Einsame Top-Manager an der Spitze des Erfolgs

An der Spitze hat man Macht und ist dabei gleichzeitig einsam. Was sich wie ein Vorurteil anhört, ist leider die traurige Realität. Wer ein Unternehmen von mehr als 1.000 Mitarbeitern führt, muss in der Lage sein, sein Leben und den Beruf zu trennen. Andernfalls wird die Familie vernachlässigt oder gar das gleiche Verhalten angewandt wie im Unternehmen. Die Angst zu versagen, spielt bei jedem Manager mit, wenn er den Posten antritt. Die Angestellten verlassen sich auf die Entscheidungen des Managements. Schwächen als Top-Manager zu zeigen oder Kritik gegenüber den Kollegen zu äußern, ist dabei fehl am Platz. In der ARD-Reportage „Einsame Spitze – Top-Manager am Limit“ offenbaren fünf Manager, wie es ihnen in der Führungsposition tatsächlich erging – vom Verlust der Familie bis hin zu Selbstmordgedanken.

Es ist erschreckend, wie die Arbeit einen Menschen auffressen kann, zermalmt und als eine leere, arbeitende Hülle wieder ausspuckt. Die ARD-Reportage zeigt in ergreifenden Interviews die wahre Lebens- und Gefühlswelt der einstigen Top-Manager der großen Unternehmen.

Die Führung muss wissen, wo der Weg hingeht

„Es ist die Kultur, dass man viele Menschen führt und die wollen das Gefühl haben, dass die Spitze weiß, wo es hingeht.” Und wenn das mal nicht so klar ist? „Dann wird man ausgetauscht“, so der ehemalige Europachef der Unternehmensberatung McKinsey & Company, Herbert Henzler. Das Ziel muss also erreicht werden. Der Weg dorthin ist egal, denn es gibt unterschiedliche Wege, ans Ziel zu kommen, und die eigenen Berater helfen dabei, den richtigen Weg zu finden. Reißen alle Stricke, so liegt es am Top-Manager, die Kontrolle vorzutäuschen, obwohl schon lange das komplette Chaos ausgebrochen ist. Schlussendlich geht es um die Anerkennung, die man sich durch sein Vortäuschen verdient. Denn Anerkennung ist die neue Währung unter den Managern: Kaffee – 3 Euro, Armani-Anzug 1.000 Euro, auf Reisen gehen mit der Kanzlerin: unbezahlbar.

Top-Manager sollten nie die Klappe halten

Thomas Sattelberger, früherer Personalchef bei der Lufthansa AG und der Telekom AG, kennt den Zwiespalt zwischen der Freiheit im Denken und in Machtorganisationen Karriere machen. Er hat es Jahrzehnte lang als Top-Manager großer Firmen regelmäßig durchlebt. Seine Kollegen verkannten die Realität und ignorierten den tatsächlichen Ist-Zustand des Unternehmens. Zweifel oder Kritik an neuen Beschlüssen durften nicht geäußert werden, sonst stand der eigene Posten auf dem Spiel. Erst als er als Personalchef bei der Telekom eine einheitliche Frauenquote in Führungspositionen durchsetzen konnte, war das erste Mal ein Gefühl von Freiheit und Befreiung gegeben. An der Spitze verschleiert man sein wahres Ich und lässt dies unter Verschluss, aus Angst vor einem frühzeitigen Aus. So verschwieg auch er seine Homosexualität bis zu seinem Ausstieg aus der Branche. In seinem Buch Ich halte nicht die Klappe. Mein Leben als Überzeugungstäter in der Führungsetage fordert er junge Leute dazu auf, sich von dem Glanz der Führungsposition nicht beirren zu lassen.

Auch Frauen haben Top-Manager-Qualitäten

Seit jeher stehen Frauen vor dem Problem, in Führungspositionen ernst genommen zu werden. Brigitte Ederer, Ex-Vorstand von Siemens, hat den Aufstieg geschafft. Sie sagt, dass es wichtiger ist, jungen Frauen eine Förderung zu bieten, als älteren Frauen den Einstieg in die Führungsetage zu ermöglichen. Frische Meinungen sind, das was zählt. Möchten man den Weg zum Gipfel besteigen, muss man sich, gerade als Frau, rechtzeitig überlegen, was man für den Weg nach oben bereit ist zu zahlen. Für sie war es die Kinderlosigkeit. Sie hatte sich immer welche gewünscht, doch durch die ständige Erreichbarkeit, musste sie auch Opfer bringen.

Die Familie kommt zum Schluss

Bert Bleicher hat in ein mittelständisches Familienunternehmen eingeheiratet. Durch seine Führung wurde der Umsatz vervierfacht und das Unternehmen erhielt einen internationalen Namen. Die Aufgaben im Führungsbereich, die Kontrolle und den strikten Tagesablauf bestimmten von nun an sein Leben – mehr als der liebevolle Umgang mit der Familie. Er verlor das Einfühlungsvermögen, sich mit den Emotionen seiner Frau und seinen Kinder auseinanderzusetzen und setzte die Macht, die er im Unternehmen zeigen musste, in seiner Familie ein. Er schafft den Ausstieg aus der Firma, in ihren besten Zeiten. „Die Niederlage ist ein wundervoller Coach“, sagt er und hat verstanden, dass Familie und Job zwei ganz verschiedene Lebensformen sind.

„Man will ja gewinnen!“

Ein mögliches Scheitern wird gar nicht als Option zugelassen. Der Erfolg ist, das was zählt, auch wenn man sich an der Spitze fremdbestimmt fühlt und ausschließlich die Fehler anderer managen muss. So sieht es Rüdiger Striemer, Chef der adesso AG. Kopfschmerzen haben sich über die Zeit zu Angstattacken ausgebreitet, bis es schließlich zur Selbsterkenntnis kam und der Top-Manager aus eigenen Stücken eine psychiatrische Klinik aufsuchte. „Wenn du diese Angst nicht mehr los wirst, dann wird die Angst dich los und das am Ende des Tages durch einen Selbstmord.“ So beschreibt er sie, die alltägliche Angst. Dank der Transparenz im Unternehmen, wurde ihm der Weg zurück ermöglicht und er ist weiter an der Spitze – gesund! Seine ganze Geschichte erfahren Sie in seinem Buch Raus!: Mein Weg von der Chefetage in die Psychiatrie und zurück.

Life is like the twinkle of the eye

Vor allem in Führungspositionen sollte man den Sinn des Lebens niemals außer Augen lassen. Jeder Tag ist wichtig und es gibt tägliche neue Inspirationen, weshalb man seine Prinzipien nicht aufgeben sollte. Oft braucht eine Führungskraft auch Input von unten, wie es Thomas Sattelberger erfuhr und somit seinen Führungsstil änderte. Familie, Freunde und Feedback geben Kraft, um die Spitze zu erreichen.

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