Franz Alt: Seehofers Energiewende-Wende

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… aus dem wöchentlichen Kommentar von Dr. Franz Alt. Nach „Gabriels Energiewende braucht über 100 Jahre“ folgt heute: Seehofers Energiewende-Wende“.

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„Wendehälse“ nannten wir Politiker der alten DDR, die nach 1989 so taten als wären sie schon immer überzeugte Demokraten und gegen die sozialistische Diktatur gewesen. Was ein Wendehals ist, kann man zurzeit in der bayerischen Landespolitik beobachten. Nach der Atomkatastrophe in Fukushima spie lte Horst Seehofer den überzeugten Vertreter des Ausstiegs aus der Atomenergie. Alle bayerischen Ministerpräsidenten von Franz Josef Strauß über Edmund Stoiber bis Horst Seehofer hüteten zuvor die bayerischen Atomkraftwerke wie ihren eigenen Augapfel.

Energiewende: „wichtiger als alles andere“

Aber nach Fukushima sagte Seehofer der Süddeutschen Zeitung: „Jetzt nach Japan kann es kein Weiter-So geben. Wir müssen an der Effizienz arbeiten, Kraftwerke sanieren und auf erneuerbare Energien umsteigen. Das wird nicht ohne Gaskraftwerke und ohne Pumpspeicherkraftwerke gehen. Wir müssen die Energiewende in diesem Jahrzehnt schaffen. Bayern soll Modell für Deutschland werden […] Mir ist es bitterernst […] Dieses Projekt ist wichtiger als alles andere.“

Wende von der Energiewende

Das war eine atemberaubende politische Kehrtwendung. Sie sollte freilich nicht seine letzte sein. Damals nahmen viele seine Worte ernst. Auch ich. Doch nun leitet er schon wieder die nächste Wende ein.

Ein echter Wendehals!

Jetzt fordert der Ministerpräsident ein Moratorium, also ein Pause, für jene Stromtrasse, die er zuvor selbst gefordert hatte. Zudem ist er inzwischen auch gegen Windräder, wenn sie nicht zumindest einen Abstand von 2.000 Metern zum nächsten Haus haben und zu allem Überfluss auch noch gegen Pumpspeicherkraftwerke, die als Speicher dann gebraucht werden, wenn keine Sonne scheint oder kein Wind weht.

„Hauptsache dagegen“

Wie aber, Horst Seehofer, soll die Energiewende gelingen, wenn wir jeden Tag hören wogegen Sie sind? Nämlich gegen alles, was Sie bisher für richtig und wichtig gehalten haben. Der bisherige Befürworter gibt jetzt den Volkstribun und springt all jenen zur Seite, die sich gegen angebliche „Landschaftsverschandelung“ und „Monsterstromtrassen“ wenden.

2015 soll das nordbayerische AKW Grafenrheinfeld abgeschaltet werden. Ohne zusätzliche Stromtransportwege von Nord nach Süd oder ohne mehr Windräder in Bayern, besteht die Gefahr, dass es zu Stromausfällen kommt.


Auch Pumpspeicherkraftwerke werden für die Zeit gebraucht, in der keine Sonne scheint oder kein Wind weht. Doch der Ministerpräsident ist einfach gegen alles. Nach dem Motto „Hauptsache dagegen“, wenn es gerade mal opportun scheint. So aber wird die Energiewende nicht gelingen.

Verantwortliche Politik sieht anders aus. Seehofer zögert und zaudert wieder mal, er hüpft nach links und dann wieder nach rechts, er ist heute gegen das, was er gestern noch gefordert hat. Das ist keine Energiewende, sondern allenfalls eine Energiewende-Wende.

Quelle: © Franz Alt 2014

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Über Franz Alt:

Portrait von Dr. Franz Alt
Dr. Franz alt (© Bild: privat)

Dr. Franz Alt hat politische Wissenschaften, Geschichte, Philosophie und Theologie studiert. Er war zwanzig Jahre Leiter und Moderator von „Report Baden-Baden“, bis 2003 Leiter der Zukunftsredaktion des SWR sowie Leiter und Moderator des 3sat-Magazins „Grenzenlos“. In den letzten Jahren hat er sich zudem als anerkannter und leidenschaftlicher Experte für die Bereiche Erneuerbare Energien sowie Energie- und Umweltpolitik etabliert. Er wurde von der EU-Kommission mit dem „Europäischen Solarpreis für Publizistik“ ausgezeichnet und hält jährlich hunderte Vorträge im gesamten deutschsprachigen Raum. Darüber hinaus wird er auch regelmäßig von ausländischen Regierungen gebeten, das deutsche Erneuerbare Energien Gesetz vorzustellen, das international als Vorbild für eine regenerative Energiewende mit der Zielgröße der Energieautarkie gilt. Für weiterführende Informationen siehe seine Website www.sonnenseite.com.

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Sein aktuelles Buch:

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Franz Alt: Auf der Sonnenseite

Franz Alt

Warum uns die Energiewende zu Gewinnern macht
256 Seiten
€ 9,99 (D) / € 10,30 (A) / sFr 14,90
ISBN 978-3-492-30351-4 [WG 2985]

Bereits ein Viertel unseres Bedarfs wird durch Ökostrom gedeckt: Die Energiewende hat Deutschland zum Vorreiter alternativer Energiequellen gemacht. Doch warum sind wir immer noch von Öl, Gas, Kohle und Atomstrom abhängig? Warum stehen Lobbyisten weiter unter dem Schutz der Politik? Franz Alt deckt auf, wer die Energiewende bremst und warum sie dennoch alternativlos ist. Der langjährige Berater von Regierungen und Konzernen legt eine brisante Analyse vor, die Lobbyisten, Energiemultis und Politikern nicht gefallen wird (Link).

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