Digital Working. E-Mail-Flut bewältigen (1)

Im Rahmen der AGITANO-Interviewreihe „Digital Working – Tipps für Manager“ erklärt der IT-Unternehmer, Autor und Speaker Thorsten Jekel heute, wie Führungskräfte einfacher, schneller und besser mit der täglichen E-Mail-Flut zurecht kommen und wie E-Mail sinnvoller genutzt werden kann. 

Interview mit Thorsten Jekel zur gezielten E-Mail-Bewältigung – Teil 1

Schönen Guten Tag Herr Jekel, heute beschäftigen wir uns mit E-Mails und der Umgang mit ihnen. Als ein zentrales Kommunikationsinstrument im Geschäftsalltag sind sie einerseits gehasst und andererseits geht es ohne sie nicht. Warum ist dies so?

Durch die neuen Technologien steigt ständig die Erwartungshaltung an die Erreichbarkeit und die Reaktionszeit. Das führt zu einer vermeintlichen Erhöhung der Produktivität. Dies ist leider eine Falle, da die wichtigen Dinge meist nicht dringend sind und umgekehrt. Vor lauter E-Mails kommen Führungkäfte dann oft nicht zu den wirklich wichtigen Aktivitäten. Es gilt hier eine vernünftige Balance zwischen Reaktions- und Aktionszeit zu finden.

Digital Working, Management
Digital Working aus Managersicht. (Foto: © Thorsten Jekel)

Ich selbst erhalte täglich rund 300 Mails im Schnitt, neben den Nachrichten die dann über die sozialen Medien auch noch zusätzlich reinkommen. Selbst bei 50 bis 100 Mails wird schon gestöhnt. Woran liegt dieses ständig steigende Mailaufkommen?

Als ich meine berufliche Laufbahn 1988 begann, musste ich jede Kopie einer Nachricht selbst mit einem Kopierer kopieren und in Hauspostumschläge verteilen. Damals habe ich mir zweimal überlegt, ob eine Kopie sinnvoll ist. Heute klicken wir einfach auf cc und haben dadurch eine deutlich geringere Hemmschwelle als Sender. Als Empfänger versuchen wir häufig, allen Absendern gerecht zu werden und alle verfügbaren Informationen aufzunehmen. Das ist heute definitiv nicht mehr möglich. Hier ist Informationsdiät angesagt.

Sie sagen, ich muss meine Mails in den Griff bekommen. Nur wie weiß ich, wo ich heute mit dem Mail-Wahnsinn stehe?

Ein guter Start ist die Dokumentation der Aktivitäten und Zeiten, die Sie täglich erledigen. Ein solches Tagebuch zeigt sehr deutllich auf, wieviel Zeit wir wirklich mit E-Mails verbringen. Ein weitere Methode ist das Protokollieren der Anzahl empfangener und gesendeter E-Mails – und zwar unterteilt nach direkten und in cc geschickten E-Mails. Meistens kommen erschreckende Zeiten der E-Mail-Bearbeitung heraus.

Nun versuchen wir das Thema aufzuarbeiten und Lösungsoptionen aufzuzeigen. Viele reagieren sofort auf jede neu ankommende Mail, unterbrechen ihre Arbeit und bearbeiten diese. Was würden Sie empfehlen, wie man hier zukünftig damit umgehen sollte?

Die erste Sofortmaßnahme ist die Deaktivierung sämtlicher Benachrichtigungsoptionen beim Eingang neuer E-Mails auf allen Systemen. Wir Menschen sind oft wie die Pawlowschen Hunde und stürzen uns sofort auf eine neue E-Mail, wenn wir auf deren Eingang hingewiesen werden. Jede Unterbrechung der Arbeit verlängert die Erledigung der aktuellen Aufgabe um durchschnittlich 15 Minuten. Dieser sogenannte Sägezahneffekt ist seit langem bekannt, aber leider zu Zeiten von Push-E-Mails in Vergessenheit geraten.

Meine Empfehlung: Bearbeiten Sie E-Mails en-block!

Gibt es die richtigen Zeiten für E-Mails?

Idealerweise als vorletztes am Tagesende, bevor Sie Ihren nächsten Tag planen. Sie reagieren damit immer noch innerhalb eines Arbeitstages und haben dann Ihre Aufgaben erledigt, bevor sie auf E-Mails anderer reagieren. Moderne E-Mail-Systeme erlauben es wirklich, dringende E-Mail-Nachrichten trotz abgeschalteter Benachrichtigungen anzuzeigen. Somit gibt es kein Argument mehr für die dauernde E-Mail-Alarmbereitschaft.

Eine Ausnahme gibt es. Wenn Sie auf Reisen sind, können Sie auch Wartezeiten für die Bearbeitung von E-Mails nutzen. Dann aber auch in Blöcken.

Und wie sieht es im Urlaub damit aus?

Idealerweise organisieren Sie sich so, dass Sie im Urlaub wirklich offline sein können. Gerade Selbständige in kleineren Organisationen haben damit oft ein Problem, da Sie nicht die nötige Infrastruktur haben. Hier kann man jedoch auch über externe Büroservices einiges abdecken. Wenn die persönliche Erreichbarkeit wirklich unabdingbar ist, sollten die E-Mails jedoch nur einmal am Tagesende bearbeitet werden. Wenn Sie einen festen Kundenstamm haben, können Sie diesen erfahrungsgemäß rechtzeitig auf Ihren Urlaub hinweisen. Das ermöglicht einen entspannten Offline-Urlaub.

Jetzt kennen wir alle das Phänomen, das der Absender meist erwartet, dass eine Mail innerhalb von wenigen Minuten, mindestens innerhalb ein bis zwei Stunden, beantwortet werden muss. Nur teilweise ist dies nicht möglich. Wie kann ich hier das Erwartungsmanagement bei Mitarbeitern, Kunden, Partner, Lieferanten etc. richtig steuern?

Der aktuell vernünftige Service-Level für eine E-Mail ist immer noch ein Arbeitstag. Sofern Sie nicht im Kundenservice arbeiten, ist dies ein sinnvoller und akzeptierter Standard. Wenn Sie Ansprechpartner haben, die eine kürzere Responsezeit erwarten, sollten Sie mit diesen offen darüber reden, ob diese Responsezeit wirklich notwendig ist und was das dann heißt.

Ich hatte diese Diskussion einmal als Geschäftsführer mit einem meiner Gesellschafter und habe diesen gefragt, ob er mich als Kundenservice-Mitarbeiter oder als Geschäftsführer eingestellt hat. Die Diskussion war intensiv, hat aber zu einem gemeinsamen Verständnis geführt. Wichtig ist die gemeinsame Vereinbarung von internen und externen Service-Levels, auf die sich alle Seiten verlassen können.

Herr Jekel, vielen Dank für die ersten Ausführungen zum Thema E-Mail. Sehr interessant. Ich werde selbst mal mich näher überprüfen. Im nächsten Teil sprechen wir weiter, u.a. über Regeln für die E-Mail-Bearbeitung, Ordnungs- und Ablagesystematik, und Sie geben uns noch einige hilfreiche Tipps mit auf den Weg.

Thorsten Jekel, Digital Working
Digital Working. Technik einfach nutzen. (Foto: © Thorsten Jekel)

Das Interview mit Thorsten Jekel führte Oliver Foitzik (Herausgeber des Wirtschafts- und Mittelstandsmagazins AGITANO).

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Über Thorsten Jekel:

Als IT-Unternehmer, Autor und Speaker ist der Betriebswirt und MBA Thorsten Jekel der Experte für Digital Working. Aus seiner über 25-jährigen Berufserfahrung im Vertrieb, in der Service- und IT-Projektverantwortung sowie als langjähriger Geschäftsführer im Mittelstand spricht er aus der Praxis, für die Praxis. Seit dem Marktstart des iPads entwickelt sein Unternehmen jekel & partner innovative Geschäftsmodelle im Umfeld des iPads und anderer Tablet-Systeme. Als Lehrbeauftragter und Speaker begeistert er seine Zuhörer mit den Grundprinzipien des effektiven Digital Working, verbunden mit konkret umsetzbaren Tipps, um Technik einfach zu nutzen.

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