Druck und Angst motivieren nicht: Schluss mit Zuckerbrot und Peitsche

Druck mag zwar kurzfristige Erfolge erzielen, wenn es darum geht, Mitarbeiter zum Arbeiten zu bewegen. Langfristig motivieren tun aber weder Druck noch Angst. Vielmehr lähmen diese Gefühle, sie vermiesen den Spaß an der Arbeit und führen langfristig zu psychischen Erkrankungen und Burn-Out. Positives Feedback und ein Klima, das geprägt ist von gegenseitigem Vertrauen, sind zwar aufwändiger, aber auch wesentlich nachhaltiger als Druck, Stress und Angst. Im heutigen Beitrag zu ihrer Themenserie „Anders denken“ zeigt Nicola Fritze, wie unser Gehirn bei Angst und Stress unter Druck gerät.

Mitarbeitermotivation mit Daumenschrauben?

„Zur Not lege ich halt die Daumenschrauben an.“ Diesen Satz höre ich im Gespräch mit Führungskräften häufig, wenn es um die Motivation von Mitarbeitern geht. Die Logik: Wenn man als Chef mit freundlicher Kommunikation nicht zum Ziel kommt, helfen nur Angst und Druck, um Mitarbeiter zur Arbeit zu bringen. So richtig wohl ist es damit zwar nur wenigen Vorgesetzten. Doch in den meisten Köpfen ist noch fest verankert: Wenn das Zuckerbrot nicht hilft, kommt die Peitsche raus!

Druck aktiviert

Und tatsächlich: Der Satz „Tu, was ich will, sonst…“ zeitigt ganz schnell Reaktionen. Menschen bewegen sich, wenn sie Angst haben und Druck spüren. Angst vor Bestrafung, vor sozialer Ächtung, vor Entlassung. Den Druck, sich anders verhalten zu müssen als bislang. In uns ist evolutionär verankert, dass wir unser Verhalten ganz schnell ändern können, wenn wir bedroht werden. Plötzlich tun wir in rasendem Tempo Dinge, die sonst eher schwer fallen. Wir durchbrechen Gewohnheiten, verhalten uns anders als sonst. Langsame sind auf einmal schnell, Laute leise, Sanfte hart.

Bei Bedrohung warnt das Gehirn

Der neurologische Grund für diesen Verhaltenswechsel liegt in zwei kleinen, mandelförmigen Teilen unseres Gehirns verborgen. Sie heißen Amygdalae und sind der Teil unseres Denkapparats, der für das Erkennen von Bedrohung und das Auslösen von Angst maßgeblich verantwortlich sind. Ohne diese kleinen Mandelkerne wäre es uns unmöglich, Furcht oder Aggression zu empfinden – sie sind aber auch an positiven Empfindungen wie Erregung und Lust beteiligt. Wenn die Amygdalae Alarm schlagen, übertönt das in der Regel alle anderen Signale des Gehirns. Dann heißt es: Achtung! Nimm Dich in Acht! Schütze Dich! Bring Dich in Sicherheit!

Im Bürokontext bedeutet das, dass Mitarbeiter sich bei ausreichender Angst einfach so verhalten, wie es der Chef gerne hätte. Denn sobald das passiert, ist der Vorgesetzte zufriedener als vorher. Der Druck nimmt ab. Uff. In Sicherheit.

Positive Motivation sieht anders aus

„Toll“, könnte man sich als Führungskraft denken. „Dann brauchen wir im Büro ja gar nicht mehr großartig Energie in konstruktive, positive Motivation zu stecken. Mit Druck geht das alles viel effizienter!“ Aber so einfach ist es eben nicht. Denn Angst bewegt uns zwar, sie aktiviert uns. Deshalb wirkt sie manchmal wie die einfache Lösung. Aber Angst motiviert uns eben nicht, schon gar nicht dauerhaft. Das sagt die Forschung, die Angst und Druck langfristig gar als Motivationskiller erkannt hat.

Kreativität sinkt messbar

Wer Stress- und Angstpegel im Büro dauerhaft hoch hält, schädigt nachhaltig das Sozialgefüge im Büro. Die Fähigkeit zu vertrauen, die Bereitschaft zur positiven Zusammenarbeit, der Wille, kreativ eigene Lösungen zu finden – all das nimmt messbar ab, wenn Menschen vor allem über Angst aktiviert werden. Tatsächlich ist sogar nachweisbar, dass die Sozialfähigkeit des Gehirns eingeschränkt wird, wenn unser Angstzentrum zu häufig aktiviert ist. Und nicht nur das: positive Botenstoffe wie Dopamin, die Glücks- und Belohnungsgefühle auslösen, werden weniger ausgeschüttet. Auch das kann über längere Zeit dazu führen, dass unser Gehirn in einem äußerst ungünstigen Zustand arbeitet.

Angst macht krank

Hinzu kommt: Wer dauerhaft Druck, Angst und Stress erträgt, hat ein hohes Krankheitsrisiko. Nicht ohne Grund beobachten wir heute, dass Erkrankungen wie Depression oder Burn-Out rapide zunehmen. Diese Leiden sind psychosomatisch bedingt, haben also viel mit dem inneren Zustand zu tun, der sich dann im Körper abbildet. Jenseits des Ungleichgewichts im Hirn sind Angst und Stress also auch für psychische Volkserkrankungen verantwortlich!

Vertrauen ist der Schlüssel zum Erfolg

Wer seinen Mitarbeitern dauerhaft motiviertes Arbeiten ermöglichen möchte, muss also den entgegengesetzten Weg gehen. Vertrauen, positives Feedback und die Möglichkeit für persönliches und professionelles Wachstum sind im Alltag zwar manchmal mühsamer zu erreichen. Aber wer das schafft, legt die Grundlage dafür, dass Menschen anhaltend, selbständig und dazu auch noch mit Freude arbeiten. Schöner ist das allemal –nicht nur für Mitarbeiter, sondern auch für Chefs. Wer möchte schon als furchterregendes, fleisch gewordenes HB-Männchen durch die Bürogänge wandeln?

Ihre
Nicola Fritze

Über Nicola Fritze

Nicola Fritze / Motivation / Stress / Alltag, Egoismus, Aufschieberitis
Deutschlands Motivationsfrau und SHEnote-Speaker (© Bild: Nicola Fritze).

Seit 2001 ist Nicola Fritze vielgefragte Rednerin und Trainerin zu den Themen Persönlichkeitsentwicklung und Motivation. Ihre erfolgreichen Audio-Podcasts „Abenteuer Motivation“ und „Fritze-Blitz“ inspirieren seit 2006 regelmäßig über 30.000 Abonnenten. Sie gehören zu den erfolgreichsten deutschsprachigen Hörsendungen zum Thema Persönlichkeitsentwicklung. Im Februar 2013 erschien ihr neues Buch „Motivier Dich selbst – sonst macht’s ja keiner!“ (SüdWest, 16,99 €) Darin zeigt Nicola Fritze 50 praxisnahe und effektive Methoden auf, wie Lebensfreude und Motivation langfristig zu steigern sind. Weitere Informationen sowie ihre beiden erfolgreichen Hörsendungen finden Sie auf www.nicolafritze.de.

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