Der falsche Weg zur falschen Zeit – Interview mit Jürgen Michael Schick
Guten Tag Herr Schick, Sie als einer der führenden Investmentmakler wissen, dass Kauf- und Baunebenkosten längst zu den wesentlichen Preistreibern im Punkto Wohnen gehören. Wie bewerten Sie den Versuch der Politik, das Bestellerprinzip auf den Kauf von Wohnimmobilien auszudehnen?
Die Große Koalition bleibt sich treu. Der Versuch der Erweiterung des Bestellerprinzips ist ein weiterer Beleg dafür, dass sie ihr ganzes Heil auch dieses Mal wieder in der Regulierung sucht und alle Verantwortung auf die Wirtschaft abschiebt. Dabei werden insbesondere den Käufern finanzielle Verbesserungen suggeriert, die niemals Realität werden können. Im Gegenteil, sowohl die Käuferseite, aber auch die Maklerunternehmen würden in erster Linie mit nachteiligen Entwicklungen zu kämpfen haben. Einzig der Staat dürfte der Gewinner sein. Selbst wenn also das Bestellerprinzip nach einem guten Modell zur Entlastung potenzieller Wohnungskäufer klingt – Abhilfe wird es keine bringen. Um den Wohnungsmarkt erfolgreich und nachhaltig entlasten zu können, führt kein Weg an einer Angebotsausweitung vorbei.
Ich selbst arbeite mit meinem Unternehmer nach dem Grundsatz der einseitigen Interessenvertretung. Eine Doppeltätigkeit ist uns im Normalfall untersagt. Jedoch können sich bei uns Käufer oder Verkäufer entscheiden, ob sie uns beauftragen. Das wäre bei einem gesetzlichen Bestellerprinzip analog zu der Regelung für Mietwohnungen nicht mehr möglich.
Wie schätzen Sie die Versprechungen der Politik ein, mithilfe des Bestellerprinzips die Kosten für die Wohnimmobilienkäufer senken zu können?
Wer das verspricht, weiß entweder nicht, worüber er spricht, oder er sagt absichtlich nicht die Wahrheit. Das gesetzliche Bestellerprinzip ist der falsche Weg zur falschen Zeit. Denn wenn der Verkäufer die volle Maklerprovision tragen muss, weil der Gesetzgeber ihn dazu zwingt, wird er seine Mehrkosten auf den Kaufpreis aufschlagen. Der Käufer hätte nicht nur keinen Gewinn, ein steigender Kaufpreis würde die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer erhöhen – seine Kosten würden sich also sogar erhöhen und nicht sinken. Der Staat ist nicht nur Preistreiber, er profitiert auch noch selbst davon.
Verbraucherwohltat oder -erschwernis? Wie stünde es um den Verbraucherschutz bei erweitertem Bestellerprinzip?
Sehr schlecht. Das Bestellerprinzip widerspricht der staatlichen Aufgabe, Verbraucher zu schützen und nicht schutzlos zu stellen. Der Käufer wäre im Ankaufsprozess völlig auf sich alleine gestellt, da der Kaufinteressent vom Makler keine Beratungsleistung verlangen könnte. Ihm wäre es gesetzlich verboten, mit dem Interessenten einen Vertrag abzuschließen. Steht der Makler ausschließlich im Lager des Verkäufers, kann er auch nur ihn beraten, da nur zwischen ihnen das maklerrechtliche Treueverhältnis besteht. Dies kann nicht gewollt sein. Denn der Verkaufsprozess ist von zahlreichen Fachfragen flankiert, die einen hohen Sachverstand des Maklers erfordern. In diesem Zusammenhang ist außerdem zu beachten, dass der Käufer nur in wenigen Bundesländern die Provision alleine trägt. Meistens wird sie zwischen Käufer und Verkäufer geteilt. Bei der Grunderwerbsteuer ist das anders: Dort zahlt stets und überall der Käufer. Das Bestellerprinzip wäre also alles andere, bloß keine Wohltat für die Verbraucher.
Sie haben zuvor genannt, dass die Grünen eine Reduzierung der Maklerprovision auf zwei Prozent brutto fordern? Was bedeutet das in der Praxis?
Der Vorschlag gilt für Käufer und Verkäufer. Soweit es den Käufer betrifft, ist dieser Antrag mehr als zynisch, da nach der Einführung eines Bestellerprinzips angelehnt an die Wohnraumvermittlung die Provision auf null gesetzt wäre. Die Voraussetzungen für eine Mieterprovision sind derart hoch, dass kein Makler bereit ist, einen Suchauftrag entgegenzunehmen. Beim Kauf wäre dies erst recht so. Auch aus Sicht des Verkäufers wird es schwierig werden, einen Makler zu finden, der ihn bei dem Verkauf unterstützt. Der Grund dafür ist, dass eine Deckelung auf zwei Prozent brutto kaum noch wirtschaftlich für den Immobilienmakler ist.
Wie gestalten sich die rechtlichen Folgerungen des Bestellerprinzips?
Aus dieser Perspektive würde die Einführung in die Berufs- und Vertragsfreiheit der Immobilienmakler in ungerechtfertigter Weise eingreifen. Letztlich würde die Einführung einer Regelung, die es untersagen würde, aufgrund einer Vermittlung oder eines Nachweises, vom Käufer eine Provision zu verlangen, einerseits die Etablierung eines Kontrahierungsverbotes bedeuten. Zudem würde sie die Abschaffung des Maklervertrages nach sich ziehen. Das würde die Branche meiner Einschätzung nach in weiten Teilen nicht überleben.
Gibt es vor diesem Hintergrund einen alternativen Weg, den die Politik einschlagen müsste?
Der volkswirtschaftlich richtige Ansatz läge darin, die Ausweitung des Angebots zu fördern. Die Politik ist dahingehend in der Pflicht, auf allen staatlichen Ebenen dafür zu sorgen, dass mehr gebaut werden kann. Gleichsam trägt sie Rechnung dafür, dass die Genehmigungsprozesse schneller ablaufen. Wer Erstkäufern beim Sprung in die eigenen vier Wände helfen möchte, sollte sie ferner von der Grunderwerbsteuer befreien. Diese ist in den letzten zehn Jahren ganze 27 Mal erhöht worden. Angesichts dessen muss die Politik endlich diesen Steuererhöhungsexzess beenden.
Vielen Dank, Herr Schick, für die interessanten Ausführungen zu den Plänen über die Bestsellerprinzip-Einführung beim Immobilienkauf und was das für Käufer und Verkäufer bedeuten würde.
Das Interview mit Jürgen Michael Schick führte Karin Kreuzer, Redakteurin bei AGITANO.
Über Jürgen Michael Schick
Jürgen Michael Schick ist seit mehreren Jahren Präsident des Immobilienverbands IVD, Experte im Immobiliensegment sowie leitender Geschäftsführer eines der führenden deutschen Investmentmaklerhäuser in Deutschland, Michael Schick Immobilien GmbH & Co. KG. Jenes ist auf die Vermarktung von Zinshäusern, Wohnanlagen und Neubau-Projektentwicklungen in zahlreichen Metropolen spezialisiert, seit mehr als zweieinhalb Jahrzehnten.
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