Der unglückliche Superman – Wie Selbstgespür zu mehr Zufriedenheit im Hier und Jetzt führt

Wie sieht es mit Ihrem Selbstgespür aus? Sie bekommen sicherlich auch regelmäßig von Ihrem Gegenüber die Frage gestellt: „Wie geht es Dir?“. Oder Sie stellen selbst die Frage Ihrem Partner, Ihren Kollegen oder Ihren Bekannten. Und die Antwort lautet nahezu immer „gut“ oder „sehr gut“, ganz reflexartig. Nur ist es wirklich so? Es ist eigentlich eine Standard-Floskel. Wir haben meist in unserem Inneren das Idealbild von Superman, an dem wir uns mal mehr oder mal weniger ausrichten. Bei allen Aktivitäten und Stress im Alltag geht uns oft das Selbstgespür für uns und unsere Bedürfnisse verloren, denn wir funktionieren meist nur noch. Nicola Fritze setzt sich in ihrem heutigen Beitrag im Rahmen ihrer Themenserie “Anders denken” mit dem Thema “Achtsamkeit trotz Stress” auseinander und gibt Tipps, wie wir unser Selbstgespür zurückgewinnen und zufriedener in der Gegenwart leben.

Die Frage nach dem „Wie geht’s?“

Schön, dass Sie das hier lesen. Heute interessiert mich: Wie geht es Ihnen eigentlich gerade? „Gut“, werden Sie vielleicht sagen. So ganz automatisch. Das sagen wir schließlich meistens, wenn uns einer fragt, wie wir drauf sind. Aber nehmen Sie sich doch einmal ein paar Sekunden Zeit und fühlen Sie in sich rein. Wie geht es Ihnen wirklich? Sind Sie entspannt? Oder vielleicht etwas gestresst? Sind Sie wütend? Oder sogar aggressiv? Sind Sie traurig? Oder strahlen Sie heute vor Heiterkeit?

Fühlen, wie es uns geht – was eine Selbstverständlichkeit sein sollte, ist in Wahrheit eine große Kunst. Gerade in einem Alltag, der bei vielen von uns geprägt ist von Hetze und Druck. Anstatt zu fühlen, funktionieren wir. Das ist ganz praktisch. Denn so erledigen wir unser Pensum – ganz egal, wie es uns geht. Aber bei allen Vorteilen, die Funktionieren so hat, geht uns eines verloren: das Selbstgespür für unsere Emotionen und Bedürfnisse.

Superman als Idealbild

In meinem letzten Beitrag „Schluss mit Superman! Wie Sie auf sich hören, anstatt übermenschlichen Idealen nachzujagen“ habe ich über das Superman-Phänomen geschrieben. Wir messen uns an Idealbildern, anstatt unsere Wünsche und Bedürfnisse zum Ausgangspunkt für unser Handeln zu nehmen. Das hat seine Vorteile. Denn wer Superman sein will, ist hoch motiviert. Unsere Idealvorstellungen treiben uns, bis über unsere Grenzen hinaus. In den guten Momenten ist das unser Motor, bringt uns bis zur Höchstleistung. Aber leider gilt auch: In schlechten Momenten überfordern wir uns, setzen uns über unsere eigentlich Wünsche hinweg und vergessen, was uns eigentlich wichtig ist. Schließlich hat niemand gesagt, dass Supermänner auch glücklich sind, oder?!

Das Selbstgespür entwickeln

Um so wichtiger ist es, im Alltag ein waches Selbstgespür dafür zu entwickeln, wie es uns gerade geht. Gerade dann, wenn dafür eigentlich ÜBERHAUPT keine Zeit ist. Also in den Momenten, wenn wir unter großem Zeitdruck stehen, zehn Dinge auf einmal schaffen wollen und überhaupt gerade alles wichtiger ist als unser Wohlbefinden. In solchen Situationen ist es besonders lohnend, sich zu fragen: „Wie geht es mir eigentlich gerade?“ Denn die ehrliche Antwort erdet – und hilft Ihnen, Ihre eigenen Bedürfnisse ebenso zu würdigen wie die Ihrer Mitmenschen.

„Mensch“, denken Sie sich jetzt vielleicht. „Was macht die so ein Aufhebens um diese einfache Frage?“ Ich sage Ihnen, weshalb: Ich habe im Coaching Tag für Tag mit Menschen zu tun, die in ihrem vollgestopften Alltag jedes Selbstgespür für sich selbst verlieren. Diese Personen sind so gejagt von ihren hohen Ansprüchen an sich selbst, dass Sie das Leben kaum mehr genießen. Immer ist diesen Supermännern alles wichtiger als das Hier und Jetzt: morgens am Frühstückstisch hören sie Ihren Partnern nur mit halbem Ohr zu, weil Sie gedanklich schon im ersten Meeting mit Ihren Kollegen sitzen. Im Meeting widmen sie sich geistig vor allem der Planung des kommenden Projekts, anstatt einfach zuzuhören und mitzureden. Mittags werfen sie nur gehetzt etwas Kleines zum Essen ein, weil ja schon die nächste Aufgabe wartet… und so geht es durch den Tag, bis abends das Bett wartet. Wo es dann schwer fällt einzuschlafen, weil ja eigentlich schon die Aufgaben von morgen warten…

Wer so unterwegs ist, mag Erfolg haben. Aber die andauernde Gehetztheit ist ein enormes Risiko für die Gesundheit von Körper und Geist. Zudem leiden die menschlichen Beziehungen. Das Gegenüber spürt ganz genau, ob jemand voll anwesend ist oder eben nur mit einer Hälfte der Aufmerksamkeit.

Mit Selbstgespür in der Gegenwart sein

Und hier kommt die einfache Frage von vorhin ins Spiel. Wer sich regelmäßig fragt: „Wie geht es mir?“, dem fällt es leichter, mit vollem Bewusstsein in die Gegenwart zurückzukehren. Denn die ehrliche Antwort lenkt die Aufmerksamkeit auf die Bedürfnisse, die eben gerade da sind: Die Lust sich zu räkeln, der Wunsch nach einer kleinen Pause … welches Bedürfnis auch immer da ist.

Also, probieren Sie das mal. Machen Sie doch mal alle ein bis zwei Stunden eine kleine Pause, in der Sie ehrlich feststellen, wie Sie eigentlich gerade drauf sind. Konzentrieren Sie sich auf Ihren Geist und Ihren Körper, ohne an das Kommende zu denken. Sie werden sehen: das erdet. Schärfen Sie Ihr eigenes Selbstgespür. Dies ist ein erster wichtiger Schritt hin zu mehr Zufriedenheit im Alltag. Viel Spaß dabei!

Nicola Fritze / Motivation / Stress / Alltag, Egoismus, Aufschieberitis
Deutschlands Motivationsfrau und SHEnote-Speaker (© Bild: Nicola Fritze).

Ihre
Nicola Fritze

Über Nicola Fritze

Seit 2001 ist Nicola Fritze vielgefragte Rednerin und Trainerin zu den Themen Persönlichkeitsentwicklung und Motivation. Ihre erfolgreichen Audio-Podcasts „Abenteuer Motivation“ und „Fritze-Blitz“ inspirieren seit 2006 regelmäßig über 30.000 Abonnenten. Sie gehören zu den erfolgreichsten deutschsprachigen Hörsendungen zum Thema Persönlichkeitsentwicklung. Im Februar 2013 erschien ihr neues Buch „Motivier Dich selbst – sonst macht’s ja keiner!“ (SüdWest, 16,99 €). Darin zeigt Nicola Fritze 50 praxisnahe und effektive Methoden auf, wie Lebensfreude und Motivation langfristig zu steigern sind.

Weitere Informationen sowie ihre beiden erfolgreichen Hörsendungen finden Sie auf www.nicolafritze.de.

Kennen Sie schon die Leinwände von Inspiring Art?