Immer mehr Menschen in Deutschland arbeiten als Solo-Selbständige, also auf eigene Rechnung und ohne Angestellte. Zwischen 2000 und 2011 ist die Zahl dieser Ein-Personen-Unternehmen einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) zufolge um rund 40 Prozent auf etwa 2,6 Millionen angewachsen. Damit sind mittlerweile rund 57 Prozent aller Selbständigen in Deutschland Solo-Selbständige. Immer öfter arbeiten sie in künstlerischen Berufen, als Lehrer, Publizisten, Psychologen oder in pflegerischen Berufen, immer seltener im Handwerk. Sie sind im Durchschnitt besser qualifiziert als die Gesamtheit der Erwerbstätigen, nicht aber besser verdienend. Rund ein Drittel von ihnen müsste dem Niedriglohnsektor zugerechnet werden, fand DIW-Arbeitsmarkt-Experte Karl Brenke heraus. Er hat die Situation der Solo-Selbständigen in den vergangenen zwei Jahrzehnten analysiert und festgestellt: „Nicht vorrangig konjunkturelle Entwicklungen, sondern vor allem die Gesetzeslage und staatliche Förderungen etwa der Ich-AGs haben schubweise die Zahl der Solo-Selbständigen steigen lassen.“
Nach den Motiven für die Einzel-Selbständigkeit gefragt, waren die Wünsche „der eigene Chef zu sein“ und „neue Ideen umzusetzen“ häufige Antworten. Aber auch „nicht mehr arbeitslos sein“, „keine andere Anstellung gefunden“, „Benachteiligung am Arbeitsplatz“ und „von Anderen zur Gründung geraten“ waren oft genannte Motive. Ob sich der zweithäufigste genannte Wunsch – „mehr Geld verdienen“ – für die meisten erfüllt, bezweifelt DIW-Arbeitsmarktexperte Karl Brenke. „Ein erheblicher Teil der Solo-Selbständigen erzielt nur ein geringes Einkommen. Mehr als 30 Prozent von ihnen beziehen nur ein Einkommen pro Stunde, was den Einkommen der Arbeitnehmer im Niedriglohnsektor entspricht. Bei den abhängig Beschäftigten beträgt dieser Anteil seit 2006 22 Prozent“, so Brenke. Besonders hoch ist der Anteil der Geringverdiener unter den Solo-Selbständigen in Ostdeutschland, bei den Frauen, bei den relativ vielen Teilzeitkräften und erwartungsgemäß bei den Geringqualifizierten. Ein Teil der Solo-Selbständigen hat hohe Einkommen, aber viele erzielen nur spärliche Einkünfte. Bei den mittleren Einkommen liegen die Solo-Selbständigen sogar hinter den Arbeitnehmern zurück. Es werden deshalb oft auch keine finanziellen Rücklagen gebildet. Für viele Menschen stellt diese Erwerbsform offenbar eine Übergangslösung dar. Während rund 85 Prozent der abhängig Beschäftigten fünf Jahre nach ihrer ersten Befragung immer noch denselben Erwerbsstatus hatten, galt das nur für etwa 55 Prozent der Solo-Selbständigen. Zum Job-Motor entwickeln sich diese Ein-Mann-Unternehmen in den seltensten Fällen. „Nur knapp ein Zehntel der im Jahr 2006 befragten Solo-Selbständigen hatte im Jahr 2011 Beschäftigte“, fand Brenke heraus. Rund ein Fünftel hatte in der Zwischenzeit die Solo-Selbständigkeit aufgegeben und eine Festanstellung gefunden. „Einige Solo-Selbständige schaffen es, sich eine dauerhafte und ausreichende Erwerbsgrundlage zu schaffen“, urteilt Brenke. „Viele müssen jedoch auch wieder aufgeben und wechseln in eine abhängige Beschäftigung.“ Nur ein relativ geringer Anteil von ihnen ist jedoch in die Arbeitslosigkeit gerutscht.
Im internationalen Vergleich liegt Deutschland mit einem Anteil von rund zwölf Prozent Selbständigen und davon 57 Prozent Solo-Selbständigen unter dem EU-Durchschnitt von etwa 17 Prozent Selbständigen, davon 72 Prozent Solo-Selbständigen. „Ein hoher Anteil an selbständiger Beschäftigung ist aber kein Indiz für wirtschaftliche Stärke der einzelnen Länder – eher trifft das Gegenteil zu. Und in Deutschland ist die Zunahme der Solo-Selbständigen nicht nur positiv zu sehen, denn es werden wohl auch Funktionen, die früher von Festangestellten wahrgenommen wurden, in die Selbständigkeit ausgelagert“, so Brenke. Ein konjunkturelles Muster lässt sich in der Entwicklung der Solo-Selbständigkeit nicht erkennen. Größere Veränderungen hängen vielmehr von der Förderung und Subventionierung durch die Arbeitsverwaltung ab. So hat sich die Zahl der Solo-Selbständigen vor allem ab dem Jahr 2003 erhöht, als die Förderung für sogenannte Ich-AGs angesichts steigender Arbeitslosigkeit deutlich ausgeweitet wurde.
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DIW-Wochenbericht 7/2013 | PDF, 449.45 KB
DIW-Wochenbericht 7/2013 als E-Book | EPUB, 2.02 MB
DIW-Interview mit Karl Brenke | MP3, 2.63 MB
(Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung)
Weitere Informationen zur Selbständigkeit in Deutschland auf Seite 2