Yves Morieux, Senior Partner und Fellow der Boston Consulting Group, beschäftigt sich seit Jahren mit der Frage, wie Arbeit in der heutigen, immer komplexer werdenden Welt, organisiert werden soll. Er beobachtet in Unternehmen häufig eine enttäuschende Produktivität. Basierend auf Erkenntnissen der Spieltheorie und der Organisationssoziologie fordert er deshalb ein radikales Umdenken, was Management Prozesse in Unternehmen betrifft: Sie sollen Kooperation fördern, statt immer neue Strukturen zu schaffen.
[Anmerkung der Redaktion: Das hier eingebettete Video wurde (vorübergehend) entfernt, ist jedoch weiterhin hier zu finden: TED Talks / YouTube.]
Traditionelle Management Prozesse erhöhen nur die Komplexität
Innere Kündigung der Mitarbeiter, niedrige Produktivität und Wertschöpfung trotz aller technologischer Neuerungen, die unsere Arbeit erleichtern sollen. Das beobachtete Yves Morieux in nahezu allen Firmen, für die er arbeitete – und das waren mehr als 500. Seine Erkenntis: Traditionelle Management Prozesse setzen stets an einer von zwei Säulen an: Entweder an den Strukturen und Prozessen, sozusagen der „Hardware“ eines Unternehmens oder einer Organisation, oder an der „Software“, also den Gefühlen, persönlichen Beziehungen oder Charaktereigenschaften der Mitarbeiter. Das Problem: Management Prozesse, die auf einen oder beide dieser Aspekte abzielen, erhöhen nur die Komplexität der Organisation und ihrer Prozesse, da sie immer neue Strukturen schaffen.
Kooperation fördern…
Was ist die Lösung dieses Problems? Yves Morieux meint: Kooperation. Nur wenn wir kooperieren, dann können wir Komplexität reduzieren, Produktivität und Wertschöpfung erhöhen und Kosten senken. Kooperieren wir nicht, brauchen wir mehr Ressourcen. Ressourcen, die entweder zu Lasten des Unternehmens verbraucht werden, wie Finanzmittel, oder zu Lasten der Mitarbeiter, die wenig Zeit haben, gestresst sind und deren psychische Gesundheit infolgedessen leidet. Effektive Management Prozesse dürfen daher in der heutigen komplexen Welt nicht bei Soft- oder Hardware ansetzen, sondern sie müssen Interaktion und Kooperation zwischen Soft- und Hardware, zwischen Mitarbeitern, zwischen Organisationen und Abteilungen fördern.
… aber wie?
Um Kooperation zu fördern, stellt Yves Morieux für moderne, effziente Management Prozesse sechs Regeln auf, mit dem Ziel, Arbeitsvorgänge zu vereinfachen – seine „Six Rules for Smart Simplicity“:
1. Verstehen Sie, was Ihre Kollegen eigentlich tun. Nur wenn Sie wissen, welche Aufgaben Ihre Kollegen und Mitarbeiter haben, sind Sie in der Lage, mit Ihnen effektiv zusammenzuarbeiten – zu kooperieren.
2. Stärken Sie die Integration im Unternehmen. Ein Unternehmen ist dann effektiv, wenn es nur wenige Ebenen hat und die Hierarchien flach sind. Alle Einheiten sollten auf der gleichen Ebene stehen und zusammenarbeiten.
3. Mehr Entscheidungsträger. Jeder muss in der Lage sein, Entscheidungen über seine Arbeit selbst zu treffen. Entscheidungen, die letztlich auch das Unternehmen beeinflussen. Jeder muss also selbst die Chance haben, eine Kooperation einzugehen.
4. Weiten Sie den Schatten der Zukunft aus. Schaffen Sie Feedback-Loops, die Entscheidungsträger den Konsequenzen ihrer Entscheidungen aussetzen. Damit erreichen Sie, dass jede Entscheidung so getroffen wird, dass sie auch in Zukunft keine oder möglichst wenig Kosten – seien es finanzielle oder andere – verursachen wird. Denn schließlich muss der Entscheidungsträger diese Kosten selbst tragen.
5. Steigern Sie die wechselseitigen Abhängigkeiten. Mitarbeiter und Abteilungen müssen zur Kooperation gezwungen werden. Entfernen Sie Puffer zwischen den Einheiten.
6. Belohnen Sie die, die kooperieren. Schaffen Sie eine positive Fehlerkultur in Ihrem Unternehmen. Nur so erreichen Sie, dass Ihre Mitarbeiter aus Fehlern lernen und Hilfe in Anspruch nehmen. Fehler sind keine Fehler – aber es ist ein Fehler, nicht um Hilfe zu bitten, wenn man sie benötigt.