Wie misst man Wohlstand, Lebensqualität und Wirtschaftswachstum, wenn man die Nachhaltigkeit der menschlichen Existenz und seiner Gesellschaftssysteme als das höchste Gut ansieht? Spätestens die von Gier und Irrationalismus geprägte Finanz- und Bankenkrise seit 2008, die sich anbahnende weltweite Klimakatastrophe und die absehbar zuneige gehenden Rohstoffvorkommen haben zum Nachdenken über Alternativen zu unserer Art des Wirtschaftens angeregt. Ziel ist es, von dem Zang zu immer schnelleren Wachstum und dem fanatisch-kurzfristigen Quartalsdenken hin zu einer längerfristigen Perspektive zu kommen, die ein Überleben unserer gesellschaftlichen (Sub-)Systeme auch für unsere Nachkommen sicherstellen.
Am Montag, den 15. April 2013 hat nun die seit drei Jahren eingesetzte Enquete-Kommission „Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität“ des Deutschen Bundestages ihren Abschlussbericht vorgelegt. Die Anfänge lagen in dem im September 2009 vorgelegten Bericht der Stiglitz-Kommission im Auftrag der Vereinten Nationen über die adäquate Messung von Wohlstand und sozialen Fortschritt (die Kommission wurde von den beiden renommierten Nobelpreisträgern Joseph E. Stiglitz und Amartya Sen geleitet). In der Folge wurden entsprechende Initiativen unter anderem von der EU-Kommission, Eurostat (dem statistischen Amt der EU) und einigen EU-Mitgliedsländern lanciert.
Nicht nur das BIP, sondern zehn Indikatoren sollen Wohlstand und Fortschritt messen
Was ist Wohlstand? Und wie kann man ihn statistisch messen? Das Wirtschaftswachstum eines Landes ist dafür kein ausreichender Indikator. Vielmehr tragen neben materiellen Aspekten auch soziale Lebensverhältnisse und eine intakte Umwelt zum Wohlstand bei. Die Enquete-Kommission hat am 15.4.2013 in ihrem Abschlussbericht einen Satz an Indikatoren empfohlen, mit dem Wohlstand und gesellschaftlicher Fortschritt in Deutschland laufend gemessen werden können. Die Kommission schlägt konkret zehn Leitindikatoren vor, um Wohlstand und gesellschaftlichen Fortschritt umfassender beobachten zu können.
Neben das Wirtschaftswachstum werden Entwicklungen in der Bildung, den demokratischen Freiheiten, der Gesundheit, der Arbeit sowie der Qualität der Umwelt gestellt. Ergänzend empfiehlt die Kommission Variablen, die bei Überschreitung festgesetzter Schwellenwerte als Warnlampe aufleuchten. Der Umfang von unbezahlter Arbeit, wie Hausarbeit oder ehrenamtliche Aktivitäten, wird mit einer sogenannten Hinweislampe beobachtet.
Die statistischen Ergebnisse des Statistischen Bundesamtes zu den einzelnen Indikatoren bieten einen umfassenden Blick auf die vielfältigen Aspekte des Wohlstands und seiner Entwicklung. Das Statistische Bundesamt hat auch Details zu der im Vorfeld stattgefundenen Experten-Diskussion über die adäquate Messung von Wohlstand finden Sie in den Hintergrundinformationen.
Materieller Wohlstand | Soziales und Teilhabe | Ökologie |
---|---|---|
Leitindikatoren | ||
BIP | Beschäftigung | Treibhausgase national |
Einkommensverteilung | Bildung | Stickstoff national |
Staatsschulden | Gesundheit (Lebenserwartung) | Artenvielfalt national |
– | Freiheit | – |
Warnlampen | ||
Nettoinvestitionen | Qualität der Arbeit | Treibhausgase global |
Vermögensverteilung | Weiterbildung | Stickstoff global |
Finanzielle Nachhaltigkeit des Privatsektors |
Gesundheit (Gesunde Lebensjahre) |
Artenvielfalt global |
Hinweislampe | – | |
Nicht-marktvermittelte Produktion |
Fortsetzung auf Seite 2 mit einer detaillierten Berichterstattung aus dem Deutschen Bundestag
(mb)