Prof. Dr. G. R. Hofmann: „Die Kunden wollen eher über den Händler statt mit ihm reden“
Der Online-Handel wäre gut beraten, mit der Aufforderung an seine Kunden „Bewerten Sie uns!“ nicht zu weit zu gehen, rät eco – Verband der deutschen Internetwirtschaft. „Immer mehr Verbraucher empfinden den Bewertungs-Marathon im Online-Handel als eine ebenso große Belästigung wie dies bei der Flut der Rabattkartenangebote im stationären Handel der Fall ist“, analysiert Prof. Dr. Georg Rainer Hofmann, Leiter der eco Kompetenzgruppe E-Commerce und Direktor am Information Management Institut der Hochschule Aschaffenburg.
Das Dialogmarketing des Online-Handels stoße langsam aber sicher an seine Grenzen, meint der E-Commerce-Experte. Die Konsumenten wendeten sich zusehends von den professionellen Marketing-Dialogen der Händler ab und suchten stattdessen den direkten Austausch mit anderen Verbrauchern. „Die Kunden wollen immer häufiger nicht mit dem Händler kommunizieren, sondern – quasi ‚peer-to-peer‘ – über den Händler“, erklärt Hofmann, und fügt hinzu: „Genau hierfür stellen die sozialen Netzwerke eine ideale Plattform dar – dies funktioniert allerdings nur solange, bis sich die Anbieter auch hier mit offensichtlich professionalisierten Dialogen versuchen einzumischen“.
Hofmann ordnet diese Entwicklung historisch ein: Vor circa 15 Jahren läutete das legendäre Cluetrain Manifesto „the end of marketing as usual“ und damit die Abkehr von der klassischen Werbung über die Massenmedien ein. Das war der Startschuss für den Siegeszug des Dialogmarketings, das zwar mittlerweile im Internet beinahe grenzenlos potenzierbar ist, aber seine besten Zeiten hinter sich hat: Dadurch sinkt der Wert der „geplanten konstruierten Kundenbeziehungen“ rapide und die Verbraucher geben ihre ehrlichen Kritiken und Empfehlungen zu Produkten und Unternehmen sozusagen in einer „Parallelwelt“, der der sozialen Netzwerke, ab.
Online-Händlern rät Hofmann, sich bei Facebook & Co. eher als passiver Zuschauer zu begreifen, der die Verbraucherdialoge systematisch beobachtet, auswertet und in seiner Angebotspolitik berücksichtigt. Von einer aktiven Einmischung in diese „Consumers only“-Welt rät der E-Commerce-Experte ab: Professioneller „Marketing-Jargon“ würde bei den Verbrauchern in den sozialen Netzwerken in erster Linie Abwehrreaktionen auslösen, weil sie dies als unerwünschte Einmischung und Manipulationsversuche der Händler betrachten, sagt Hofmann.
(eco – Verband der deutschen Internetwirtschaft e.V.)
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