Diversity Faultline schwächen, Teamzusammenhalt stärken, heterogene Teams zum Erfolg führen

Der Diversity Ansatz sieht Vielfalt in Teams als Chance zu produktiver Perspektivenvielfalt. Wenn aber die Diversity Faultline, also die Gefahr der Subgruppenbildung in heterogenen Teams nicht beachtet wird, dann besetzen Führungskräfte statt eines Winning Teams schnell eine Sabotage-Truppe. Worauf Führungskräfte bei der Auswahl der Teammitglieder achten müssen, um die Diversity Faultline abzuschwächen, weiß Andrea Mollenhauer von der mmc AG.

„Diversity Faultline lädt zum Sozialen Faulenzen ein“ – Interview mit Andrea Mollenhauer

Hallo Frau Mollenhauer, worauf müssen Führungskräfte achten, wenn sie ein Team besetzen?

Natürlich in erster Linie darauf, die kompetentesten Mitglieder für das Team zu finden. Dabei kommt es nicht nur auf die Fachkenntnisse an, sondern auch auf soziale Kompetenzen wie Kommunikationsfähigkeit, Kompromissbereitschaft aber auch Durchsetzungsvermögen. Wie sich jeder vorstellen kann, sollte man hier auf einen gesunden Mix setzen. Denn lauter Alpha-Tiere werden wohl kaum zu einem produktiven Dialog kommen und lösungsorientiert arbeiten – sondern sich eher in Selbstdarstellungsbemühungen üben. Deshalb sollten verschiedene Charaktere zusammenarbeiten.

Sie haben bereits die Verschiedenheit angesprochen. Welche Rolle sollte der Diversity Ansatz bei der Teambesetzung spielen?

Bei der Zusammenstellung eines Teams kommt es darauf an, möglichst viele verschiedene Perspektiven zusammenzubringen. Schließlich geht es darum, kundenorientiert Probleme zu lösen. Verschiedene Blickwinkel sorgen dafür, dass erstens viele Probleme erkannt und zweitens viele verschiedene Lösungsmöglichkeiten in Betracht gezogen werden.

Der Diversity Ansatz besagt, dass Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen möglichst viele verschiedene Merkmale aufweisen sollten, um kreative Problemlösungen zu erarbeiten. Diese Merkmale sind Alter, Geschlecht, Religionszugehörigkeit, Herkunft, Charakter, Ausbildung, Hierarchiestufe und Funktion im Unternehmen.

Studien haben gezeigt, dass Teams, die nach dem Diversity Ansatz zusammengestellt wurden, bessere Ergebnisse erzielen, produktiver und lösungsorientierter zusammenarbeiten.

Kritiker behaupten aber, dass heterogene Teams schlechter zusammenarbeiten als homogene. Was sagen Sie dazu?

Unter bestimmten Umständen haben diese Kritiker Recht. Denn bei der Zusammenstellung von Teams muss man darauf achten, dass die verschiedenen Merkmale möglichst zufällig auf die Team-Mitglieder verteilt werden. Sonst entstehen Subgruppen innerhalb des Teams, die gegeneinander statt miteinander arbeiten. Es kommt zu Kommunikationsschwierigkeiten, Missverständnissen und Konflikten. Mitunter lädt ein Team mit starker Diversity Faultline, also einer Bruchstelle zwischen Subgruppen, sogar zum Sozialen Faulenzen ein: Die Team-Mitglieder lehnen sich zurück und schieben den anderen die Schuld in die Schuhe. Ihr Dilemma: Wenn das Team Erfolge hat, dann werden die ja auch der ungeliebten anderen Subgruppe zugerechnet – das will man auf jeden Fall vermeiden. Also lieber gar keine Erfolge.

Können Sie die Diversity Faultline an einem Beispiel näher erläutern?

Stellen Sie sich vor, Sie haben ein Team aus drei Juristinnen zwischen 25 und 35 Jahren und aus zwei Ingenieuren zwischen 40 und 50 Jahren. Die Merkmale Geschlecht, Ausbildung und Alter sind zwar innerhalb des Teams verschieden, aber innerhalb zweier Subgruppen homogen verteilt. Was wird wohl passieren? Die weiblichen jüngeren Juristinnen tauschen sich mehr untereinander aus, sie machen zusammen Pause und treffen sich vielleicht sogar privat. Das Gleiche passiert bei den männlichen, etwas älteren Ingenieuren. Alle Vorteile eines heterogenen Teams sind dahin – weil sich zwei homogene Teams innerhalb der Gruppe bilden. Deshalb sind Teams mit starker Diversity Faultline deutlich weniger produktiv und kreativ als solche mit einer schwachen Diversity Faultline.

Im Beispiel wäre es daher besser, das Team bestünde aus zwei Juristinnen, 43 und 33 Jahre alt, einem Juristen, 34 Jahre alt, einem Ingenieur, 50 Jahre alt, einer Ingenieurin, 45 Jahre alt. Dann wären die Merkmale zufällig verteilt und die Gefahr der Subgruppenbildung gering.

Nun haben nicht alle Unternehmen unbegrenzt personelle Ressourcen, um die Subgruppenbildung durch die zufällige Verteilung von Merkmalen zu vermeiden. Sie müssen mit den Ingenieuren, Programmieren, Designern, Juristen usw. zurechtkommen, die dort arbeiten – ob männlich oder weiblich, jung oder alt, mit oder ohne Migrationshintergrund. Was kann man außerdem noch gegen die Diversity Faultline tun?

Eine zentrale Rolle kommt den Führungskräften zu. Wie Forscher gezeigt haben, können sie z.B. durch einen transformationalen Führungsstil und starke Diversitätsüberzeugungen dazu beitragen, die Diversity Faultline abzuschwächen. Wie ich in meinem Beitrag Winning Team oder Sabotage-Truppe? Diversity ist Pflicht bei der Teambesetzung gezeigt habe, sollten Führungskräfte außerdem

  1. Teamzusammenhalt durch Betonung von Gemeinsamkeiten stärken: Ein gemeinsames Ziel schweißt das Team über Unterschiede hinweg zusammen und lässt alle an einem Strang ziehen.
  2. Mitarbeiter mit starken Diversitätsüberzeugungen auswählen: Die Diversitätsüberzeugung der Team-Mitglieder hat einen positiven Effekt auf den Erfolg des Teams. Wer gegen Diversity arbeitet, hat in einem solchen Team nichts verloren.
  3. Erfolge betonen, fördern und kommunizieren: Heben Sie Erfolge heterogener Teams hervor und kommunizieren Sie sie sowohl im Team als auch im Unternehmen. Denn Vielfalt ist für alle eine Bereicherung.
  4. Selbst ein Vorbild sein: Wie ist es um Ihre eigenen Diversitätsüberzeugungen bestellt? Reflektieren Sie sie kritisch und tauschen Sie sich mit Kollegen, Mitarbeitern und Teammitgliedern über Diversity aus.

Dann steht dem Erfolg eines heterogenen Teams nichts mehr im Wege!

Frau Mollenhauer, ich danke Ihnen ganz herzlich für das interessante Interview.

Das Interview mit Andrea Mollenhauer, Partner der mmc AG, führte Dr. Katja Heumader, Redakteurin AGITANO.

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