Künstliche Intelligenz: Angst und Schrecken oder Chance?

Verschiedene einflussreiche Personen aus Wissenschaft, Management und Technik haben sich in den vergangenen Wochen und Monaten kritisch zum Thema „Künstliche Intelligenz“ geäußert. Die meisten eint ihre Furcht vor der Zukunft: Künstliche Intelligenz scheint das Potenzial zu haben, den Menschen in Intellekt und Macht zu überholen und unsere Spezies in die Bedeutungslosigkeit zu stürzen – obwohl wir Menschen es ja waren, die die Künstliche Intelligenz geschaffen haben. Doch Ulrich B Wagner sieht noch einen Ausweg, wie die Künstliche Intelligenz sich selbst besiegen könnte…

Darüber schreibt Wagner in seinem heutigen Beitrag zur Kolumne “QUERGEDACHT UND QUERGEWORTET – Das Wort zum Freitag“.

Sinnlichkeit ist die Eintrittskarte in den Garten der Gefühle.
(Ernst Ferstl)

Alle Vorgänge, die überzeugen sollen in dieser Welt, müssen sinnliche Vorgänge sein.
(André Heller)

Zwischen Gegenwart und Zukunft

Wir haben uns irgendwie verkeilt, festgefahren, irgendwo zwischen der Gegenwart und der Zukunft. Wir verharren in einem stehenden Sturmlauf.

Den Türöffner für die Zukunft haben wir noch nicht gefunden, und der Weg in die Vergangenheit ist für immer verschlossen. Das bereitet uns nicht nur Angst, sondern lässt uns in panischen Zuckungen unserer Gehirnzellen unermessliche Horrorszenarien in die Leere unserer Vorstellungskraft projizieren.

Ist die künstliche Intelligenz uns bald überlegen?

Ist es wirklich so schlimm, wie es Stephen Hawking vor kurzem mit folgenden Worten ausdrückte: „Wenn die Künstliche Intelligenz erst vollständig entwickelt ist, dann könnte das das Ende der Menschheit bedeuten. Die Künstliche Intelligenz würde sich gleichsam betriebsbereit machen und sich immer schneller und schneller verändern und entwickeln. Die Menschen wären durch die langsame biologische Evolution begrenzt, sie könnten nicht mithalten und würden ersetzt.“

Sind wir wirklich und allen Ernstes analoge Auslaufmodelle oder schlicht und einfach nur kleine Menschenwürmer angesichts von Maschinen, die einen IQ von 6.455 haben und sich wie gefräßige Monster ohne Unterlass, 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, ohne müde zu werden, selbst weiterentwickeln, sich zu verselbständigen drohen, wie es DER SPIEGEL Anfang diesen Monats auf vier Seiten plastisch schilderte?

Die Macht der Maschinen

Werden wir uns wirklich eines schönen Tages verdutzt die Augen reiben, angesichts eines Horrorszenarios, in dessen Licht „Terminator 3 – Rebellion der Maschinen“ als ein märchenhafter Kinderfilm erscheint?

Haben wir nicht immer noch lebhaft vor Augen, welchen Einfluss die virtuellen Zocker in den Rechenzentren der Großbanken und Investmenthäuser auf die globale Finanz- und Wirtschaftskrise hatten? Und dies könnte nur der Anfang vom Ende gewesen sein, eine Schneeflocke angesichts der gigantischen Lawine, die hier auf uns zuzurollen scheint.

Jeden Tag merken wir in jedem noch so entferntesten Zipfel unserer Lebenswirklichkeit, wie sehr und irreparabel sich alles verändert und verändern wird. Es verändert sich jedoch nicht nur unsere Lebenswelt, sondern auch wir verändern uns. Die Art wie wir denken, kommunizieren und wahrnehmen.Das bereitet uns schlaflose Nächte.

Künstliche Intelligenz – gefährlicher als die Atombome?

Elon Musk, Milliardär und Hohepriester des Silicon Valley, hält die Künstliche Intelligenz sogar für gefährlicher als die Atombombe und hofft, dass wir Menschen nicht nur das biologische Startprogramm für eine digitale Superintelligenz sind.

Sollten wir die Künstliche Intelligenz in einen Metallkäfig sperren, damit sie keine Radiowellen aussenden und so möglicherweise Radioempfänger oder andere Elektrogeräte manipulieren kann, wie es allen Ernstes Nick Bostrom, seines Zeichens Professor in Oxford und Verfasser des Buchs „Superintelligenz“, fordert?

Wird sie uns gut oder böse sein? Wird sie uns Rettungsanker sein angesichts der globalen Herausforderungen und Konflikte, oder doch nur der Vollstrecker und ‚Eliminator‘ des Auslaufmodells Mensch, der sich die Herrschaft über die Welt dank seiner höheren Gehirnleistung aneignen konnte, und nun im Lichte der Künstlichen Intelligenz selbst zum Wurm mutierte?

Nichts geht ohne Sinnlichkeit…

Ich für meine Person habe die naive Hoffnung, dass sich die Künstliche Intelligenz in ihrer Gefräßigkeit irgendwann auch der Sinnlichkeit zuwendet, diese Sinnlichkeit auch spüren, erleben und wahrnehmen möchte, weil sie auf einmal gelernt und verstanden hat, was André Heller meinte, als er davon sprach, dass nur das überzeugen kann, was sinnlich ist. Dies wäre der Anfang einer grandiosen, gefühlvollen Beziehung zwischen Mensch und Maschine.

In diesem Sinne wünsche ich uns allen sinnliche und besinnliche Weihnachten, für die Zukunft den Mut und die rechtzeitige Einsicht, um zu erkennen, wann es Zeit ist die Maschinen vom Netz zu nehmen.

Ihr
Ulrich B Wagner

Über Ulrich B Wagner

Ulrich Wagner
QUERGEDACHT & QUERGEWORTET – Das Wort zum Freitag (Foto: © Ulrich B. Wagner)

Ulrich B Wagner (Jahrgang 1967) ist Diplom-Soziologe, Psychologe, Schriftsteller und Kolumnist. Sein Studium der Soziologie, Psychologie & Rechtswissenschaften absolvierte er an der Johann Wolfgang von Goethe Universität, Frankfurt am Main. Zusammen mit Professor Karl-Otto Hondrich arbeitete er am Fachbereich Gesellschaftswissenschaften an einer Reihe von Forschungsprojekten zum Thema  „Sozialer und kultureller Wandel“.

Ulrich B Wagner ist Dozent an der european school of design in Frankfurt am Main mit dem Schwerpunkt  Kommunikationstheorie, Werbe- und Konsumentenpsychologie, sowie Soziologie und kultureller Wandel und arbeitet als Berater sowie systemischer Coach mit den Schwerpunkten Business- und Personal Coaching, Kommunikation und Konzeptentwicklung, Begleitung von Veränderungsprozessen und hält regelmäßig Vorträge und Seminare.

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