„Als Fahrlehrer muss man geduldig sein“ – Interview mit Orhan Memeti von der Clever Fahrschule

Wirft man einen Blick auf aktuelle Fahrschulstatistiken, stößt man schnell auf die vielerorts steigenden Durchfallquoten. Doch woran liegt es, dass immer mehr Prüflinge Probleme beim Bestehen haben? Wir haben uns mit Herrn Orhan Memeti von der Clever Fahrschule aus Regensdorf (Schweiz) über das Thema unterhalten. Im Gespräch erklärte er uns auch, welche Eigenschaften man als Fahrlehrer mitbringen sollte, worauf er bei der Ausbildung besonders viel Wert legt und welche Tipps er für Fahranfänger hat.

Als Fahrlehrer braucht man Einfühlungsvermögen – Orhan Memeti im Interview

AGITANO: Guten Tag Herr Memeti. Wir freuen uns, dass Sie Zeit für das Gespräch gefunden haben.

Orhan Memeti: Vielen Dank für die Einladung! Ich freue mich, hier zu sein.

Als Fahrlehrer haben Sie den besten Einblick in die typischen Probleme eines Fahrschülers. Ehe wir genauer auf das Thema eingehen, lassen Sie uns zunächst über Sie und Ihre Fahrschule sprechen. Wann haben Sie Ihr Unternehmen gegründet?

Die Clever Fahrschule gibt es nun schon seit dem 01.12.2019. Ich habe sie gegründet, nachdem ich erfolgreich die eidgenössische Fahrlehrer-Prüfung abgelegt hatte.

Was hat Sie an dem Beruf interessiert?

Mir war es immer schon wichtig, mein Wissen mit anderen teilen zu können. So kam recht früh ein Beruf mit didaktischem Hintergrund für mich infrage. Da ich mich darüber hinaus schon immer sehr für Autos interessiert habe und auch gerne fahre, war es nur eine Frage der Zeit, bis ich mich dazu entschied, Fahrlehrer zu werden. Ein weiterer Aspekt, der mir an dem Beruf großen Spaß macht, ist der Kontakt zu Menschen.

Beruflicher Kontakt mit Menschen ist immer wieder eine neue Herausforderung, besonders wenn es um ein anspruchsvolles Themengebiet wie das korrekte Verhalten im Straßenverkehr geht. Welche Eigenschaften muss man als Fahrlehrer mitbringen, um dem gerecht zu werden?

Als Fahrlehrer muss man geduldig sein. Gerade nervösen Schülern muss man konsequent Ruhe vorleben. So machen sie sich langsam mit der neuen, ungewohnten Situation vertraut und bauen ihre Ängste ab. Natürlich spielen auch Einfühlungsvermögen und Offenheit eine Rolle. Schließlich ist jeder Fahrschüler anders und benötigt eine andere Betreuung. Zu guter Letzt sollte man wie in jedem anderen beruflichen Bereich motiviert sein und sich stetig weiterbilden.

Was macht Ihnen an Ihrem Beruf am meisten Spaß?

Hier ist auf jeden Fall der Kontakt zu meinen Fahrschülern zu nennen. Jeder von ihnen ist einzigartig und jede Fahrstunde ist ein besonderes Erlebnis. Schließlich begegnen einem täglich neue Verkehrssituationen und immer wieder sind Lehrer und Schüler aufs Neue gefordert. Daneben ist es natürlich die erfolgreich bestandene Prüfung, die im Gedächtnis hängen bleibt und am Ende für all die Mühen belohnt.

Nervosität ist einer der Hauptgründe für das Nichtbestehen

Welche Themen bereiten Schülern Ihrer Erfahrung nach am meisten Probleme?

Definitiv das Parken. Hier braucht es schon ein wenig Erfahrung, um auch in schwierigen Situationen die Übersicht zu bewahren. Mit ein wenig Übung bekommen es die meisten Schüler aber schnell in den Griff.

Und wie ist es bei der Prüfung?

Prüfungen werden nur selten aufgrund von Wissenslücken oder zu wenig Übung Fehlschläge. Vielmehr ist es Nervosität, die die Prüflinge daran hindert, ihr Können auf den Punkt abzurufen.

Bei Nervosität handelt es sich ja um ein sehr facettenreiches Phänomen. Welche Faktoren spielen hier eine Rolle?

Eine gewisse Rolle spielt meistens der finanzielle Druck und die Anspannung aufgrund der Erwartungen des sozialen Umfelds. Schließlich will niemand unnötig viel Geld für zusätzliche Stunden und Prüfungstermine ausgeben oder aufgrund eines Fehlschlags belächelt werden.

Daneben kann es aber auch noch viele weitere Gründe geben, warum Schüler angespannt sind und die Prüfung nicht bestehen. So wollen zum Beispiel viele genau zu ihrem 18. Geburtstag bestehen oder ihrem Partner zu Weihnachten eine Freude mit der bestandenen Prüfung machen. Das macht es natürlich nicht gerade leichter. Wenn sie angespannt sind, werden sie hektisch und nervös. Sie können sich nicht mehr konzentrieren und machen deutlich mehr Fehler als sonst.

Leidet man als Fahrlehrer mit, wenn Schüler durch die Prüfungen fallen?

Ja, natürlich! Wenn ein Fahrschüler die Prüfung nicht besteht, tut es immer weh. Umso mehr freut man sich aber auch, wenn es gleich auf Anhieb klappt.

Können Sie den verbreiteten Eindruck bestätigen, dass die Durchfallquote steigt?

Durchaus. Oft bemerke ich zum Beispiel, dass Schüler das Fahren mit der automatischen Schaltung unterschätzen. Viele denken sich, dass es ja nicht so schwer sein kann. Gerade in stressigen Situationen wie Prüfungen unterlaufen ihnen dann aber unerwartete Fehler.

Kollegen haben auch oft den Eindruck, dass es manchen Fahrschülern schwerer fällt, sich zu konzentrieren. Als einer der Gründe hierfür wird die große Vielfalt an digitalen Angeboten angeführt, mit denen sie rund um die Uhr konfrontiert sind. Einige Psychologen gehen davon aus, dass sich der moderne Mensch durchschnittlich nur noch zehn bis 20 Sekunden lang konzentrieren kann. Danach fährt sein Kopf gewissermaßen in den Standby-Modus herunter. Das ist natürlich gerade beim Autofahren fatal, wo jede Unaufmerksamkeit eine Gefahr darstellt.

Hinzu kommen komplexer werdende theoretische Fragen, die seit einigen Jahren auch Animationen enthalten. Das stellt natürlich höhere Anforderungen an die Schüler und bietet Ansätze zur Erklärung der höheren Durchfallquoten.

Wie schätzen Sie Aspekte wie die moderne Stadtentwicklung und die steigende Motorisierung in Ballungsgebieten in Bezug auf Durchfallquoten ein?

Auch diese Faktoren spielen natürlich eine Rolle. Die Ansprüche an Fahrschüler sind deutlich höher geworden. Wer vor 20 Jahren seinen Führerschein in einer kleinen Ortschaft gemacht hat, kam vergleichsweise bequem durch den praktischen Unterricht und die anschließende Prüfung. Wer aber in einer Großstadt wie Berlin unterwegs ist, muss viel aufmerksamer sein. Auf den Straßen ist viel mehr los, die Verkehrsinfrastruktur ist unübersichtlicher und die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten unvorhergesehener Ereignisse deutlich höher.

Immer häufiger ist in diesem Zusammenhang auch zu beobachten, dass gerade junge Menschen in Ballungsräumen gleich komplett auf Alternativen zum Auto umsteigen. Dies birgt insofern gewisse Risiken, da natürlich auch weniger Erfahrungen im Straßenverkehr gesammelt werden. Das kann gerade in unübersichtlichen Situationen später einmal gefährlich werden.

Haben Sie spannende Erlebnisse aus Ihrer Zeit als Fahrlehrer?

Jeder Tag aufs Neue ist spannend und aufregend. Da ist es schwer, eine einzige Begebenheit auszuwählen. Besondere Momente sind für mich und meine Schüler natürlich immer wieder die Prüfungen. Aber auch die erste Fahrstunde, bei der ein Schüler zum ersten Mal allein ein Fahrzeug führen darf, ist immer ein besonders emotionaler Moment.

Welche Tipps haben Sie für Prüflinge, die vor ihrer Prüfung stehen?

Ich kann nur immer wieder betonen, wie wichtig es ist, gelassen an die Sache heranzugehen, ruhig zu bleiben und das erworbene Wissen einfach anzuwenden. Dann wird es im Normalfall auch mit der Prüfung klappen.

Worauf legen Sie bei der Ausbildung besonders viel Wert?

Eine umfassende Ausbildung ist natürlich das A und O. Es ist mir wichtig, meine Schüler bestmöglich auf verschiedene Arten von Verkehrssituationen vorzubereiten. Deshalb lege ich im Rahmen meiner Fahrstunden viel Wert auf Abwechslung und eine gemeinsame Reflexion, wenn zum Beispiel in einer Stunde etwas nicht so gut gelaufen ist. Darüber hinaus ist natürlich auch eine entspannte Atmosphäre wichtig. Zwischen Fahrlehrer und -schüler besteht immer ein besonderes Vertrauensverhältnis, das für den Erfolg des Unterrichts maßgeblich ist.

Kommen wir zum Schluss nochmal auf die aktuelle Situation zu sprechen. Welchen Einfluss hat die Corona-Pandemie auf Ihre Arbeit?

Am Anfang konnte ich zwei Monate lang nicht arbeiten und auch danach nur mit strengen Schutzmaßnahmen wieder anfangen. Mittlerweile ist wieder ein wenig Normalität eingekehrt und ich bin froh, wieder mit meinen Schülern arbeiten zu dürfen. Schließlich ist es auch für sie eine große Belastung, mitten im laufenden Unterricht eine so lange Pause einlegen zu müssen.

Dann wünschen wir Ihnen und Ihren Schülern für die Zukunft alles Gute und danken Ihnen für die interessanten Einblicke.

Jederzeit gern.

Das Interview mit Orhan Memeti führte Beate Greisel, Redakteurin AGITANO. Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde die generisch-männliche Formulierung verwendet.

Über die Clever Fahrschule

Die Clever Fahrschule wurde am 1.12.2019 von Orhan Memeti in Regensdorf gegründet. Sie bietet ein breites Kursangebot mit Express-Fahrstunden, Probefahrstunden und günstigen Paket-Angeboten an. Darüber hinaus zählen zum Leistungsumfang theoretische Verkehrskunde-Kurse und Nothelferkurse. Der Unterricht findet mit modernen Fahrzeugen in Kloten und Regensdorf statt. Mehr über die Clever-Fahrschule in Regensdorf (Schweiz) erfahren Sie unter www.clever-fahrschule.ch.

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