Franz Alt: Das Elektroauto kommt – aber von wem?

…aus dem wöchentlichen Kommentar von Dr. Franz Alt.  Nach „Der Kampf um die Energiewende geht weiter“ folgt heute: „Das Elektroauto kommt – aber von wem?“.

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Im Jahr 1972 wurde an der Hochschule Aachen das Hybridauto entwickelt. Die beiden Professoren, die diese Autorevolution organisiert hatten, bemühten sich 20 Jahre lang, die neue Technologie allen deutschen Autobauern schmackhaft zu machen. Vergeblich. Sie hörten hierzulande immer wieder „Kennen wir nicht, wollen wir nicht, machen wir nicht“.

Mitte der Neunziger Jahre hatten die beiden Aachener Professoren dann die Gelegenheit, ihre Erfindung in Tokio vorzustellen. Nach zwei Stunden, so erzählten sie mir, war alles perfekt. Toyota hatte sofort zugegriffen und bis heute drei Millionen Hybrid-Autos gebaut und verkauft. Nicht nur in den USA ist zum Beispiel der Prius-Hybrid ein Kult-Auto.

Wenn man sich jetzt auf der Internationalen Automobilausstellung in Frankfurt, IAA, die Elektroautos anschaut, stellt sich die Frage, ob die deutschen Autobauer auch die nächste Auto-Revolution verschlafen wie zuvor das Hybrid-Auto.

Schwerpunkt der diesjährigen IAA sind nämlich die Elektroautos. Die Deutschen sind zwar diesmal dabei, aber die Asiaten haben noch immer die Nase eindeutig vorn: Die Japaner, die Südkoreaner, die Chinesen sowie auch die USA und Frankreich. In Amerika werden zurzeit 35mal mehr E-Autos verkauft als in Deutschland.

„Die Elektromobilität ist keine Vision mehr, die Fahrzeuge kommen jetzt auf die Straße“, sagt der Präsident des Verbandes der Deutschen Automobilwirtschaft, Matthias Wissmann. Richtig, aber bisher kaum in Deutschland. Und woher kommen die E-Autos der Zukunft?

Die Automusik der Zukunft spielt vor allem auf den Riesenmärkten in China und Indien. In Deutschland kommen auf 1.000 Menschen bereits über 600 Autos, in China auf 1.000 Menschen erst 21 Autos. Aber die chinesische Entwicklung folgt der deutschen.

Dabei spielt beim Autobau der Klimaschutz eine immer wichtigere Rolle. Die Emissionsvorschriften werden nicht nur in der EU und in den USA immer schärfer, sondern auch im smoggeplagten China. Deshalb werden künftig E-Autos, Hybrid-Autos und Wasserstoff-Autos eine immer größere Rolle spielen. Wer diesen Trend verschläft, den bestrafen die Auto-Käufer. Jetzt rächt sich, dass die hiesigen Autobauer zwar immer größere, aber kaum umweltfreundlichere Autos gebaut haben und bauen.

Das Leitmotto der IAA heißt: Geringerer Verbrauch, maximale Leistung. Die Zeit der großen Spritfresser geht zu Ende. Es wird gerade schick, sich umweltfreundlicher fortzubewegen.

Ein zweites Thema auf der IAA zeigt, dass der europäische Markt weitgehend autogesättigt ist. Das Durchschnittsalter eines deutschen Autokäufers liegt heute bei 51 Jahren. Für Frauen und Männer unter 35 Jahren ist bei allen Umfragen das Internet wichtiger als das Auto.

Das Auto wird für viele entbehrlich. Es verliert seinen Wert als Statussymbol. Für Großstädter ist das Auto schon oft eher ein Problem als eine Lösung. Auch aus diesem Grund wurden in ganz Europa im Jahr 2013 bisher hunderttausende Autos weniger gekauft als im selben Zeitraum 2012.

Zudem bekommt das Thema „Automatisches unfallfreies Fahren“ auf allen Automessen eine immer größere Bedeutung. Das sich selbst steuernde Auto wird kommen. Aber es wird an Attraktivität verlieren. Denn dann kann ich gleich mit der Bahn fahren und mich fahren lassen – und zwar schon heute elektrisch und nahezu unfallfrei.

Diesen Artikel habe ich in der Bahn geschrieben. Dabei verbrauche ich etwa ein Viertel an Energie gegenüber dem Auto und die Bahn bietet mir eine um den Faktor 100 höhere Sicherheit als ein Auto.

(Quelle: © Franz Alt 2013/ www.sonnenseite.com)

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Über Franz Alt:

Portrait von Dr. Franz Alt
Dr. Franz alt (© Bild: privat)

Dr. Franz Alt hat politische Wissenschaften, Geschichte, Philosophie und Theologie studiert. Er war zwanzig Jahre Leiter und Moderator von “Report Baden-Baden”, bis 2003 Leiter der Zukunftsredaktion des SWR sowie Leiter und Moderator des 3sat-Magazins “Grenzenlos”. In den letzten Jahren hat er sich zudem als anerkannter und leidenschaftlicher Experte für die Bereiche Erneuerbare Energien sowie Energie- und Umweltpolitik etabliert. Er wurde von der EU-Kommission mit dem “Europäischen Solarpreis für Publizistik” ausgezeichnet und hält jährlich hunderte Vorträge im gesamten deutschsprachigen Raum. Darüber hinaus wird er auch regelmäßig von ausländischen Reoierungen gebeten, das deutsche Erneuerbare Energien Gesetz vorzustellen, das international als Vorbild für eine regenerative Energiewende mit der Zielgröße der Energieautarkie gilt. Für weiterführende Informationen siehe seine Website www.sonnenseite.com.

Lesen Sie hier seinen Gastbeitrag von letzter Woche: „Der Kampf um die Energiewende geht weiter“.

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