Ihr Recht am Arbeitsplatz: Sexuelle Belästigung

Laut aktuellen Statistiken wurde bereits jeder zweite Arbeitnehmer Opfer einer sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz. Zweideutige Kommentare, anzügliche Witze, unpassende Blicke und obszöne Gesten gehören zum Arbeitsalltag. Dass der Arbeitgeber dazu verpflichtet ist, Arbeitnehmer vor sexuellen Handlungen und Übergriffen zu schützen, wissen nur 19 Prozent der Beschäftigten. In unserer Monatsserie „Recht am Arbeitsplatz“ möchten wir Sie über Ihre Rechte aufklären.

Zahlen und Daten zur sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz

Es ist erschreckend, wie wenig Aufklärungsarbeit in Betrieben und Firmen bezüglich der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz geleistet wird. Frauen wie Männer werden täglich mit anzüglichen Aussagen und obszönen Gesten konfrontiert. Damit sie einen Überblick über die Zahlen dieses Verstoßes gegen die menschliche Würde erhalten, haben wir einige Daten zusammengetragen. Die Dunkelziffer ist, so scheint es, deutlich höher.

Laut einer Studie von 2004 haben 58,2 Prozent aller befragten Frauen bereits Situationen sexueller Belästigung erlebt. Bei neun Prozent dieser befragten Frauen haben diese Situationen zu körperlicher Gewalt und sexuellen Übergriffen geführt.

Eine Studie zum Themenjahr 2015 – „Gleiches Recht. Jedes Geschlecht“ – ergab, dass 70 Prozent der Befragten keine Ansprechperson im Unternehmen kenne. Ohne Vorlage des Gesetzestextes gaben sieben Prozent der Männer an bereits sexuelle Belästigung erfahren zu haben. Nach der Vorlage der Definition erhöhte sich Prozentzahl der betroffenen Männer auf 56.

Dennoch haben Frauen vermehrt mit physischen Belästigungen zu kämpfen als Männer. Männer erhalten stattdessen anzügliche E-Mails oder zweideutige Botschaften.

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz im Gesetz

Die Studie vergangenen Jahres zeigt, dass sich viele Arbeitnehmer sich nicht über die volle Definition der sexuellen Belästigung im Klaren sind. Laut dem am 18. August 2006 in Kraft getretene Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), wird eine sexuelle Belästigung nach § 3, Absatz 4 wie folgt definiert:

Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung […], wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

Sofortmaßnahmen gegen sexuelle Anstößigkeiten

Ist man von einer sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz betroffen, sollte man unverzüglich Kollegen in die Situation einweihen. Zeugen sind bei möglichen Strafverfahren enorm wichtig. Kommt es also zu Belästigungen, sprechen Sie mit vertrauten Kollegen und bitten Sie darum, Sie im Umgang mit dem Täter genau zu beobachten. Berichten Sie außerdem Ihrem Vorgesetzten von dem Zwischenfall. Dieser ist rechtlich zur Hilfestellung verpflichtet. Im Falle einer Freistellung des Arbeitsverhältnisses muss Ihr Arbeitgeber Sie von Ihrer Tätigkeit ohne Ausfall des Arbeitsentgelts freistellen.

Allen Beschwerden sind bezüglich der gesetzlichen Hintergründe gründlich zu prüfen. Haben sich Betroffene zum weiteren Nachgehen der Tätigkeit im Betrieb entschlossen, dürfen diese nicht benachteiligt werden. Dies gilt auch, wenn sie vom Leistungsverweigerungsrecht Gebrauch machen. Zur Sicherheit sollte dies rechtlich abgeklärt werden, damit der Arbeitgeber keine Arbeitsverweigerung geltend kann.

 

Für individuelle Beratungen unterstützt Sie das Fragentelefon der Antidiskriminierungsstelle des Bundes unter 030 18 555 1865. Eine weitere Anlaufstelle ist das bundesweite Hilfstelefon „Gewalt gegen Frauen“ unter 08000 116 016.

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