… aus der wöchentlichen Kolumne „Ich bin total beliebt, es weiß nur keiner“ vom Speaker, Trainer, Impro-Comedian und Moderator Ralf Schmitt. Nachdem Sie in „der Hochgeher – Aufgepasst, sonst knallt’s!“ erfahren haben, warum es manchmal besser ist den Kollegen gegenüber hart in der Sache, aber weich in der Form zu bleiben, geht es heute um den Rücksichtsforderer.—
Die Drama-Queen der Firma
Liebe Leser, haben Sie sich schon einmal mit einem Schauspieler unterhalten? Falls ja, dann wissen Sie genau, worüber ich schreibe, wenn ich vom Kollegen-Typus „Rücksichtsforderer“ rede. Schauspieler können ohne Unterlass über sich und ihre Rollen sprechen. Rücksichtsforderer geben praktisch unerschöpflich Auskunft über sich und im besonderen Maße über ihre Stimmung. Sie sind die Drama-Queen der Firma.
So wie gute Akteure in der Lage sind, sich in jede Rolle hineinzufühlen, schaffen es unsere Laien-Darsteller, dass alle anderen sich in ihre, nennen wir es einmal „Gemütslage“ hineinziehen lassen. Wie Staubsauger saugen sie alles nur Erdenkliche aus der Umgebung in sich auf: Energie, Lebensfreude, Mitgefühl – und zwar immer das der anderen. Und danach fühlen sie sich noch nicht einmal besser, aber allen, die sich auf sie einlassen, geht es schlechter.
Über Rücksichtsforderer und ihr hartes Schicksal
In der Zusammenarbeit mit ihnen geht unendlich viel Zeit verloren. Jedes Meeting, jede Besprechung oder sei es nur ein kurzer Flurtalk dauert und dauert und dauert. Und in den Gesprächen geht es nicht etwa um die Arbeit. Nein! Alles dreht sich um die Rücksichtsforderer selbst. Warum? Weil sie ständig von ihrem harten Schicksal sprechen. Und wenn sie nicht sprechen, dann untermalen sie alles, was sie tun, mit demonstrativ lautem Schnaufen, Seufzen und Keuchen, als wollten sie hiermit zum Ausdruck bringen: „Seht her, wie ich mich plage!“. Bis wieder irgendein armes Schwein fragt „geht’s?“. Was nun folgt ist die unendliche Reise in das Innenleben der Rücksichtsforderer. Man dringt dabei in Galaxien vor, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat und auch gar nicht sehen will. Ich könnte seitenweise weiter über diese Spezies referieren, bis sie sich so elend fühlen wie ich, wenn ich mit diesen Kollegen zu tun habe. Aber ich möchte ja aufklären und nicht jammern.
Mein Tipp:
Im Umgang mit den Rücksichtsforderern verwenden Sie am besten Abbiegephrasen, um den Fokus des Gesprächs zu verlegen. Springen Sie mit einer eleganten Überleitung in Ihr gewünschtes Thema oder komplett aus dem Gespräch. Mehrfach erfolgreich erprobte Abbiegephrasen sind: „Apropos schlecht, was ich auch nicht schlecht fände …“, „Kopfschmerzen? Das tut mir leid. Aber mir bereitet ein ganz anderes Thema Kopfschmerzen, nämlich …“, „Verletzung am Sprunggelenk? Verzeihen Sie den Gedankensprung, aber …“. Oder noch viel dreister, sagen Sie einfach: „Das ist ja quasi wie …“ oder: „Das erinnert mich an …“. Und dann sprechen Sie von etwas völlig anderem.
Zählen Sie selbst zu der Spezies der Rücksichtsforderer, rate ich dazu, einen Better-Life-Coach aufzusuchen. Der erklärt Ihnen, wie Sie eine positive Einstellung zu Ihrem Leben bekommen und dass Sie damit für echte Probleme immer ein Ohr finden werden, welches Ihnen zuhört.—
Über Ralf Schmitt
Ralf Schmitt arbeitet seit mehr als 15 Jahren erfolgreich als Speaker, Trainer, Impro-Comedian und Moderator. Er gilt als Experte für Spontaneität und Interaktivität, hat die Methode der Navituition® entwickelt und ist Mitglied der German Speakers Association. Schmitt ist branchenübergreifend tätig und kennt die deutsche Wirtschaftslandschaft aus dem Effeff. Seine inhaltliche Mitarbeit im Vorfeld und seine Auftritte bei unzähligen Tagungen und Kongressen geben ihm eine externe Sichtweise auf innerbetriebliches Geschehen und Veränderungsprozesse in Unternehmen verschiedener Größenordnungen. Darüber hinaus ist er Autor der Bücher „Ich bin total spontan, wenn man mir rechtzeitig Bescheid gibt“ und „Ich bin total beliebt, es weiß nur keiner“.