sollst nicht lesen deines Teenies Tagebuch!
5. Du sollst mit deinem Kind über Sex & Drugs & Rock’n’Roll reden!
6. Du sollst dich entscheiden zwischen Hilfe im Haushalt oder Dankbarkeit!
7. Ihr sollt Kompromisse miteinander aushandeln!
8. Du sollst Kritik nicht persönlich nehmen!
9. Du sollst Teenie-Krisen nicht zu Eltern-Krisen werden lassen.
10. Du sollst dein Kind bedingungslos lieben!
Mag sein, dass in der Liebe Vermischung ohne Assimilation und ohne Zerfleischung gibt, Körper ineinander und zueinander, ohne Einverleibung und Entkörperung. Liebe bedeutet aber auch die Vermischung von Zweien, die alle Fallen des einen durchkreuzen und damit so gesehen auch wieder Respekt, Achtung und Offenheit.
Packen wir es an!
Sei es drum: es muss ja keine Liebe sein, ein neues Verständnis innereuropäischer, aber auch transatlantischer Partnerschaft auf dem Boden der Freiheit, Gleichheit und Würde des Menschen, all dessen wofür sich die altehrwürdige, französische Dame, Madame LIBERTÉ, nur noch die Hände vor die Augen und Ohren werfen kann.
»La Liberté éclairant le monde.« Mit Sicherheit, gewiss. Es muss sich nur einer finden, der die Sch***e der letzte Tage und Woche wieder wegwischt. Gefragt sind wir Alle in Zeiten der Madame FIRST, damit nicht ihr „neues“ Licht der Unfreiheit schon bald in unsere Wohnzimmer scheint. Packen wir es an!
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Ihr Ulrich B Wagner