Führt eine Diskriminierung zur nächsten?
Diejenigen, die diese gesetzlichen “Regelwerke” verfassen, müssen vorsichtig sein, um nicht eine Art der Diskriminierung gegen eine andere einzutauschen. Diese Themen sind sehr komplex und bedürfen wahrer “Diplomatie” von allen Seiten. Wenn z. B. einer Frau eine Vorstandsposition verwehrt bleibt, weil sie eine Frau ist, stellt dies eine klare Diskriminierung dar. Aber Achtung, wenn ein Mann, der dieselbe Position anstrebt, diese nicht erhält, weil eben die Quote eine Frau vorsieht, ist dies nicht ebenfalls Diskriminierung in Reinkultur? Ich kenne selbst viele Frauen, die sich wünschen, dass die Dinge sich ändern und aufgrund ihres echten (Mehr)Wertes zu ihren Gunsten umschlagen, nicht wegen Quoten irgendwelcher Alibi-Art.
Quote à la Wall Street
Ein sehr aktuelles Beispiel, wie weit die Dinge gehen können, kommt direkt aus dem Herzen von Wall Street, einem traditionellen “Spielplatz” von Männern in grauen Anzügen. Am ersten April hat die Traditionsbank Morgan Stanley ein Wertpapierdepot vorgestellt, das Frauen in Aufsichtsräten promoten soll.
Was ist der Hintergrund? Die Morgan Stanley Vermögensberaterin Eve Ellis erkannte in zahlreichen Studien, dass sich in Unternehmen, in denen viele Frauen im Aufsichtsraten sitzen, der Aktienkurs besser entwickelte. Diese Studien scheinen also klar darauf hinzuweisen, dass weibliche Kontrollorgane synonym für bessere Ergebnisse für die Investoren stehen. Die clevere Beraterin Ellis überzeugte ihren Arbeitgeber, hier neben dem monetären auch ein politisches Zeichen zu setzen und rief das „Parity Portfolio“, das Gleichheitsportfolio, als neues Produkt der Bank ins Leben. Ein Wertpapierdepot, das ausschließlich in US-amerikanische Unternehmen mit mindestens drei Frauen im Aufsichtsrat investiert!
Das ist an sich keine schlechte Idee. Leider zieht so eine Initiative neben zahlreichen Befürwortern auch viele Kritiker an. Vor allem, da das Wertpapierdepot im Moment gar nicht in Morgan Stanley selber investieren kann, da auch dort nur zwei Frauen im Aufsichtsrat vertreten sind. Ich meine, dass wenn eine Bank schon eine solche – sicher insgesamt positive Initiative setzt – hier auch ein definitives „walk-the-talk“ folgen sollte. Sonst bleibt es leider beim Schein. Nun stellt sich die Frage, wann kommt die dritte Aufsichtsrätin bei Morgan Stanley. Und vor allem: Wie wird sie sich fühlen?
Von welchem Blickwinkel wir auch auf diese lange Debatte schauen, Quoten, vor allem wenn es sich um Frauenfragen handelt, sind und bleiben ein notwendiges Übel. Alle Befürworter von Diversity sind hier aufgerufen, gemeinsam ein Klima zu schaffen, das Fairness und echte Gleichheit begrüßt und freudig annimmt, weil es richtig und notwendig ist. Diese Straße zur echten, gelebten Diversity ist noch lang und kurvig, aber ihr Ziel ist es, dass alle Menschen – egal welchen Geschlechts – sie gemeinsam, freiwillig und vor allem „gleich“ beschreiten.
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