Begeisterte Kunden sind die größte Motivation

Ob eine Führungskraft zur Motivation seiner Mitarbeiter etwas beizutragen hat beziehungsweise soll oder muss, darüber wird in Fachkreisen ausdauernd gestritten (zum Beispiel hier: Gute Chefs legen den Finger in die Wunde versus Der freundliche Chef gewinnt). In derartigen Diskussionen wird allerdings ein wahrhaft wirkungsvoller Mitarbeitermotivierer regelrecht sträflich vernachlässigt: der Kunde.

Für Managementdenker und Europas führende Expertin für kundenfokussierte Unternehmensführung, Anne M. Schüller, Anlass genug, im Rahmen ihrer Touchpoints-Montags Themenserie, auf die Rolle des begeisterten Kunden als Mitarbeitermotivierer aufmerksam zu machen.

Change-Projekte einfach aussitzen

Die Glaubhaftigkeit der Managerzunft hat in letzter Zeit erheblich gelitten. Abrupte Strategiewechsel, ungeschickt eingefädelte Fusionen, die Selbstbedienungsmentalität in den Teppichetagen, Marketinglügen und nicht eingehaltene Versprechen haben die Führungscrews – auch unter ihrer Belegschaft – stark in Verruf gebracht. So zeigte eine Mitarbeiterbefragung des Beratungsunternehmens Towers Watson: Nur 43 Prozent der Arbeitnehmer halten Top-Manager für effektiv. „Das nächste Change-Projekt sitze ich jetzt einfach mal aus“, das hört man inzwischen allerorts. Selbst dort, wo Mitarbeiter sich nicht als Spielball von Profilneurotikern oder undurchschaubaren Unternehmensinteressen erleben, reagieren diese oft skeptisch, wenn der Chef sie zu immer neuen Höchstleistungen anstacheln will. Was also tun?

Begeisterte Kunden sind die effizientesten Motivatoren. „Sie können die Mitarbeiter in erstaunlichem Maße anspornen, intensiver, intelligenter und produktiver zu arbeiten“, schrieb Adam M. Grant, Managementprofessor an der Wharton University, kürzlich im Harvard Business Manager. So stieg die Zeit, die Spendensammler mit Telefonanrufen verbrachten, um 142 Prozent, nachdem sie von einem Studenten besucht worden waren. Der hatte dank der Spendengelder ein Stipendium für ein Hochschulstudium erhalten und davon erzählt, was das für sein Leben bedeutete, und wie dankbar er war.

In einem ähnlichen Fall stieg der durchschnittliche wöchentliche Betrag, der bei Spendern eingeholt wurde, sogar um rund 400 Prozent. Sinn und Zweck ihrer Arbeit vor Augen zu sehen wie auch Stolz auf das erkennbare Resultat mögen in beiden Fällen der entscheidende Antreiber gewesen sein. Bei einer Kontrollgruppe, die keinen Besuch erhalten hatte, und bei einer weiteren, wo ein Manager über die Ergebnisse berichtete, veränderten sich hingegen die Leistungen nicht.

Begeisterte Kunden als Motivation? Beispiele gibt es genug!

Unternehmen können sich auf vielfache Weise Verstärkung von außen holen. So können sie täglich die schönsten positiven Kundenstimmen aus Diskussionsforen und Bewertungsportalen auf Bildschirmen im Mitarbeiterbereich zeigen – oder der Belegschaft muntere Videobotschaften ihrer Kunden vorspielen. Dann geben die Bilder den Vorgängen nicht nur einen Namen, sondern auch ein Gesicht. Und dies wirkt viel glaubwürdiger als ein Chef, der die immer gleichen Motivationspredigten hält. „Außerdem lässt sich so dafür sorgen, dass die Botschaften immer wieder frisch klingen – wenn nämlich immer wieder andere Kunden sie übermitteln“, resümiert Adam M. Grant.

Eine peppige Aktion hat sich die Rügenwalder Mühle, ein Hersteller von Wurstspezialitäten, ausgedacht. Im Rahmen der „Familienunternehmen mit Gesicht“-Kampagne messen sich die Mitarbeiter bei verschiedenen Wettkämpfen mit ihren Kunden. Dazu tourte ein Rügenwalder-All-Stars-Team durch Deutschland und fordert die Fans zum Beispiel zum Frikadellen-Sumo heraus. Dabei treten die Kontrahenten in Fatsuits gegeneinander an. Auf Facebook, Twitter & Co. wurde via Live-Updates, Videoclips und Chats ausführlich über die Aktionen berichtet.

Überlegen Sie doch auch mal im Kreis Ihrer Kollegen, wie Sie die Kunden vor allem dort stärker einbringen können, wo es von Haus aus keine persönlichen Kontakte gibt: via Fotogeschichten, über Podcasts, Besuche, Referenzschreiben und Erfahrungsberichte. Bringen Sie so die Mitarbeiter zu den Kunden und die Kunden zu den Mitarbeitern. Auf diese Weise erhält die Belegschaft motivierende und im wahrsten Sinne des Wortes lebendige Beweise dafür, welche Wirkung ihre Arbeit hat, und wie sie von den Kunden geschätzt wird. Solche Begeisterung ist ansteckend und spornt zu immer neuen Heldentaten an. Außerdem lernt man so manches dabei.

Das Beispiel UntermStrich

Die österreichische UntermStrich Software GmbH führt zum Beispiel für ihre Kunden periodische „Come-in Tage“ durch. Dazu werden 10 bis 15 Anwender in die Firmenzentrale zum „mitarbeiten“ eingeladen. Hierbei können im direkten Gespräch mit den Entwicklern Anregungen und Wünsche ausgetauscht werden. Diese suchen und finden ihre Ideen nun nicht mehr alleine im stillen Kämmerlein, sondern können die Entwicklung kundenfokussiert steuern.

Übrigens nehmen die Kunden die Anreise und den Zeitaufwand für diesen Tag gerne in Kauf, weil sie die Dinge nun mit beeinflussen können, statt vom Anbieter gesteuerten Vorgaben und Abläufen ausgeliefert zu sein. Ferner ist es für sie interessant, die Menschen hinter der Software kennenzulernen. Die Teilnahmequote liegt bei 90 Prozent. Und die Anzahl der Kündigungen von Service-Verträgen ging seitdem auf unter ein Prozent jährlich zurück. Ja, wer seine Kunden zu Mitgestaltern macht, steigert auch deren Loyalität. Das nenne ich den „Mein-Baby-Effekt“. Und sein Baby lässt man bekanntlich nicht im Stich.

Das Beispiel Dell

Kunden können natürlich auch online helfend und motivierend eingebunden werden. Auf Dell-Plattformen hat der Dialog mit den Kunden (heute) einen ganz hohen Stellenwert. Zum Beispiel bekommen die offerierten Elektronik-Produkte Sterne-Bewertungen von Kunden. Angebote, die nur zwei von fünf möglichen Sternen erhalten haben, fliegen unverzüglich aus dem Sortiment. Am Anfang waren die Entwickler darüber entsetzt: „Wenn der Kunde uns aber nun schlecht bewertet?“ – „Seid froh, dann lernt ihr was“, war die Antwort darauf.

Heute werden die Bewerter von den Entwicklern direkt befragt: „Du gibst dem Produkt nur zwei Sterne. Erklär doch bitte mal, warum.“ So erreicht das Feedback direkt die Stelle, die es betrifft. Um bei ausgedrückter Kritik sicher zu sein, dass andere das genauso sehen, fragt Dell die Community: „Jemand sagt, am yx Computer sei der USB-Schlitz zu nah am Steckerloch. Ist Euch das auch so wichtig?“ Die Antworten kommen reichlich. Sie motivieren viel mehr, als wenn der Chef mit seinen Anweisungen angetanzt kommt. Und schließlich helfen Kunden auf diese Weise, Flop-Risiken einzudämmen und jede Menge Entwicklungskosten zu sparen.

Über Anne M. Schüller

Anne M. Schüller; Belange der Kunden
Anne M. Schüller ist Europas führende Expertin für das Touchpoint Management und eine kundenfokussierte Unternehmensführung (Bild: © Anne M. Schüller)

Anne M. Schüller ist Managementdenker, Keynote-Speaker, zehnfache Buch- und Bestsellerautorin und Businesscoach. Sie zählt zu den gefragtesten Referenten im deutschsprachigen Raum. Sie ist Gastdozentin an mehreren Hochschulen. Wenn es um das Thema Kunde geht, gehört sie zu den meistzitierten Experten. Zu ihrem Kundenkreis zählt die Elite der deutschen, österreichischen und schweizerischen Wirtschaft. Weitere Informationen: www.anneschueller.de.

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So machen Sie ihre Kunden zu Fans und aktiven Empfehlern

Der Kaufauslöser Nummer eins? Das sind Empfehlungen Dritter aus dem eigenen Umfeld. Deshalb gibt es für das Empfehlungsmarketing nur einen einzigen Platz: die erste Stelle im Businessplan. Die strategische Ausrichtung auf treue Fans, emsige Multiplikatoren und engagierte Empfehler ist die beste Umsatzzuwachs-Strategie aller Zeiten.

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Die TeilnehmerInnen erhalten anhand konkreter Beispiele und hilfreicher Anregungen das notwendige Handwerkszeug zur Implementierung ihrer eigenen erfolgreichen Empfehlungsmarketing-Strategie. Der Termin: 25. Juni 2015 in Frankfurt, von 9.30 bis 17.30 Uhr. Ihr Investment: für die 1. Person 890 Euro, für die 2. und jede weitere Person 790 Euro (zzgl. MWST).

Anmeldung: formlos unter info@anneschueller.de.

Anne M. Schüller: Touchpoints.

Schüller
Touchpoints – Auf Tuchfühlung mit dem Kunden von morgen (Bild: © Gabal Verlag)

Auf Tuchfühlung mit dem Kunden von heute.
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Mit einem Vorwort von Prof. Dr. Gunter Dueck

Gabal, 6. Auflage, 350 S., 29,90 Euro, 47.90 CHF

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www.touchpoint-management.de

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